Paläoanthropologie: Ein Prachtweib
Ziemlich ungemütlich waren die Bedingungen, mit denen sich unsere Vorfahren während der Eiszeit herumplagen mussten. Ein in China gefundenes weibliches Fossil offenbart die anatomischen Anpassungen des Menschen an das raue Klima: Die Dame war nicht nur außergewöhnlich groß, sondern zeigte auch schon ein beachtliches Köpfchen.
Angenehm warme Temperaturen herrschten in seiner afrikanischen Heimat. Doch lange hielt es mancher Homo erectus hier nicht aus: Bereits kurz nach seinem ersten Auftreten vor schätzungsweise 1,8 Millionen Jahren brachen einige der "aufrechten Menschen" nach Norden Richtung Asien und Europa auf.
Hier wurden die Zeiten härter – nicht nur, weil es generell in nördlicheren Gefilden etwas kühler ist als in den afrikanischen Savannen. Der Aufbruch von Homo erectus fällt just in eine Epoche der Erdgeschichte mit mehreren Eiszeiten, die als Pleistozän bekannt ist. Wie hat sich die Gattung Mensch anatomisch dieser Herausforderung gestellt?
Denn das sich Tiere in ihrem Körperbau an kältere Klimate anpassen, hat schon der deutsche Anatom und Physiologe Carl Bergmann (1814-1865) bemerkt: So fallen die Vertreter nördlicher Populationen einer Art meist etwas größer aus als ihre südlichen Pendants. Bergmann erklärte dies mit der relativ geringen Oberfläche großer Körper in Bezug zum Volumen. Größere Tiere verlieren daher über ihre Oberfläche prozentual weniger Wärme als ihre kleineren Artgenossen.
Eine ähnliche Beobachtung machte der amerikanische Zoologe Joel Asaph Allen (1838–1921): Verwandte Säugetierarten neigen in kalten Gebieten zu kürzeren Körperanhängen, um auch hier den Wärmeverlust zu minimieren. Die Vermutung liegt nahe, dass diese ökogeografischen Klimaregeln auch für den Menschen gelten.
Der direkte Nachweis ist allerdings nicht einfach. Denn meist bleiben nur ein paar Knochen von unseren Vorfahren übrig, die verschiedene Individuen aus unterschiedlichen Zeiten hinterlassen haben – das erschwert einen unmittelbaren Vergleich.
Als seltener Glücksfall präsentierte sich dagegen das menschliche Fossil von Jinnuishan, welches 1984 bei der nordostchinesischen Stadt Yinkou ausgegraben wurde. Immerhin einen fast kompletten Schädel, einen Hüftknochen, sechs Wirbel, zwei Rippen, eine Elle, eine Kniescheibe und mehrere Hand- und Fußknochen konnten die Paläontologen bergen.
Da sich kein Knochenstück wiederholte und die Einzelteile gut zusammenpassten, war schnell klar, dass es sich um ein einzelnes Individuum gehandelt haben muss. Die Datierung ergab ein Alter von 260 000 Jahren; das Wesen hatte demnach während des Mittel-Pleistozäns gelebt.
Schwieriger war die Abschätzung des Körpergewichts, dass die Forscher aus der Hüftbreite sowie der Größe des Oberschenkelgelenks erschlossen: Mit geschätzten 78,6 Kilogramm offenbarte sich hier eine gewichtige Persönlichkeit.
Wenn das Fossil typisch für ihre Zeit und Gegend war, dann scheint sich die Bergmann'sche Regel auch bei der Gattung Homo zu bewähren: Das Eiszeitklima ließ offensichtlich den Menschen in die Höhe schießen. Und in der verhältnismäßig plumpen Gestalt des Fossils spiegelt sich die Allen'sche Proportionsregel wider.
Besonders interessierten sich die Forscher für das Hirnvolumen der Eiszeitfrau: Mit 1,33 Litern und einem hieraus abgeschätzten Hirngewicht von 1,28 Kilogramm unterschied sich ihr Gehirn kaum von der Masse heutiger menschlicher Denkorgane, die zwischen 1,2 und 1,5 Kilogramm schwankt.
Wie weit die Entwicklung des Gehirns im mittleren Pleistozän schon fortgeschritten war, zeigte der so genannte Enzephalisationsquotient, der sich aus Hirn- und Körpermasse berechnen ließ und nur wenig niedriger lag als beim anatomisch modernen Menschen.
