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Nach missglücktem Experiment: Preiswerter Akku atmet Luft

Ein Speicher für Energie aus Wind und Sonne muss vor allem eines sein: preisgünstig. Forscher haben dafür jetzt eine Flow-Batterie entwickelt, die mit Schwefel und Luft auskommt.
Was macht die Erneuerbaren speicherbar?

Ein angebrannter Kuchen landet üblicherweise in der Biotonne, eine versalzene Suppe im Abfluss. Nicht so bei den Forschern des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge. Das Team um Yet-Ming Chiang hat einen besonders preisgünstigen Akku entwickelt. Die Entdeckung entstand per Zufall, nachdem ihnen ein Experiment vorerst misslungen ist.

Im Fachmagazins »Joule« stellen sie einen neuen Aufbau einer wiederaufladbaren Flussbatterie vor. In diesen auch Flow-Batterie genannten Akkus sind, anders als bei Feststoffbatterien, alle Komponenten in Wasser gelöst. Es zirkulieren zwei Flüssigkeiten gegeneinander, die als Anode und Kathode fungieren und Ionen an einer zentralen Membran austauschen. Die Flüssigkeiten lagern in einem Tank außerhalb der eigentlichen Zelle und werden im Kreislauf an die Membran gepumpt. Wegen des großen Platzbedarfs können sie damit zwar keine Smartphones oder Elektroautos mit Energie versorgen. Sie sind aber höchst interessant für die Speicherung von Wind- und Sonnenenergie.

Marktreife Typen dieser Flow-Batterien, die mit Vanadiumionen arbeiten, sind mit fast 1000 US-Dollar pro Kilowattstunde vergleichsweise teuer. Der Grund liegt in den hohen Materialkosten für die verwendeten Salze dieses Übergangsmetalls. Das Team um Chiang hofft nun die Materialkosten in ihrem Prototyp auf einen US-Dollar senken zu können. Bei anderen experimentellen Flussbatterien liegen die Preise noch zwischen 10 und 100 US-Dollar. Die Forscher verwenden preisgünstige und leicht verfügbare Schwefelverbindungen für die flüssige Anode. Der elektrisch negative Gegenspieler besteht aus einer Luftsauerstoff atmenden Kathode.

Dass eine Sauerstoff atmende Elektrode als Kathode ausreicht, hat bei Chiang selbst zu einem Aha-Erlebnis geführt. Er hatte diese Reaktion erst entdeckt, nachdem er sich ein missglücktes Experiment noch einmal genauer angesehen hatte. Bei diesem sollte Kaliumpermanganat die Rolle der Kathode spielen, das sich allerdings als ungeeignet erwies. Dennoch tat die Batterie, was sie sollte. Den Grund dafür entdeckte Chiang im Sauerstoff, der im Wasser gelöst war.

Mit einer solchen Batterie wären Stromspeicherkosten realisierbar, die konkurrenzfähig zu den konventionellen Wasserkraft- oder Druckluftspeichern sind – ohne deren geografische Begrenzungen zu haben. Bei dem weltweiten Wettstreit um die schnellste, billigste oder kleinste Batterie gehören die Forscher um Chiang zu vielen anderen Wettbewerbern. Einige Komponenten in Chiangs Prototyp sind schon in anderen Aufbauten getestet worden – wie Sauerstoff atmende Lithiumakkus. Auch die Flow-Batterie wird in unterschiedlichen Varianten entwickelt. Ein Problem ist es immer noch, sie langzeitstabil und temperaturstabil zu halten. Denn das Wichtigste für den Einsatz dieses Akkus als Speicherelement für erneuerbare Technologien ist, dass sie viele Ladezyklen aushält und das über 10 bis 20 Jahre. Hier müssen die Forscher um Chiang allerdings noch nachlegen, denn bislang hält ihre Batterie erst 1500 Stunden. Das sind gerade mal zwei Monate.

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