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Goldrausch am Amazonas: Der wahre Preis des Goldes

Gold ist in Krisenzeiten vielen lieb und teuer. Doch den wahren Preis dafür zahlen die Yanomami und andere Indigene im Amazonas-Tiefland. Nun streckt auch noch eine Mafia die Finger nach ihrem Land aus.
Bei einem Überflug über Yanomami-Land entdeckte Greenpeace zahlreiche illegale Goldminen

Ihren bisherigen Höhepunkt erreichen die Zusammenstöße zwischen Yanomami und den Goldsuchern am 10. Mai 2021. Schauplatz ist der brasilianische Bundesstaat Roraima. Die Garimpeiros, die Goldsucher, rasen mit ihren Motorbooten den Uriracoera-Fluss auf das Yanomami-Dorf Palimiú zu und fangen an, auf die Einwohner zu feuern. Panik bricht aus, die Frauen flüchten in den Wald mit ihren Babys auf dem Arm. Doch in der Aufregung ertrinken zwei Kinder, die unten am Fluss gespielt hatten. Das bestätigte die Yanomami-Organisation Hutukara später. Ein Video dieses Angriffs verbreitete die Organisation auf den sozialen Netzwerken.

Als am nächsten Tag sechs Militärpolizisten den Fall untersuchen wollen, werden auch sie von den Garimpeiros angegriffen. Unverrichteter Dinge ziehen sie sich zurück.

»Ich will keine Garimpeiros hier. Wir sind in großer Gefahr. Heute Nacht werden sie wiederkommen. Ich will nicht jeden Tag weinen vor Angst, ohne Hoffnung auf Schutz«, ruft Darlene Yanomami, eine Bewohnerin von Palimiú in die Kamera des brasilianischen Fernsehsenders Globo.

Die Angriffe und die Einschüchterungen gehen weiter. Gemeldet werden mindestens elf Übergriffe auf verschiedene Dörfer. Erst mit vierwöchiger Verspätung, am 10. Juni, genehmigt die Bundesregierung einen 90-tägigen Einsatz der Nationalen Sicherheitskräfte zum Schutz der Indigenen. Drei Wochen nachdem der Oberste Gerichtshof (STF) die untätige Regierung zu Sofortmaßnahmen aufgefordert hatte.

Der neue brasilianische Goldrausch betrifft viele Indigene

Bis in die hintersten Ecken Amazoniens frisst sich der illegale Bergbau mit seinem zerstörerischen Potenzial und seinen kriminellen Methoden. Er ist in den vergangenen Jahren förmlich explodiert – in die entlegensten Gebiete vorgestoßen, in indigenes Land und in die Naturschutzgebiete. Denn je weiter entfernt von den urbanen Zentren er betrieben wird, desto geringer ist die Chance, dass den Unternehmen die Behörden in die Quere kommen, sagt der brasilianische Thinktank Instituto Igarapé in seinem Bericht »Illegal Gold That Undermines Forests and Lives in the Amazon«.

Vor allem das freiwerdende Quecksilber belastet Mensch und Natur | Das Schwermetall wird durch Mikroben in Methylquecksilber umgewandelt. In dieser Form reichert es sich in der Nahrungskette an.

Betroffen vom neuen Goldrausch sind neben den Yanomami und Ye'kuana im Bundesstaat Roraima vor allem die Mundurukú und die Kayapó im Bundesstaat Pará, die Karipuna und Uru-Eu-Wau-Wau in Rondônia und die Guajajára, Awa Guajá und mehrere isoliert lebenden indigene Völker in Roraima und im Bundesstaat Maranhão.

Die Corona-Pandemie befeuert den Goldrausch

Angeheizt wurde das neue Goldfieber vor allem durch die Corona-Pandemie – und das auf mehrfache Weise. Zum einen konnten während des Lockdowns die illegalen Bergleute ungehindert vordringen. Dabei schleppten sie das Virus bis in den hintersten Winkel des Waldes und kauften gleichzeitig mit ihrem Gold den Indigenen die für sie vorgesehenen Impfungen vor der Nase weg.

