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Gewerkschaft Solidarność: Der Mauerfall begann in Danzig

Als 1980 eine nie gekannte Streikwelle in Polen zur ersten freien Gewerkschaft des Ostblocks führte, war das Ende des Kommunismus in Europa eingeläutet. In der DDR wurde das Schicksal der Solidarność besonders intensiv verfolgt.
In der Schwarz-weiß-Aufnahme steht der junge Lech Wałęsa auf einem kleinen Podium inmitten von Männern und Frauen. Er trägt ein dunkles Sakko und hat beide Arme zur Seite ausgestreckt.
Wenige Tage vor dem Zustandekommen des Danziger Abkommens berichtete Lech Wałęsa den streikenden Arbeitern in der Lenin-Werft über den Stand der Verhandlungen mit der Regierungsdelegation.

Das Unmögliche trat bei Sonnenschein ein. Am 31. August 1980 drängten sich 20 000 Arbeiterinnen und Arbeiter dicht an dicht auf dem Betriebsgelände der Danziger Lenin-Werft. Tage zuvor hatten sie die Arbeit niedergelegt und Girlanden aufgehängt. Auch Fotos ihres Landsmanns Papst Johannes Paul II. schmückten das Werfttor 2. Aus Lautsprechern tönte Musik, am Eingang zum Betriebsgelände prangte ein Transparent mit der Aufschrift »Proletarier aller Betriebe, vereinigt euch!«. Dann war es so weit. Der Elektriker Lech Wałęsa erklomm ein behelfsmäßiges Podest. Seine Stimme konnte die Freude nicht verbergen, als er rief: »Endlich haben wir unabhängige, selbstverwaltete Gewerkschaften!« Die Menge jubelte und applaudierte, manche Kollegen weinten.

Wie der Blitz schlug die Nachricht ein: Die kommunistische Führung der Volksrepublik Polen hatte als erste Regierung des Ostblocks die Gründung einer freien, unabhängigen Gewerkschaft erlaubt. Was kaum jemand zu hoffen gewagt hatte, war Wirklichkeit geworden. Nach wochenlangen landesweiten Streiks gaben Regierungsvertreter den 21 Forderungen der Protestler nach. Im so genannten Danziger Abkommen waren unter anderem Lohnerhöhungen verbrieft, die Wiedereinstellung entlassener Arbeiter – darunter Streikführer Lech Wałęsa –, die »Freiheit auf das Wort, Druck und Publikation« sowie das Recht, sich in freien Gewerkschaften zu organisieren und zu streiken.

Es war die Geburtsstunde der unabhängigen, selbstverwalteten Gewerkschaft Solidarność (zu Deutsch: Solidarität). Sie sollte aus einem Zusammenschluss der überall im Land entstehenden Gewerkschaften hervorgehen und zu einer demokratischen Massenorganisation gewaltigen Ausmaßes werden: Kurz nach ihrer offiziellen Registrierung durch das Warschauer Verwaltungsgericht im November 1980 schlossen sich der Solidarność zehn Millionen Polinnen und Polen an. Bei einer Einwohnerzahl von rund 35 Millionen war praktisch jede polnische Familie vertreten – und zahlte Mitgliedsbeiträge. Im Hochsommer hatte der polnische Frühling begonnen. Er dauerte 16 Monate bis zum Verbot der Solidarność und zur gleichzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts in der Nacht zum 13. Dezember 1981.

Mit Hilfe des Papstes

»Danzig war der Anfang vom Ende für den Kommunismus in Europa. Auf der Lenin-Werft hat ein Elektriker den Kurzschluss des Systems herbeigeführt«, bringt die Historikerin Dagmara Jajeśniak-Quast die Geschehnisse auf eine griffige Formel. Die Entwicklungen, die kein Jahrzehnt später im Fall der Berliner Mauer ihren ikonischen Höhepunkt finden sollten, wären ohne die Solidarność und ohne Michail Gorbatschows Politik der Öffnung nicht denkbar gewesen, ist sich die Leiterin des Zentrums für Interdisziplinäre Polenstudien an der Europa-Universität Viadrina sicher.

