Ökosysteme: Borneos Regenwald steht seit Millionen Jahren
Seit vier Millionen Jahren dominieren Flügelfruchtgewächse (Dipterocarpaceae) den Regenwald auf der Insel Borneo. Damit könnte das Ökosystem mindestens seit dem Pliozän vor 5,3 bis 2,6 Millionen Jahren existieren: eine weitere Bestätigung, dass die Feuchtwälder Südostasiens zu den ältesten Lebensräumen dieser Art weltweit gehören. Das legt eine Studie von Peter Wilf vom Penn State College und seiner Arbeitsgruppe an fossilen Blättern der Bäume in »PeerJ« nahe.
Dipterocarpaceen gehören zu den höchsten Bäumen der Erde und spielen eine wichtige Rolle im Regenwald Südostasiens. Sie strukturieren das Ökosystem und liefern mit ihren Samen eine ergiebige Nahrungsquelle. Borneo beheimatet mit 270 Arten mehr als die Hälfte der bekannten Vielfalt dieser Familie. Seit wann sie zur bestimmenden Pflanzengruppe der Insel wurden, darüber rätselten Biologen: Bisherige Studien konzentrierten sich auf Pollen, die lange Zeit in tropischen Böden überdauern können, was aber ausgerechnet für Dipterocarpaceen nicht gilt. Fossile Blätter oder andere Pflanzenteile werden im tief verwitterten Untergrund dagegen nur selten gefunden.
In Brunei stießen Wilf und Co allerdings auf zwei Fossilienfundstätten, in denen neben Pollen auch Blätter erhalten geblieben waren. »In denselben Gesteinen, aus denen die Blattfossilien der Dipterocarpaceen in großer Zahl stammen, gibt es kaum Pollen von diesen Bäumen«, sagt Wilf. »Die Pollen und Sporen repräsentieren viele andere Pflanzengruppen, darunter eine große Anzahl von Farnen.« Das lege nahe, dass vergangene Studien die wahre Verbreitung der Flügelfruchtgewächse und damit ihre wichtige Rolle unterschätzt hätten.
Daneben entdeckte das Team weitere Überreste von Pflanzen, die bis heute in den südostasiatischen Regenwäldern vorkommen. Auch das unterstreiche das hohe Alter des Ökosystems und seine lange evolutionäre Geschichte. »Es ähnelte sehr dem, was man heute dort findet, obwohl diese Lebensräume in weiten Teilen des tropischen Asiens abgeholzt worden sind«, sagt Wilf.
Dipterocarpaceen wurden und werden stark abgeholzt, weil sie wertvolles Holz liefern. Zudem müssen viele Regenwälder Palmöl- oder Akazienplantagen weichen. »Borneo und ein Großteil der asiatischen Regenwälder sind der ›Ground Zero‹ der Biodiversitätskrise«, sagt Wilf. »Brunei ist jedoch ein Juwel in diesem System, weil es eines der wenigen Länder in der Region ist, das noch mehr als die Hälfte seiner alten Regenwälder bewahrt.« Er und sein Team hoffen, dass ihre Erkenntnisse dazu beitragen, das ursprüngliche Ökosystem als lebende Fossile zu würdigen und dadurch besser zu erhalten.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.