Und zum anderen setzen Anlegerinnen und Anleger vermehrt auf Gold, wenn Krisen die Finanzmärkte bedrohen. Es gilt als inflationssichere Ersatzwährung. Daneben verlangen auch die Schmuckindustrie, Zentralbanken und Technologieunternehmen ununterbrochen nach Gold. Der Preis des Edelmetalls stieg ab der zweiten Jahreshälfte 2020 um 27 Prozent an. Mitte Mai diesen Jahres kletterte der Preis für eine Feinunze (31,1034768 Gramm) auf 1600 Euro.

Doch während der Goldpreis an den Börsen Rekordwerte erzielt und die Anleger jubeln, bezahlen Menschen im amazonischen Tiefland mit ihrem Lebensraum, mit ihrer Gesundheit und manchmal sogar mit ihrem Leben.

Indigene gegen eine wachsende Zahl von Garimpeiros

Das Land der Yanomami ist mit 96 650 Quadratkilometern größer als Portugal. Es erstreckt sich entlang der Grenze zwischen Brasilien und Venezuela. In mehr als 360 Dörfern leben Yanomami, Ye'kuana und weitere Yanomami-Gruppen ohne Kontakt zu den anderen indigenen Völkern oder zur übrigen brasilianischen Bevölkerung. Insgesamt sind es etwa 27 000 Menschen.

Ihnen gegenüber stehen mehr als 20 000 illegale Goldsucher. »Die Garimpeiros dringen immer weiter in unser Territorium ein. Das setzt uns sehr zu. Die Eindringlinge bedrohen unsere Familien, unseren Wald, die Tiere, die Artenvielfalt, sie verschmutzen die Luft und verseuchen unsere Flüsse«, sagt Dário Kopenawa, Vizepräsident der Yanomami-Organisation Hutukara.

Die Luftbilder von Greenpeace sind erschreckend

Wo eben noch unberührter Amazonaswald stand, glotzen gelb verödete Kraterlandschaften hervor. Saugbagger auf den Flüssen, Schnellboote und Propellermaschinen auf heimlichen Landepisten. Zwei Aufklärungsflüge, die Greenpeace im April diesen Jahres durchführte, zeigen: Hier sind nicht nur ein paar verstreute Glücksritter mit ihren Goldwaschpfannen am Werk. Der Bergbau »hat heute halb industrielle Ausmaße und millionenschwere Investitionen erreicht, die mit der Zerstörung des Waldes, der Verseuchung der Flüsse und der Verschlechterung der Lebensbedingungen, der Gesundheit und der Sicherheit in den indigenen Gemeinden einhergeht«, sagt der Jurist Luiz Henrique Reggi Pecora. Er arbeitet für die Organisation Instituto Socioambiental und ist auf Menschenrechte spezialisiert. Für die Exploration lenke der Bergbau sogar Flussläufe in Trockenbetten um.

Die Luftaufnahmen verdeutlichen, dass um die Flüsse Mucajaí und Catrimani bald eine neue Bergbaustadt entstehen könnte, schreiben die Yanomami-Vertreter von Hutukara in ihrem Bericht über die Kontrollflüge. Diese Minen befinden sich ganz in der Nähe einer isoliert lebenden Gruppe von Yanomami, die auf beiden Seiten schon von den Schürfgebieten eingeschlossen ist. Auch sind von oben kleine Ansiedlungen, meist mit Bordellen, Fernseh- und Internetantennen und versteckte Landepisten auszumachen.

Quecksilber vergiftet die Flüsse und verursacht schwere neurologische Schäden

Neben der Abholzung richtet vor allem die Quecksilberverschmutzung Schäden an. Sie bedroht die Gesundheit der Bergleute wie die der Indigenen. Goldschürfer nutzen das Schwermetall, um den Goldstaub zu binden. Wenn es aus den Anlagen austritt und in die Natur gerät, reichert es sich dort in der Nahrungskette an und verursacht schwere neurologische Schäden. Gerade der informelle, illegale Goldbergbau verursacht die größte atmosphärische Quecksilberverschmutzung, wie eine Studie im Fachblatt »Science Advances« aufzeigt, und vernichtet die biologische Vielfalt.

In einigen Yanomami-Dörfern sind 92 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner mit Quecksilber belastet. Diese Vergiftungen können lebenslange Gehirnschäden und andere irreversible Krankheiten hervorrufen. Außerdem bedroht es ihre Nahrungsversorgung, denn die Fische aus den verseuchten, »leblosen« Flüssen können die Indigenen nicht mehr essen.

