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News: Hand in Hand

Wie entsteht aus einem harmlosen Protein eine tödlich wirkende Substanz? Eine entscheidende Frage, gelten doch pathogen veränderte Proteine als Ursache der Prionenerkrankungen wie der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit oder dem Rinderwahnsinn BSE. Jetzt konnten Wissenschaftler die Struktur des menschlichen Prionmoleküls aufklären: Es liegt als Dimer zweier zueinander symmetrischen Proteinketten vor. Und dieses Dimer könnte als Keim für die Umwandlung in die Prionenkette dienen - mit tödlichen Folgen.
Vieles bleibt noch rätselhaft. Doch nach und nach erhellt sich das Bild um die transmissiblen spongiformen Enzephalopathien, wie die Gruppe tödlich endender Nervenerkrankungen genannt wird. Inzwischen sind die meisten Forscher davon überzeugt, dass die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit des Menschen, der Rinderwahnsinn BSE oder die Krankheit Scrapie beim Schaf durch fehlgefaltete Proteine – den Prionen – ausgelöst werden. In seiner normalen Form ist das Protein PrPC wasserlöslich, leicht abbaubar und liegt zum größten Teil schraubig aufgewunden in alpha-Helices vor. Es befindet sich auf der Oberfläche vieler Zellen, unter anderem auch auf Nervenzellen, wobei seine Funktion nach wie vor unbekannt ist. Sobald es sich jedoch in die Form PrPSc verwandelt, ändert es seine Eigenschaften radikal: Es ist jetzt schwer löslich, proteinabbauende Enzyme können ihm fast nichts mehr anhaben und sein räumlicher Aufbau hat sich zu großen Teilen in gestreckte beta-Faltblattstrukturen umgestaltet. Fatal ist seine Eigenschaft, immer neue PrPC-Proteine anzulagern, diese in die PrPSc-Form umzuwandeln und so zu langen Ketten heranzuwachsen, die das Nervengewebe zerstören.

Warum und wie findet diese tödliche Umfaltung statt? Die Antwort muss in der räumlichen Struktur des Prions liegen. Biochemiker pflegen Proteinstrukturen mit Hilfe der kristallographischen Röntgenstrukturanalyse aufzuklären, dies ist jedoch nicht so ganz einfach, da das zu untersuchende Protein als Kristall vorliegen muss. Jetzt gelang es der Arbeitsgruppe von Vivien Yee von der Cleveland Clinic Foundation ein menschliches Prionmolekül zu kristallisieren und seine Struktur aufzuklären.

Zur Überraschung der Forscher fanden sie nicht ein einzelnes Molekül, sondern deren zwei. Das Prion lag als Dimer vor: Zwei zueinander symmetrische Proteinketten hatten sich miteinander verbunden und so ein Doppelmolekül gebildet – ein Vorgang, den Biochemiker als Domain-swapping kennen. Das Dimer unterschied sich dabei dramatisch von den einzeln vorliegenden Monomeren. Teile der Helices hatten sich in beta-Faltblattstrukturen umgewandelt, über Disulfidbrücken waren die beiden Einzelteile kovalent miteinander verbunden. Während die Monomere durch ihren polaren Aufbau als Dipole vorlagen, war diese Ladungsverteilung beim Dimer praktisch aufgehoben.

Und diese veränderten Eigenschaften könnten zur Bildung der PrPSc-Ketten führen, vermutet Yee. Denn ein Dimer könnte als Keim dienen, an dem sich weitere Moleküle Hand in Hand zusammenlagern und so die langen Ketten bilden – mit dem bekannten tödlichen Folgen.

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