Wie war es so weit gekommen?

Im Sommer 1980 war die ökonomische Lage in der Volksrepublik Polen katastrophal. Wirtschaftskrise, Korruption und Ineffizienz hatten ein solches Ausmaß angenommen, dass das kommunistische System in den Augen des Volkes längst jegliche Glaubwürdigkeit verloren hatte. In der Bevölkerung brodelte es.

Kollektives Wir-Gefühl | Nach Ankunft zu seinem ersten Heimatbesuch als Papst strömten die Massen am 2. Juni 1979 auf die Straßen Warschaus, um Johannes Paul II. zu begrüßen. Während seiner neuntägigen Reise betete der frühere Erzbischof von Krakau auf dem Warschauer Pilsudski-Platz auch die bis heute in Polen geflügelten Worte: »Lass deinen Geist herabsteigen und das Antlitz der Erde erneuern. Dieser Erde!«

Zwei Jahre zuvor war der Krakauer Erzbischof Karol Wojtyła im Vatikan zum Papst gewählt worden, als erster Nichtitaliener seit dem Jahr 1523. Als er 1979 sein erzkatholisches Heimatland besuchte, wurde das ganze Land von Euphorie und Hoffnung auf Wandel ergriffen. »Die katholische Kirche war in Polen die letzte Insel der Freiheit«, erläutert Jajeśniak-Quast. »Als plötzlich ein Pole Papst wurde, hat das den Menschen eine unglaubliche Kraft gegeben, sie haben sich bestätigt und stolz gefühlt.«

Die Unzufriedenheit schlug in Streiks um

In der aufgeheizten Atmosphäre kam es zu neuerlichen staatlich verordneten Preiserhöhungen. Zudem wurde eine beliebte Aktivistin entlassen, die Kranführerin Anna Walentynowicz – die zu diesem Zeitpunkt nur fünf Monate vor ihrer Pensionierung stand. Damit hatten die Funktionäre den Bogen überspannt. Die Menschen nahmen die Repressalien nicht mehr hin, die allgemeine Unzufriedenheit schlug in Streiks um. Nun ging es jedoch nicht mehr nur um soziale oder materielle Zugeständnisse, auch Forderungen nach demokratischen Rechten und Freiheiten wurden laut.

Es waren nicht die ersten Streiks und Proteste, die die Maschinerie der Volksrepublik lähmten. Doch anders als in den Jahren 1956, 1968, 1970 und 1976 war die Streikwelle von 1980 nicht mehr einzudämmen und schwappte von Danzig an der Ostseeküste bis ins 500 Kilometer südlich gelegene Krakau. Landauf, landab beteiligten sich Menschen an den Protesten.

»Wir hatten so eine Zuversicht, dass sich das übertragen würde auf die DDR oder auch auf die ganzen Länder des Ostblocks damals«Knut Dahlbor, DDR-Oppositioneller

Entscheidend für den Erfolg der Bewegung war die ungeheure Mobilisierung der Bevölkerung, die dem späteren Namen Solidarność alle Ehre machte: Allein an der Küste streikten fast 400 Betriebe. Arbeiter, die wegen ihrer Streikbeteiligung entlassen worden waren, erhielten finanzielle Unterstützung von ihren Kollegen.

Und noch etwas war bedeutsam: »Interessanterweise schlossen sich den Arbeitern in den Betrieben auch Intellektuelle an. Hier entstand wirklich eine pluralistische Kraft unter dem Stichwort Solidarität«, berichtet Basil Kerski, Publizist und Leiter des Europäischen Solidarność-Zentrums in Danzig. Die Arbeiter gingen 1980 nicht nur auf die Straße, sondern streikten auch in ihren Betrieben, wo regelrechte politische Hotspots entstanden. »Hinzu kam: Dieser Streik hatte ein Gesicht. Lech Wałęsa, ein Arbeiter, der offen aussprach, dass er sich von der kommunistischen Partei nicht vertreten fühlte«, erklärt Kerski. »Wałęsa führte erstmals Arbeiter und Intellektuelle zusammen und erwies sich zudem als ein sehr charismatischer, kompetenter Streikorganisator und Verhandlungsführer.«

Landesweite Euphorie | Bei einer Kundgebung am 18. Oktober 1980 wurde Lech Wałęsa von Gewerkschaftern durch Krakau getragen. Vor ihm (mit Hornbrille) lief Anna Walentynowicz, deren Entlassung wenige Monate zuvor ein Auslöser für die massiven Streiks gewesen war.

