Traumata: Genetischer Kollateralschaden
Gewalterlebnisse in der Kindheit wirken sich oft lebenslang auf die Betroffenen aus. Wer in jungen Jahren "einschlägige" Erfahrungen gemacht hat, wird als Erwachsener häufiger krank – körperlich wie psychisch. Britische und amerikanische Forscher um Idan Shalev von der Duke University in North Carolina fanden nun in einer Langzeitstudie Hinweise darauf, wie Gewalt das Erbgut von Kindern schädigt.
Die Wissenschaftler untersuchten die DNA von 236 britischen Kindern im Alter von fünf sowie mit zehn Jahren. In der Zeit dazwischen wurden die Mütter regelmäßig dazu befragt, ob der Nachwuchs Formen häuslicher Gewalt erlebt hatte – sei es am eigenen Leib oder zwischen den Eltern. Zudem erhoben die Forscher, ob die Kinder von Schulkameraden gemobbt worden waren.
Wie die DNA-Analyse ergab, hatten sich bei Sprösslingen, die mindestens zwei solcher belastenden Erfahrungen gemacht hatten, die Enden der Chromosomen – Telomere genannt – im Schnitt stärker verkürzt als bei Altersgenossen aus friedlichem Umfeld. Da gestutzte Telomere als typische Begleiterscheinung von Alternsprozessen in Körperzellen gelten, wären die Zehnjährigen mit Gewalterfahrungen demnach biologisch "vorgealtert" – ein Umstand, der laut den Forschern ihr erhöhtes Krankheitsrisiko erklären könnte.
Telomere (vom griechischen télos = Ende und méros = Teil) funktionieren ähnlich wie die Plastikkappen an Schnürsenkeln: Sie versiegeln die Kette der Erbsubstanz und verhindern so, dass sie "ausfranst". Mit jeder Zellteilung verlieren die Chromosomen jedoch ein wenig ihres Telomerschutzes, weshalb sich die Zelle irgendwann überhaupt nicht mehr teilen kann. Die DNA-Kappen schwinden nicht nur mit zunehmendem biologischen Alter, sondern auch durch Einflüsse wie Tabakkonsum oder Fettleibigkeit.
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