Protest gegen das Gesetz 490/2007 | Am 2. September 2021 demonstrieren Indigenenvertreter in Brasilia gegen ein Gesetz, das Vertreibungen aus der Vergangenheit praktisch legalisieren würde.

Mit dem illegalen Bergbau verbreitet sich auch die Gewalt. »Schon seit 2018 dringen die Garimpeiros immer weiter in das Gebiet der Yanomami vor, ohne dass die brasilianischen Behörden etwas dagegen unternehmen. Dies erhöht die Konflikt- und Spannungspunkte«, sagt Luiz Henrique Reggi Pecora. »Im Juni 2020 wurden zwei Indigene in der Region Parima grausam ermordet. Im Dezember gab es einen Konflikt, nachdem die Goldsucher Yanomami-Frauen entführt hatten, um sie in ihren Bordellen sexuell auszubeuten. Zu Beginn diesen Jahres kam es in im Dorf Helepe, in der Region des Uraricoera-Flusses, zu einem Angriff. Und nun lebt die indigene Gemeinde von Palimiú unter Hochspannung.«

Bolsonaros Politik führt zu mehr Gewalt

Hinzu kommt die offen rassistische und umweltfeindliche Politik des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro. Seit seinem Amtsantritt sind die illegalen Landbesetzungen von indigenem Land um 135 Prozent in die Höhe geschnellt, 60 Prozent davon im Amazonasgebiet. Im Jahr 2020 erlitt Amazonien den heftigsten Kahlschlag innerhalb der letzten zwölf Jahre: 10 851 Quadratkilometer Wald wurden laut Messungen des Nationalen Instituts für Weltraumforschung (INPE) vernichtet.

Die Umweltkriminalität verbreitet sich auch in den Nationalparks des Landes. Allein im brasilianischen Teil von Amazonien verzeichnet das Umweltschutznetzwerk Amazon Geo-Referenced Socio-Environmental Information Network (RAISG) auf seiner interaktiven Karte mehr als 450 illegale Bergbaustätten.

Außerdem hat die Regierung während der Pandemie das Budget von Umweltkontrollorganen so stark gekürzt, dass die 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bergbaubehörde kaum in der Lage sind, die etwa 35 000 Bergbaustätten im ganzen Land zu überwachen und gegen das rasante Wachstum des illegalen Bergbaus vorzugehen. Drei Monate nachdem Präsident Bolsonaro beim Umweltgipfel der US-Regierung zusagte, seinen Umweltetat zu erhöhen, beträgt dieser weiterhin weniger als ein Prozent des Staatshaushalts.

Ein »Todesstoß« per Gesetzesentwurf

Gleichzeitig hebelt die Regierung Bolsonaro mit Gesetzesentwürfen die in der Verfassung garantierten Rechte der Indigenen aus. Waren diese im Vergleich zu anderen lateinamerikanischen Ländern in Brasilien relativ fortgeschritten, so legte der rechtsradikale Präsident genau hier die Axt an. »Keinen Zentimeter Land mehr für Indigene!«, hatte er geschworen.

Gleich einen Monat nach seinem Amtsantritt billigte er den Gesetzesentwurf 191/2020, der den Bergbau und die Nutzung von Wasserressourcen erlauben will, ohne im Gegenzug die Rechte der indigenen Völker zu schützen. Der Entwurf muss noch vom Kongress gebilligt werden.

Ein weiterer Entwurf 490/2007 dreht die Fortschritte bei der Ausweisung von indigenem Land um Jahrzehnte zurück. Bei 9,8 Millionen Hektar Land befindet sich die Anerkennung als indigenes Land noch in der Schwebe, da der Demarkationsprozess sehr langwierig ist. Nun könnten diese Areale ihren Status verlieren, und sogar bereits genehmigte Demarkationen könnten mit diesem Gesetz zurückgenommen werden, denn das Gesetz sieht eine Art Verjährung der Ansprüche vor: Alle Völker, die sich am 5. Oktober 1988, zum Zeitpunkt der Verabschiedung der brasilianischen Verfassung, nicht auf ihrem angestammten Land befanden, hätten dadurch das Recht auf dieses Land verloren.