Die Solidarność mit ihrer dezentralen, demokratischen Struktur, die sich auf universelle Menschenrechte berief, ihre Anliegen schnell über Untergrundzeitungen und Piratensender verbreitete und Arbeiter sowie Intellektuelle miteinander verband, formte ein gefährliches Gegengewicht zur zentralistischen, autoritären Regierung. Doch ihre entscheidende Waffe war, dass die Bewegung bis zum Ende des Kommunismus friedlich blieb.

Dass sich ausgerechnet Arbeiterinnen und Arbeiter gegen das System erhoben, war mehr als peinlich für die kommunistische Führung – sollte sie doch nach offizieller Doktrin die Interessen der Arbeiter vertreten. Aus ihrer Unzufriedenheit machten die Streikenden allerdings keinen Hehl. So hieß es im ersten Artikel des Danziger Abkommens ohne Umschweife: »Die Tätigkeit der Gewerkschaften in der VRP (Volksrepublik Polen) erfüllt die Hoffnungen und Erwartungen der Werktätigen nicht. Für sinnvoll erachtet wird die Schaffung von neuen, sich selbst verwaltenden Gewerkschaften, die echte Repräsentanten der arbeitenden Klasse darstellen.«

Große Nervosität im kommunistischen Bruderland

Das politische Erdbeben in Polen erschütterte neun Jahre vor dem Mauerfall auch das sozialistische Bruderland auf der anderen Seite der Oder. Angespannt verfolgte die DDR-Führung die Ereignisse in Danzig und sah die Stabilität des sozialistischen Lagers und damit der DDR selbst massiv bedroht.

Für Staats- und Parteichef Erich Honecker (1912–1994) war klar: Die »Konterrevolution« in Polen musste um jeden Preis aufgehalten werden – notfalls mit Gewalt. Gegenüber dem polnischen Botschafter in der DDR Stefan Olszowski (1931–2023) machte er deutlich: »Wir sind nicht für Blutvergießen. Das ist das letzte Mittel. Aber auch dieses letzte Mittel muss angewandt werden, wenn die Arbeiter-und-Bauern-Macht verteidigt werden muss.«

In einem Brief an den damaligen sowjetischen KP-Chef Leonid Breschnew (1906–1982) forderte Honecker indirekt ein Eingreifen der Armeen des Warschauer Pakts, indem er »kollektive Hilfsmaßnahmen für die polnischen Freunde« zur Bewältigung der höchst angespannten Lage vorschlug: »Gestern wären unsere gemeinsamen Maßnahmen vielleicht vorzeitig gewesen, heute sind sie notwendig, aber morgen können sie schon verspätet sein.« Doch Moskau entschied sich gegen eine militärische Intervention.

Besuch beim Parteichef | Am 10. März 1981 empfing Premierminister General Wojciech Jaruzelski Lech Wałęsa in seinem Büro. Noch im selben Jahr ließ er die Solidarność wieder verbieten und das Kriegsrecht ausrufen. Wałęsa wurde in Isolationshaft genommen.

Damit der Funke der Freiheit nicht übersprang, schloss die DDR-Regierung ihre östliche Grenze und setzte am 30. Oktober 1980 den visa- und passfreien Reiseverkehr zwischen den beiden Ostblockländern einseitig aus. Zudem beschränkte sie den Kontakt zwischen den staatlichen Institutionen. Doch damit nicht genug: In einer massiven Propagandakampagne verunglimpften die ostdeutschen Staatsmedien die Bürger Polens sowie speziell die Solidarność und schürten in der eigenen Bevölkerung Ängste vor dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zerfall. Das Zentralorgan der SED »Neues Deutschland« schreckte auch nicht vor antipolnischen Stereotypen zurück und erklärte der DDR-Bevölkerung: »Die Polen streiken, weil sie faul sind.« Warnungen vor Anarchie und »polnischem Chaos« bestimmten fortan die staatlich gelenkte Berichterstattung. Die Mitglieder der Solidarność wurden als Verbrecher und Banditen verteufelt.

