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News: Erleuchtet und verkohlt

Toll, welche technischen Möglichkeiten im Taschenformat uns die mobile Welt bietet. Weniger schön ist, dass uns die erforderliche Stromversorgung noch nicht das Maß an Freiheit einräumt, welches uns die Geräte versprechen. Aber das könnte sich ändern.
Batterie
So schön all die neuen tragbaren Geräte sind, die uns das Leben vereinfachen oder zumindest versüßen wollen, sie haben doch allesamt ein Problem: die Energieversorgung. Da quittiert der Laptop schon nach zwei Stunden Zugfahrt den Dienst, und eine Steckdose ist nicht in Sicht. Der schicke MP3-Spieler mag schon nach einer Stunde keinen Ton mehr von sich geben – den üppig bemessenen Herstellerangaben zum Trotz –, und Handys können dem gesteigerten Kommunikationsbedürfnis frisch Verliebter nicht nachkommen. Und da die Akkus verschiedener Gerätehersteller untereinander selten kompatibel sind, könnte denn auch ein verständnisvoll dreinblickender Sitznachbar nicht aushelfen, wenn er wollte. Kurzum, der Saft ist raus.

Aber vielleicht gehören diese Probleme der mobilen Gesellschaft bald der Vergangenheit an. So gibt es durchaus bereits Mikrobatterien und -akkus, die Elektroden mit einer großen Oberfläche – bestehend aus einem Stapel dünner Kohlenstoffschichten – besitzen und somit eine Menge Platz für andockende Ionen bieten können. Das verheißt nicht nur hohe Stromstärken im Bedarfsfall, die Akkus lassen sich auch schnell wieder laden.

Doch die große Oberfläche hat auch ihren Preis: Sie nimmt viel Platz ein, der dann nicht mehr für die Elektrolytlösung zur Verfügung steht, die eigentlich die Energie der Batterie speichert. Ein Ausweg wäre wohl nach Ansicht von Forschern, das Elektrodenmaterial nicht in hauchdünnen Plättchenstapeln anzuordnen, sondern in Säulenform zu bringen. Diese könnte dann je nach Verwendungszweck, gewünschter Spannung und Leistung zu Elektroden zusammengeschlossen werden – quasi wie ganz viele kleine Batterien innerhalb einer großen. Auch Marc Madou von der University of California in Irvine hat diesen Ansatz verfolgt. Jedoch ist es alles andere als leicht, den Kohlenstoff in die gewünschte Form zu bringen, sodass es Madou vor sieben Jahren schlicht aufgab, wie er heute gesteht.

Mehr Durchhaltevermögen hatte offensichtlich sein Teamkollege Chimlei Wang. Und das zahlte sich nun aus. Wang fand nämlich einen Fotolack, der ansonsten in der Chipindustrie genutzt wird, mit dem sich der Stangenwald erzeugen lässt. Dazu musste der Lack nur durch eine Lochmaske mit UV-Licht belichtet werden. An den Stellen, wo das Licht auf das Material traf, polymerisierte die Lacklösung und härtete aus. Die anderen Stellen ließen sich im Nachhinein leicht mit anderen Chemikalien wegwaschen. Da der Lack zudem transparent ist, konnte das UV-Licht selbst in eine tiefe Lackschicht eindringen und so lange Säulen hervorbringen.

So weit, so gut und so einfach. Denn einen derartigen Lack zu finden, ist noch gar nicht so schwer. Doch die nun folgende Prozedur halten die wenigsten Beschichtungen aus: Wang heizte nun den Polymerstäbchen mit rund 900 Grad Celsius in sauerstofffreier Atmosphäre ein. Das setzte jegliche Wasserstoffatome der organischen Verbindung sowie andere Nicht-Kohlenstoff-Bestandteile frei. Übrig blieben verkohlte, verschrumpelte Stäbchen – aber immerhin Stäbchen. Das Material ist nicht komplett zerfallen, wie es so viele andere organische Verbindungen tun würden. Diese Entdeckung, so meint Madou, war der eigentliche Durchbruch.

Die übrig bleibenden rund einen halben Millimeter hohen Kohlenstoff-Stäbchen mussten nur noch kontaktiert werden, und zwar immer schön abwechselnd, sodass eine Reihe zur positiven Elektrode wurde, die nächste zur negativen, dann wieder positiv und so weiter. Schließlich wurden die Stäbchen in eine Lösung mit Lithium-Ionen getaucht, sodass das ganze Element als wieder aufladbare Batterie dienen konnte.

Und tatsächlich, da dieser Akku viel mehr Elektroden besitzt als seine Verwandten, war er diesen gegenüber deutlich im Vorteil: 78 Prozent mehr Leistung gab der Energiespeicher ab, was an sich schon ein schöner Erfolg ist. Aufgrund des Stäbchenaufbaus der Batterie gibt es aber noch mehr Vorteile: So ließen sich nach Meinung der Wissenschaftler die Parameter der Energiekonserve nahezu beliebig einstellen – einfach indem die Kohlenstoffsäulen entsprechend verschaltet werden. Das könnte vielleicht sogar je nach Anforderung im Betrieb geschehen. Brauchbar wäre das laut Madou für Laptops, da diese Geräte beim Hochfahren mehr Leistung als im Standardbetrieb benötigen. Aber auch ein und derselbe Akku für vielerlei Anwendungen wäre denkbar, dessen Kenndaten je nach Verwendungszweck angepasst werden.

Auch schneller aufladen lassen sich die Mikro-Säulen-Akkus der Forscher vermutlich, wenngleich sie das noch nicht nachgewiesen haben. Aber dank der großen Elektrodenoberfläche wäre es verwunderlich, wenn dem nicht so wäre. Einen Schönheitsfehler besitzt die neue Batterie allerdings dennoch. Bis jetzt entstehen sie auf Basis des Trägermaterials Silicium – einfach deshalb, weil hierfür die nötigen Verfahrensschritte existieren. Der Halbleiter ist jedoch aus ökonomischer Sicht keine gute Wahl. Hier wären andere Materialien, Kunststoffe etwa, sicherlich attraktiver, weil preiswerter. Wie auch immer, zu hoffen ist, dass sich die Ideen von Madou, Wang und vielen anderen Forschern durchsetzen werden, damit kabellose Alltagsgeräte tatsächlich so flexibel werden, wie sie konzipiert wurden.

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