Nur sei es eben so, dass die Indigenen nicht auf ihrem Land waren, weil sie vertrieben und mit dem Tod bedroht worden seien, schreibt die langjährige Korrespondentin für die brasilianische Ausgabe von »El País« Eliane Brum. Sollte das Gesetz 490/2007, über das dieser Tage im Kongress debattiert wird, durchkommen, so wäre das der endgültige Todesstoß für Amazonien und die indigenen Völker. Denn es würde auf einen Schlag Hunderte von Minen auf indigenen Territorien legalisieren und der bereits steil angestiegenen Verwüstung Amazoniens freien Lauf lassen. Mit der Abschaffung der vorherigen freien und informierten Konsultation verlören die Indigenen Völker ihre Autonomie und das »exklusive Nießbrauchrecht« auf ihr Land. Außerdem würde damit der Schutzstatus für die bisher isoliert lebenden Indigenen erlöschen. Sie wären Krankheiten und all den negativen Folgen des illegalen Bergbaus ausgesetzt, was einem Genozid gleichkommen würde.

Drogenmafias kontrollieren die Minen

Und als ob all dies noch nicht genug sei, ziehen die fehlende Inspektionen, Straflosigkeit und Verbindungen mit der Politik nun mehr denn je das organisierte Verbrechen an. Wie Kátia Brasil und Emily Costa vom Journalistennetzwerk Amazônia Real offenlegten, operiert offenbar die PCC am Unterlauf des Uraricoera und im Gebiet des Alto Parima. Die PCC – das »Erste Kommando der Hauptstadt« – ist eine gefürchtete Drogenmafia aus São Paulo. Vermutlich sind es ihre Mitglieder, die seit Wochen die Dörfer der Yanomami tyrannisieren. Denn normalerweise verstecken sich die Garimpeiros, wenn die Umweltpolizei kommt, und kehren erst wieder zurück, wenn der Einsatz vorbei ist.

Garimpeiro bei der Arbeit | Mehr als 20 000 Goldsucher sind im Yanomami-Gebiet unterwegs. Dass die organisierte Kriminalität nun ebenfalls mitmischt, macht ihr hartes und gesundheitsgefährdendes Geschäft nicht eben leichter.

Die Anwesenheit der kriminellen Organisationen treibt die Gewalt und Kriminalität weiter an. Sie bedrohen nicht nur die Yanomami, sondern auch die Garimpeiros: Seit etwa drei Jahren dominiert die PCC die Goldproduktion im Bundesstaat Roraima, bestätigt ein Goldsucher aus Boa Vista. »Die PCC kontrolliert sogar den Zugang zu den Flüssen und verlangt Gebühren«, sagt der Mann, der nicht genannt werden will, in dem Bericht von »Amazônia Real«. »Es gibt zu viele Banditen. Die Regierung reguliert den Kauf von Gold nicht, so dass sie (die Garimpeiros) niemanden haben, an den sie es verkaufen können und am Ende von diesen Kriminellen und Menschenhändlern angelockt werden.«

Ein weiterer Garimpeiro berichtet: »Ich sage ihnen: Das ist ein Problem für die Landesregierung, den Bürgermeister der Gemeinde und die Bundesregierung selbst. (…) Ich habe nicht die Macht und nicht die Waffen, um gegen diese Leute zu kämpfen, und Sie wissen, dass es Kriminelle sind, die den Bergleuten und den Indianern immer mehr schaden, und sie wollen die Dörfer von den Indianern übernehmen und ihre eigenen Chefs einsetzen.«

Gold zur Geldwäsche aus Drogengeschäften

Fachleuten zufolge ist das Gold vor allem deswegen für die Mafia attraktiv, weil es ihr ermöglicht, das Geld aus Drogen- oder Waffengeschäften zu waschen. Das auf Yanomami-Gebiet illegal geschürfte Gold gelangt ohne größere Probleme auf den globalen Goldmarkt, wie Maria Fernanda Ribeiro und Clara Britto in einem weiteren Bericht des Journalistennetzwerks herausfanden. Ein Teil wandert direkt in die Nachbarländer Venezuela, Surinam und Französisch-Guyana. Ein weiterer Teil wird in den kleinen Geschäften auf der Rua do Oro, der Goldstraße, in Boa Vista frei verkauft.

