Planetenbewegung: Ein Leben ohne Mond
Wie wäre es der Erde in ihren bisher 4,6 Milliarden Jahren wohl ohne den Mond ergangen? Hätte auch ohne unseren Trabanten das Leben auf der Erde entstehen können? Im Jahr 1993 schienen diese Fragen durch eine Studie von Jacques Laskar und seinen Kollegen beantwortet. Sie hatten die Neigung der Erdachse untersucht – für den theoretischen Fall, dass es keinen Mond gäbe. Ihr Ergebnis klang dramatisch: Statt der tatsächlichen Neigung, die nur minimal zwischen 22,1 und 24,5 Grad schwankt, würde ohne Mond die Erdachse zwischen 0 und 85 Grad hin-und-her-taumeln.
Nach der Theorie der langzeitlichen Milankovic-Zyklen sind unter anderem Veränderungen der Erdachsenneigung für Klimaschwankungen wie Eiszeiten verantwortlich. Laskar und Kollegen argumentierten daher, dass es ohne die stabilisierende Wirkung des Mondes dramatische Klimaveränderungen gegeben hätte. Auch ein masseärmerer Mond als der unsere hätte diese nicht verhindern können. Für Astronomen auf der Suche nach extraterrestrischem Leben lieferte Laskars Studie daher eine weitere Einschränkung: Ein fraglicher Exoplanet musste auch einen großen Mond haben.
Dieser 18 Jahre alten Studie widerspricht nun eine neue Publikation von Jack Lissauer vom Ames Research Center der NASA in Kalifornien und seinen Koautoren. Denn die Publikation von 1993 sagte nichts über die Schnelligkeit aus, mit der die Neigung der Erdachse schwanken würde. Darum simulierten Lissauer und Koautoren nun die mondlose Erde während eines Zeitraums von vier Milliarden Jahren.
Das neue Ergebnis zeigt nur noch eine Veränderung der Achsenlage zwischen 10 und 50 Grad an. Zudem blieben über Zeiträume von 500 Millionen Jahren hinweg die Schwankungen noch geringer, die Achsenlage variierte in diesen Epochen nur zwischen 17 und 32 Grad. Zwischen solchen vergleichsweise stabilen Perioden lägen Intervalle von wenigen Millionen Jahren, während derer die Achsenneigung in einen anderen Winkelbereich übergehe.
Zwar können die Forscher über längere Zeitskalen als die untersuchten vier Milliarden Jahre stärkere Veränderungen nicht ausschließen. Doch da die Lebensdauer unserer Sonne bei rund zehn Milliarden Jahren liegt, wären solche Schwankungen für die Entstehung von Leben irrelevant. Und noch eine weitere Besonderheit von einigen Exoplaneten geben Lissauer und seine Kollegen zu bedenken: Rückläufig rotierende Planeten haben eine deutlich stabilere Achsenlage. Vor allem retrograde Exoplaneten mit einer Rotationsdauer von weniger als zwölf Stunden sind für ihre robuste Achsenausrichtung bekannt. Zumindest in dieser Hinsicht könnten sie daher gute Ausgangsbedingungen für außerirdisches Leben bieten.
Laura Hennemann
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