Edelmetalle: Goldabbau verseucht Tropenvögel
Das Schürfen nach Gold in tropischen Flüssen gehört zu den großen Umweltproblemen Lateinamerikas: Der meist illegale Abbau zerstört Lebensräume, wie es zum Beispiel im peruanischen Amazonasgebiet oder im Reservat der Yanomami im Norden Brasiliens zu sehen ist: Wo sich früher Flüsse durch den Regenwald schlängelten, finden sich inzwischen ausgedehnte Verwüstungen aus braunem Schlamm und lebensfeindlichen Abwassertümpeln. Doch auch indirekt belastet die Goldsuche die Umgebung: Das eingesetzte Quecksilber verdampft oder gelangt in die Gewässer, von wo es in die Nahrungskette übergeht und sich dort schließlich anreichert. Das zeigt eine große Studie an Vögeln aus Lateinamerika, die ein Team um Christopher Sayers in »Ecotoxicology« publiziert hat.
Die Arbeitsgruppe hatte rund 2300 Feder- und Blutproben von mehr als 320 Vogelarten Zentralamerikas, Amazoniens und der Karibik auf Spuren von Quecksilber untersucht und einige der höchsten bislang nachgewiesenen Konzentrationen des Flüssigmetalls in Vögeln nachgewiesen. Besonders belastet waren – wenig überraschend – Tiere aus dem Umfeld von Schürfgebieten. Die Bergleute nutzen das Quecksilber, weil es sich an das Gold bindet. Anschließend erhitzen sie das entstandene Amalgam; das Quecksilber verdampft dabei und übrig bleiben die Nuggets. Fast 40 Prozent der Quecksilberkontaminationen weltweit gehen auf diese Ursache zurück.
Frühere Studien hatten bereits gezeigt, wie hoch der Eintrag in südamerikanischen Regenwäldern ist. »Höher als in jedem anderen bisher untersuchten Ökosystem auf der ganzen Welt«, so der Tenor. Dabei steigt die Konzentration noch, je intakter der Wald ist, weil das dichte Blattwerk die Quecksilbertröpfchen auskämmt. Bis zu 61 Nanogramm Quecksilber rieseln an manchen Stellen pro Liter Wasser auf das Ökosystem. Vergleichbare Werte finden sich nur in stark industrialisierten Gebieten in Guizhou in China, wo die Einträge aus dem Zinnabbau und aus Kohlekraftwerken stammen.
In den Analysen von Sayers und Co fanden sich die höchsten Belastungen bei Vögeln, die in Feuchtgebieten leben oder sich von Insekten, Fischen oder Fleisch ernähren. Beides ist nicht verwunderlich: Sie sind dem Quecksilber relativ direkt ausgesetzt beziehungsweise reichern es über die Nahrungskette in ihrem Körper an. Ein untersuchter Eisvogel etwa wies das 30-Fache der als noch unproblematisch angesehenen Menge an Quecksilber in seinem Gewebe auf.
Besonders kritisch ist dabei das Auftreten von Methylquecksilber, das die Blut-Hirn-Schranke überwindet. Es wirkt als Neurotoxin und beeinträchtigt die kognitiven Fähigkeiten von Menschen und Tieren. Vögel in stark belasteten Gebieten rund um die Goldminen wiesen drei- bis zwölfmal so viel Quecksilber in den Federn auf wie Artgenossen in unbelasteten Regionen. Derart hohe Quecksilberkonzentrationen könnten zu einem Rückgang des Fortpflanzungserfolgs dieser Vögel von bis zu einem Drittel führen. Zudem beeinträchtigt wird das Immunsystem und das Verhalten der Tiere, die dadurch Fressfeinden leichter zum Opfer fallen (in denen sich das Gift weiter anreichert).
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