Ornithologie: Gesunde zweite Wahl
Die buntesten Typen bekommen die besten Bräute: Zumindest galt dies lange als Standard in der Vogelforschung. Doch alles hat seinen Preis, denn zuviel der Schönheiten könnte auf Dauer die Inzucht fördern - die Chance für verschmähte Väter in spe.
Was tut das Vogelmännchen nicht alles, um bei der Angebeteten nicht nur räumlich zu landen: Aus vollem Halse singen, Nebenbuhler vergrämen und vor allem mit einem attraktiven Äußeren werben. Nur deshalb schmücken sich Pfauen mit ansonsten eher hinderlichen langen Schwanzfedern, blähen Fregattvögel voluminöse rote Kehlsäcke auf und riskieren Tanzvögel im grünen Blättergewirr des Urwalds ihr Leben durch schreiend bunte Federfarben, die jeden Beobachter auf seine Weise reizen.
Doch wenn alle Vogelweibchenwelt sich nur mit den Beaus ihrer Sippschaft einlassen wollen würde, läge ein gewaltiger Teil des Genpools der Arten brach. Die Folge: Es käme auf Dauer zur Inzucht und damit zu einer Beeinträchtigung der genetischen Gesundheit. Das würde wiederum die Populationen anfälliger für Krankheiten oder Umwelteinflüsse machen und somit das Überleben der Spezies gefährden. Nicht immer ist somit die erste Wahl der Damen auch die beste Wahl, eben wenn der jeweilige Auserwählte zu nahe mit ihnen selbst verwandt ist.
Auf der einen Seite treiben also die Selektionskriterien nach Aussehen die Evolution langfristig in die Richtung gesteigerte Attraktivität, was aber das Erbgut auf Dauer vereinheitlichen könnte. Andererseits bevorzugen die Weibchen aber tatsächlich möglichst genetisch entfernte Männchen, was wiederum in der Theorie zu einer breiteren Palette an ebenso schlichteren Federkleidern – und damit dem genauen Gegenteil – führen sollte.
Dieses Dilemma stellte die Ornithologenzunft lange vor ein größeres Rätsel, das jetzt Kevin Oh und Alexander Badyaev von der Universität von Arizona in Tuscon zumindest für den amerikanischen Hausgimpel (Carpodacus mexicanus) geklärt haben könnten. Über zehn Jahre hinweg beobachteten sie einen Bestand dieser Vögel in Missoula in Montana. Sie markierten und fotografierten die Tiere, um sie wieder zu erkennen, entnahmen ihnen Blutproben für DNA-Untersuchungen und beobachteten die Entwicklung ihrer Hormone im Jahresverlauf.
Oh und Badyaev konnten daher bei allen werdenden Müttern nachvollziehen, ob sie sich womöglich mit einem relativ nahe verwandten Schönling oder einem weniger attraktiven, aber genetisch deutlich unterschiedlichem Familiengründer eingelassen haben – selbst Seitensprünge blieben nicht unentdeckt.
Die Beobachtungen der beiden Forscher bieten nun den grauen Mäusen zumindest in der gefiederten Welt Kummer wie Trost gleichermaßen: Im Überschwang der Gefühle der frühjährlichen Hormonwallungen wählten die anwesenden Weibchen, so weit es ging, jene Partner mit den ausgeprägtesten Rotpartien im Gesicht und auf der Brust – gleich, ob es sich nun möglicherweise um einen entfernten Onkel oder Cousin handelte. Schlichter gekleidete Artgenossen hingegen, die nur mit eher gedämpften gelblichbraunen Farbtönen glänzen konnten, gingen dagegen weitest gehend leer aus. Und das selbst wenn ihr Erbgut im Vergleich vorteilhaft gewesen wäre.
Dies ist allerdings noch lange kein Grund zum Verzagen für die Finkenmänner, denn im Laufe der Saison erhielten sie schließlich doch noch ein zweite Chance. Denn wenn alle Farbprotze vergeben waren und den häuslichen Pflichten der Mutter-und-Kind-Versorgung nachkommen mussten, flogen meist noch nicht vergebene Weibchen aus anderen Regionen neu in die Reviere der Junggesellen. Und da der Drang, die eigenen Gene weiter zu geben, größer war, als ihre Geduld, auf auffälligere Männchen zu warten, fand folglich eine neue Paarungsrunde statt.
Naturgemäß vermischten sich dabei Partner mit sehr unterschiedlichem Genmaterial, sodass auch das Erbgut von weniger hübschen Exemplaren der Art erhalten blieb. Auf diese Weise belohnt die Evolution auf Dauer sowohl jene Männchen, die in prächtigen Federschmuck investieren können, als auch jene, die den Genpool variantenreich halten. Nach den Erkenntnissen der Wissenschaftler funktioniert dieses System aber tatsächlich nur, weil die Finkenhähne standorttreu bleiben, während junge Weibchen auf Wanderschaft gehen
Für diese Erstmütter war es jedoch kein Schaden, nicht die hübschesten Kerle abgekriegt zu haben: Wegen der großen Erbgutunterschiede hatte ihr Nachwuchs die im Vergleich höchsten Überlebensraten. Es kommt also zumindest manchmal auch bei Hausgimpeln auf die inneren Werte an.