Die kleinen Schmuckläden kaufen das »Blutgold« ohne Autorisierung der Zentralbank und ohne eine Rechnung dafür auszustellen. Dann bringen Zwischenhändler das Metall nach Manaus oder Itaituba, um es dort in legalen Bergbaubetrieben zu erfassen. »Es wird normalerweise mit gefälschten, handgeschriebenen Rechnungen registriert, als käme es von dort«, sagt Luiz Pecora vom Instituto Socioambiental. »Das Gold aus diesen legalen Goldminen wird von den staatlichen Organen kaum kontrolliert.«

Das so legalisierte Gold wird nach São Paulo oder Rio de Janeiro transportiert und an Banken oder Juweliergeschäfte weiterverkauft. Unter anderem landet es mutmaßlich auch beim internationalen Unternehmen HStern, das Läden in New York, Moskau, Paris und London betreibt. Das entnahmen die Journalistinnen von Amazônia Real jedenfalls dem Untersuchungsbericht der Bundespolizei.

Ein Kilo Gold kostet rund 48 000 Euro, verursacht aber Schäden über fast 200 000 Euro

Die teuren Stücke von HStern schmücken die Schauspielerin Angelina Jolie und die Sängerin Beyoncé. Ringe gibt es dort für 4600 Euro. Der tatsächliche Preis, die sozialen und ökologischen Kosten, die dieses Gold auf seinem langen Weg verursacht hat, sind jedoch anders zu berechnen.

Ein neuer Rechner beziffert die tatsächlichen Schäden an Menschen und Natur

Dabei kann der unlängst vorgestellte »Illegal Gold Mining Impact Calculator« helfen, ein Rechner, der die fatalen Folgen des illegalen Goldabbaus beziffert. Entwickelt wurde das Tool von der Staatsanwaltschaft (MPF) von Pará, zusammen mit der Nichtregierungsorganisation Conservation Strategy (CSF-Brazil). Der Rechner soll die Arbeit der Behörden erleichtern. Mit ihm lassen sich Bußgelder, Entschädigungen und immaterielle Schäden berechnen, die in Prozessen gegen die illegalen Minenbesitzer geltend gemacht werden. Bisher wurden die Strafen auf der Grundlage des Weltmarktpreises berechnet, ohne die Schäden vor Ort zu berücksichtigen.

Preist man diese mit ein, erscheint der Wert des Goldes auf einmal in ganz anderem Licht: Ein Kilogramm Gold erzielt auf dem Weltmarkt einen Preis von knapp 48 000 Euro. Für dieses Kilo werden im Schnitt mehr als sieben Fußballfelder Urwald gefällt und 15 000 Kubikmeter Erde verlagert und in die Gewässer gespült, was sich vor allem auf den Fischfang negativ auswirkt, aber auch auf den Erholungswert der Flüsse. Hinzu kommt die Verseuchung durch Quecksilber, die bei den Bewohnern des Umlands neurologische Schäden und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen kann.

Berücksichtigt man allein die Kosten der Wiederaufforstung, der Renaturierung der Flüsse und Abmilderung der weiteren Umweltfolgen müsste das Kilogramm Gold, das illegal auf Yanomami-Land geschürft wurde, nach den Schätzungen der Behörde weitere 68 000 bis 80 000 Euro kosten. Schlägt man den Wert für die gesundheitlichen Schäden der Quecksilbervergiftung noch drauf, landet man bei konservativ geschätzten Zusatzkosten in Höhe von 181 000 Euro pro Kilogramm Gold. Im Maximalfall wären es sogar 400 000 Euro.

Von den knapp 50 000 Euro, die der Endkunde für das Gold auf dem Weltmarkt zahlt, landet kaum etwas bei den Garimpeiros und nichts bei den Yanomami, die mit der Zerstörung und der Bedrohung leben müssen. Was für die einen ein lukratives Geschäft ist, kommt die Allgemeinheit teuer zu stehen: Mindestens 500 Hektar gruben die Garimpeiros allein 2020 im Yanomami-Gebiet um, die Folgekosten dafür beziffert der Rechner auf 180 Millionen Euro im günstigsten Fall – und knapp eine Milliarde im ungünstigsten.

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