Doch die groß angelegte Desinformationskampagne konnte die allabendlichen Bilder von Lech Wałęsa und den streikenden Arbeitern, die viele DDR-Bürger im Westfernsehen sahen, schlicht nicht übertünchen. Der ungehinderte Reiseverkehr der 1970er Jahre hatte viele DDR-Intellektuelle und spätere Oppositionelle nach Polen geführt, wo sie auf eine wesentlich freiere Diskussionskultur, weniger Zensur und eine lebendige Kulturszene trafen. Sie sahen in den 1980er Jahren ihre Stunde gekommen. »Der Dissidentenkreis in der DDR war zwar relativ klein, aber ostdeutsche Dissidenten haben natürlich genau und mit Sympathie wahrgenommen, was in Polen vor sich ging«, erläutert Dieter Bingen, Historiker und ehemaliger Direktor des Deutschen Polen-Instituts in Darmstadt.

»Ostdeutsche Dissidenten haben natürlich genau und mit Sympathie wahrgenommen, was in Polen vor sich ging«Dieter Bingen, Historiker, Deutsches Polen-Institut in Darmstadt

Das zeigt etwa das Beispiel des DDR-Oppositionellen Knut Dahlbor. In einem Beitrag für das 2023 erschienene Buch »Solidarność – Die unvollendete Geschichte der europäischen Freiheit« erinnert er sich: »Wir hatten so eine Zuversicht, dass sich das übertragen würde auf die DDR oder auch die ganzen Länder des Ostblocks damals.« Er und seine Freunde hätten die Ideen der Solidarność in den 1980er Jahren regelrecht aufgesaugt.

Als Polens kommunistischer Machthaber General Wojciech Jaruzelski (1923–2014) am 13. Dezember 1981 per Militärputsch das Kriegsrecht verhängte und tausende Solidarność-Aktivisten verhaften ließ, solidarisierten sich wie in vielen westlichen Ländern auch DDR-Bürger mit ihnen. Auf Wänden, Schaufensterscheiben oder Flugblättern erschien in der DDR plötzlich der Aufruf »Lernt Polnisch«. Manch Mutiger wie der DDR-Regimekritiker Roland Jahn zeigte seine Solidarität ganz offen: Er befestigte die polnische Flagge mit der Aufschrift »Solidarność z polskim narodem« (Solidarität mit dem polnischen Volk) an seinem Fahrrad. »Irgendwann haben wir angefangen, uns symbolisch zu treffen und zu sagen, wir machen heute eine Solidarność-Versammlung. Der Geist von Solidarność war bei vielen Aktivitäten von der Opposition präsent«, berichtet Jahn im Buch »Solidarność«.

Polen war nicht die DDR

Ende 1981 tauchte die Solidarność in den Untergrund ab und arbeitete im Geheimen weiter. Selbst dann noch inspirierte sie viele Oppositionelle in der DDR, doch die polnischen und ostdeutschen Dissidenten konnten sich kaum untereinander austauschen. Das lag auch daran, dass die kommunistischen Regime in beiden Ländern sehr unterschiedlich vorgingen. »Die polnischen Kommunisten hatten gegenüber der eigenen Bevölkerung eine gewisse Hemmschwelle. In Polen ließ man den stalinistischen Terror nicht so wüten, wie es in anderen Nachbarländern der Fall gewesen ist«, erläutert Historiker Bingen. Das hing mit der spezifisch polnischen Freiheitsliebe, den traumatischen historischen Erfahrungen von Besatzung und Widerstand und der tiefen Abneigung gegen die Besatzungsmacht Sowjetunion zusammen.

Friedliche Revolution auch in Deutschland | In der Nacht auf den 10. November 1989 eroberten die Massen die Berliner Mauer.