Rosenberg und ihre Kollegen schließen daraus, dass die raue Eiszeit der Gattung Homo wohl ausgesprochen gut getan hat: In Anpassung an das Klima wuchsen damals Körper und Geist zu ungeahnter Größe heran.
Hier wurden die Zeiten härter – nicht nur, weil es generell in nördlicheren Gefilden etwas kühler ist als in den afrikanischen Savannen. Der Aufbruch von Homo erectus fällt just in eine Epoche der Erdgeschichte mit mehreren Eiszeiten, die als Pleistozän bekannt ist. Wie hat sich die Gattung Mensch anatomisch dieser Herausforderung gestellt?
Denn das sich Tiere in ihrem Körperbau an kältere Klimate anpassen, hat schon der deutsche Anatom und Physiologe Carl Bergmann (1814-1865) bemerkt: So fallen die Vertreter nördlicher Populationen einer Art meist etwas größer aus als ihre südlichen Pendants. Bergmann erklärte dies mit der relativ geringen Oberfläche großer Körper in Bezug zum Volumen. Größere Tiere verlieren daher über ihre Oberfläche prozentual weniger Wärme als ihre kleineren Artgenossen.
Eine ähnliche Beobachtung machte der amerikanische Zoologe Joel Asaph Allen (1838–1921): Verwandte Säugetierarten neigen in kalten Gebieten zu kürzeren Körperanhängen, um auch hier den Wärmeverlust zu minimieren. Die Vermutung liegt nahe, dass diese ökogeografischen Klimaregeln auch für den Menschen gelten.
Der direkte Nachweis ist allerdings nicht einfach. Denn meist bleiben nur ein paar Knochen von unseren Vorfahren übrig, die verschiedene Individuen aus unterschiedlichen Zeiten hinterlassen haben – das erschwert einen unmittelbaren Vergleich.
Als seltener Glücksfall präsentierte sich dagegen das menschliche Fossil von Jinnuishan, welches 1984 bei der nordostchinesischen Stadt Yinkou ausgegraben wurde. Immerhin einen fast kompletten Schädel, einen Hüftknochen, sechs Wirbel, zwei Rippen, eine Elle, eine Kniescheibe und mehrere Hand- und Fußknochen konnten die Paläontologen bergen.
Da sich kein Knochenstück wiederholte und die Einzelteile gut zusammenpassten, war schnell klar, dass es sich um ein einzelnes Individuum gehandelt haben muss. Die Datierung ergab ein Alter von 260 000 Jahren; das Wesen hatte demnach während des Mittel-Pleistozäns gelebt.
Karen Rosenberg von der Universität von Delaware hat sich nun zusammen mit ihren Kollegen das Fossil noch einmal näher angeschaut. Auf Grund des breiten Beckens sind sich die Forscher bei der Geschlechtsbestimmung sicher: weiblich. Aus der Länge des Ellenknochens ließ sich eine Körpergröße von 169 Zentimeter berechnen – die Dame von Jinnuishan gehörte damit zu den größten bekannten Frauen des Pleistozäns.
Schwieriger war die Abschätzung des Körpergewichts, dass die Forscher aus der Hüftbreite sowie der Größe des Oberschenkelgelenks erschlossen: Mit geschätzten 78,6 Kilogramm offenbarte sich hier eine gewichtige Persönlichkeit.
Wenn das Fossil typisch für ihre Zeit und Gegend war, dann scheint sich die Bergmann'sche Regel auch bei der Gattung Homo zu bewähren: Das Eiszeitklima ließ offensichtlich den Menschen in die Höhe schießen. Und in der verhältnismäßig plumpen Gestalt des Fossils spiegelt sich die Allen'sche Proportionsregel wider.
Besonders interessierten sich die Forscher für das Hirnvolumen der Eiszeitfrau: Mit 1,33 Litern und einem hieraus abgeschätzten Hirngewicht von 1,28 Kilogramm unterschied sich ihr Gehirn kaum von der Masse heutiger menschlicher Denkorgane, die zwischen 1,2 und 1,5 Kilogramm schwankt.
Wie weit die Entwicklung des Gehirns im mittleren Pleistozän schon fortgeschritten war, zeigte der so genannte Enzephalisationsquotient, der sich aus Hirn- und Körpermasse berechnen ließ und nur wenig niedriger lag als beim anatomisch modernen Menschen.
Rosenberg und ihre Kollegen schließen daraus, dass die raue Eiszeit der Gattung Homo wohl ausgesprochen gut getan hat: In Anpassung an das Klima wuchsen damals Körper und Geist zu ungeahnter Größe heran.
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