Doch wenn alle Vogelweibchenwelt sich nur mit den Beaus ihrer Sippschaft einlassen wollen würde, läge ein gewaltiger Teil des Genpools der Arten brach. Die Folge: Es käme auf Dauer zur Inzucht und damit zu einer Beeinträchtigung der genetischen Gesundheit. Das würde wiederum die Populationen anfälliger für Krankheiten oder Umwelteinflüsse machen und somit das Überleben der Spezies gefährden. Nicht immer ist somit die erste Wahl der Damen auch die beste Wahl, eben wenn der jeweilige Auserwählte zu nahe mit ihnen selbst verwandt ist.
Auf der einen Seite treiben also die Selektionskriterien nach Aussehen die Evolution langfristig in die Richtung gesteigerte Attraktivität, was aber das Erbgut auf Dauer vereinheitlichen könnte. Andererseits bevorzugen die Weibchen aber tatsächlich möglichst genetisch entfernte Männchen, was wiederum in der Theorie zu einer breiteren Palette an ebenso schlichteren Federkleidern – und damit dem genauen Gegenteil – führen sollte.
Dieses Dilemma stellte die Ornithologenzunft lange vor ein größeres Rätsel, das jetzt Kevin Oh und Alexander Badyaev von der Universität von Arizona in Tuscon zumindest für den amerikanischen Hausgimpel (Carpodacus mexicanus) geklärt haben könnten. Über zehn Jahre hinweg beobachteten sie einen Bestand dieser Vögel in Missoula in Montana. Sie markierten und fotografierten die Tiere, um sie wieder zu erkennen, entnahmen ihnen Blutproben für DNA-Untersuchungen und beobachteten die Entwicklung ihrer Hormone im Jahresverlauf.
Nach und nach gewannen sie so Einblick in intime Details aus dem Leben von 12 000 Gimpeln. Besonderer Augenmerk lag natürlich auf dem Paarungs- und Bruterfolg der verschiedenen Männchen und darauf wie sich ihr Nachwuchs anschließend durchs Leben schlug. Diese Erkundungen wurden durch den Umstand erleichtert, dass die Weibchen nur innerhalb eines individuellen zehntägigen Fensters während der Paarung befruchtet werden können.
Oh und Badyaev konnten daher bei allen werdenden Müttern nachvollziehen, ob sie sich womöglich mit einem relativ nahe verwandten Schönling oder einem weniger attraktiven, aber genetisch deutlich unterschiedlichem Familiengründer eingelassen haben – selbst Seitensprünge blieben nicht unentdeckt.
Die Beobachtungen der beiden Forscher bieten nun den grauen Mäusen zumindest in der gefiederten Welt Kummer wie Trost gleichermaßen: Im Überschwang der Gefühle der frühjährlichen Hormonwallungen wählten die anwesenden Weibchen, so weit es ging, jene Partner mit den ausgeprägtesten Rotpartien im Gesicht und auf der Brust – gleich, ob es sich nun möglicherweise um einen entfernten Onkel oder Cousin handelte. Schlichter gekleidete Artgenossen hingegen, die nur mit eher gedämpften gelblichbraunen Farbtönen glänzen konnten, gingen dagegen weitest gehend leer aus. Und das selbst wenn ihr Erbgut im Vergleich vorteilhaft gewesen wäre.
Dies ist allerdings noch lange kein Grund zum Verzagen für die Finkenmänner, denn im Laufe der Saison erhielten sie schließlich doch noch ein zweite Chance. Denn wenn alle Farbprotze vergeben waren und den häuslichen Pflichten der Mutter-und-Kind-Versorgung nachkommen mussten, flogen meist noch nicht vergebene Weibchen aus anderen Regionen neu in die Reviere der Junggesellen. Und da der Drang, die eigenen Gene weiter zu geben, größer war, als ihre Geduld, auf auffälligere Männchen zu warten, fand folglich eine neue Paarungsrunde statt.
Naturgemäß vermischten sich dabei Partner mit sehr unterschiedlichem Genmaterial, sodass auch das Erbgut von weniger hübschen Exemplaren der Art erhalten blieb. Auf diese Weise belohnt die Evolution auf Dauer sowohl jene Männchen, die in prächtigen Federschmuck investieren können, als auch jene, die den Genpool variantenreich halten. Nach den Erkenntnissen der Wissenschaftler funktioniert dieses System aber tatsächlich nur, weil die Finkenhähne standorttreu bleiben, während junge Weibchen auf Wanderschaft gehen
Für diese Erstmütter war es jedoch kein Schaden, nicht die hübschesten Kerle abgekriegt zu haben: Wegen der großen Erbgutunterschiede hatte ihr Nachwuchs die im Vergleich höchsten Überlebensraten. Es kommt also zumindest manchmal auch bei Hausgimpeln auf die inneren Werte an.
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