Stalin wird das Zitat zugeschrieben, dass der Kommunismus so gut zu Polen passe wie ein Sattel auf eine Kuh. Entsprechend hatte die kommunistische Führung in Warschau schnell verstanden, dass ein aufmüpfiges Volk besser mit losen Zügeln geführt werden sollte. Zwar waren auch die Menschen in Polen alltäglich Repressionen ausgesetzt, doch die Realität in der DDR war eine andere. »Die DDR war der Vorposten des Weltkommunismus in Europa. Die Kontrolle der kommunistischen Staatsmacht in der DDR wurde schärfer ausgeübt als in anderen Ländern des sowjetischen Blocks«, erklärt Bingen. Hinzu kam, dass die Deutschen bis dahin nur selten für ihre Freiheit einstanden oder gar kämpften. Eine wirkliche Freiheitstradition gab es nicht. Und wer in der DDR dafür demonstrierte, saß entweder im Gefängnis oder wurde ausgebürgert.

Das unterdrückerische System des Ostblocks, das in Polen bereits tiefe Risse zeigte, zerbröckelte schließlich endgültig, als Michail Gorbatschow (1931–2022) im März 1985 Anführer der kommunistischen Welt wurde. Der neue Generalsekretär der KPdSU und Machthaber in Moskau versuchte, das Sowjetimperium zu retten, indem er den Ländern am Rand der UdSSR mehr Freiheiten gewährte. Gorbatschows Politik der Glasnost (die Dinge benennen) und der Perestroika (Umgestaltung) setzte eine neue gesellschaftliche und politische Dynamik in Gang.

Der Freiheit ein Stück näher

Der endgültige Durchbruch in Polen gelang im April 1989, als sich die Machthaber in Warschau nach neuerlichen Streiks und einer tiefen Wirtschaftskrise dem gesellschaftlichen Druck nach Reformen erneut beugen mussten. Am »Runden Tisch« vom 6. Februar bis 5. April einigten sich Vertreter von Regierung, Solidarność und anderen gesellschaftlichen Gruppen auf die ersten halb freien Wahlen. So sollten die Kandidaten für die beiden polnischen Parlamentskammern zu einem Teil frei gewählt werden können: 161 der 460 Sitze des Sejms und sogar alle 100 Sitze im wiedereingeführten Senat. Vor allem aber wurde die Solidarność wieder zugelassen. Die friedliche Revolution hatte gesiegt. Der Runde Tisch in Polen wurde zum Symbol des politischen Umbruchs und zum Exportschlager des friedlichen Übergangs.

Dann kam der 4. Juni 1989. Während die Polen in ihren Wahlen die Kommunisten abstraften, schlug zehn Flugstunden entfernt das kommunistische China die Demonstrationen auf dem Platz des Himmlischen Friedens, dem Tian'anmen, blutig nieder. Und während in Ostberlin noch im Oktober 1989 unbeirrt der 40. Jahrestag der DDR gefeiert wurde, brachte in Polen das neue Kabinett von Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki (1927–2013) bereits politische Reformen auf den Weg. Das Ende des Kommunismus in Europa war nicht mehr aufzuhalten.

Dass heute im kollektiven Gedächtnis der Welt der Fall der Berliner Mauer dieses Ende brachte und nicht etwa der Runde Tisch in Polen, hängt für Basil Kerski mit der enormen Symbolik und Verdichtung der Ereignisse zusammen: »Dieser sehr komplexe polnische Weg bestand de facto aus einer permanenten Erweiterung der politischen Freiheitsräume durch eine friedliche, demokratische Massenbewegung.« Dem pflichtet Bingen bei: »Der Mauerfall war auf ein spektakuläres Datum, den 9. und 10. November 1989, konzentriert«, so der Historiker. Es waren »ein paar Stunden, in denen Bilder von der Öffnung, vom Tanz auf der Mauer, den verdutzten Grenzpolizisten zu Ikonen wurden.« Die Ereignisse in Danzig, die Solidarność und die Krise der kommunistischen Diktatur in Polen verdichteten sich nie auf den einen Moment. Vielmehr war es »ein jahrelanger Erosionsprozess, für den es nicht das eine symbolgeladene Bild gibt«.

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