Verhaltensforschung: Rang oder Zufall?
Die Königinnen von morgen tragen ihren Status ins Gesicht geschrieben. Das ergaben zumindest Labor-Studien mit Feldwespen, die durch unterschiedliche Gesichtszeichnung auffallen. Möglicherweise jedoch irrten die Forscher. Denn eine Vergleichsstudie kam jetzt zu ganz anderen Ergebnissen.
Feldwespen sind soziale Tiere. Während des Sommers leben sie mit bis zu 150 Artgenossen in kleinen, offenen Nestern. Doch auch im Winter wollen sie nicht voneinander lassen. Ganze Trauben weiblicher Wespen versammeln sich im Herbst, um gemeinsam zu überwintern. Dabei sind die Insekten eigentlich Konkurrentinnen. Denn anders als so manche Artgenossen gründen die Königinnen in spe häufig gemeinschaftlich neue Nester. Gekrönt werden kann aber letztlich nur eine der Polistes dominulus-Damen. Rangkämpfe sind daher vorprogrammiert.
Dominante Wespen dank Gesichtszeichnung?
Den Forschern erkannten nun, dass die besonders dominanten Weibchen hier eine bestimmte, komplexe Musterungen aufwiesen. Im Labor ließen sie darum unterschiedlich gesprenkelte Wespen gegeneinander antreten – und entdeckten Korrelationen zwischen den Gesichtszeichnungen, der Größe und der beim Kampf erstrittenen Dominanz. Die Wespen, so folgerten sie, tragen ihr Rangabzeichen im Gesicht – vermutlich als Folge guter Ernährung in der Kinderstube [1].
Laborstudie kontra Felduntersuchung
Dabei konzentrierten sich die Forscher auf drei Fragestellungen. Zum einen wollten sie wissen, ob Wespen mit der als dominant geltenden Gesichtszeichnung die Überwinterung besser überstanden. Dann wären die Sprenkel über dem Mundwerkzeug ein Zeichen körperlicher Fitness. Hierzu sammelten sie im Herbst knapp 200 Wespen aus vier Überwinterungs-Trauben, markierten sie und beobachteten ihr Verhalten. Anschließend ließen die Forscher die Insekten überwintern. Das Ergebnis war ernüchternd: Die Überlebenschancen der Polistes dominulus waren mit den Farbmustern nicht gekoppelt.
Auch hier jedoch blieb die Korrelation aus. Die Zahl der Farbflecke bei den Königinnen wich häufig von denen ihrer Untergebenen gar nicht ab. Zudem hatten viele gänzlich gelbe Mundwerkzeuge ganz ohne Farbmuster. Die einzige Gemeinsamkeit, welche die meisten der Königinnen ihren Untergebenen voraus hatten, war die Größe.
Zeichnung doch nur Zufall?
Doch auch hier war die Größe das alleinige Erkennungsmerkmal der ehemals kranken Insekten. Die Gesichtszeichnung, so scheint es, hat mir der Stellung im sozialen Gefüge nichts zu tun – zumindest in Italien. Erst eine ähnliche Studie in den Heimatregionen der amerikanischen Feldwespen, die bei den ersten Versuchen als Probanden gedient hatten, könnte nun Klarheit bringen, ob die Ergebnisse der amerikanischen Ergebnisse doch einfach nur Zufall gewesen sind.
In den vergangenen Jahren wurden diese Rangkämpfe zwischen potentiellen Königinnen genau erforscht. Dabei fiel Forschern um Elizabeth Tibbetts von der Cornell-Universität die ungewöhnliche Gesichtszeichnung der Wespen auf. Direkt über den Mundwerkzeugen tragen die Tiere schwarz-gelbe Farbmuster, die sich je nach Individuum stark unterscheiden.
Dominante Wespen dank Gesichtszeichnung?
Den Forschern erkannten nun, dass die besonders dominanten Weibchen hier eine bestimmte, komplexe Musterungen aufwiesen. Im Labor ließen sie darum unterschiedlich gesprenkelte Wespen gegeneinander antreten – und entdeckten Korrelationen zwischen den Gesichtszeichnungen, der Größe und der beim Kampf erstrittenen Dominanz. Die Wespen, so folgerten sie, tragen ihr Rangabzeichen im Gesicht – vermutlich als Folge guter Ernährung in der Kinderstube [1].
Dies jedoch wäre eine Sensation. Denn bislang gelten soziale Insekten eigentlich als geruchsorientiert. Dass sie anhand der Färbung ihres Gegenübers dessen Status innerhalb der Gemeinschaft bestimmen könnten, wäre mehr als ungewöhnlich. Darum erstellte nun ein Team um Rita Cervo von der italienischen Università deglo Studi di Firenze in Florenz eine Folgestudie, in der die Wissenschaftler die Labor-Ergebnisse mit den natürlichen Verhältnissen in Mittel- und Norditalien verglichen [2].
Laborstudie kontra Felduntersuchung
Dabei konzentrierten sich die Forscher auf drei Fragestellungen. Zum einen wollten sie wissen, ob Wespen mit der als dominant geltenden Gesichtszeichnung die Überwinterung besser überstanden. Dann wären die Sprenkel über dem Mundwerkzeug ein Zeichen körperlicher Fitness. Hierzu sammelten sie im Herbst knapp 200 Wespen aus vier Überwinterungs-Trauben, markierten sie und beobachteten ihr Verhalten. Anschließend ließen die Forscher die Insekten überwintern. Das Ergebnis war ernüchternd: Die Überlebenschancen der Polistes dominulus waren mit den Farbmustern nicht gekoppelt.
Doch noch gaben sich die Forscher nicht geschlagen. Möglicherweise hatte die Gesichtsfärbung ja Einfluss auf die Königswürde bei gemeinschaftlichen Nestgründungen. Um dies zu überprüfen, sammelten die Wissenschaftler im Frühling insgesamt 74 Nester ein und ermittelten anhand des Verhaltens der Wespen, welches Tier welchen Rang besaß. So darf etwa nur die Königin eines Nests Eier ablegen. Auch das Füttern der Larven und das Bauen an der Heimstätte ist nur bei bestimmten Hierarchien erlaubt.
Auch hier jedoch blieb die Korrelation aus. Die Zahl der Farbflecke bei den Königinnen wich häufig von denen ihrer Untergebenen gar nicht ab. Zudem hatten viele gänzlich gelbe Mundwerkzeuge ganz ohne Farbmuster. Die einzige Gemeinsamkeit, welche die meisten der Königinnen ihren Untergebenen voraus hatten, war die Größe.
Zeichnung doch nur Zufall?
Nun blieb nur noch eine letzte Hypothese übrig: Erkennt man anhand der Gesichtszeichnung wenigstens, welche Wespe als Larve gut ernährt worden war? Hierzu überprüften die Forscher gesunde Wespen mit solchen, die als Larven von einem Parasiten befallen waren. Aufgrund des unerwünschten Mitessers sind sie als erwachsenen Tiere wesentlich kleiner als ihre Artgenossen – und meist rangniedriger.
Doch auch hier war die Größe das alleinige Erkennungsmerkmal der ehemals kranken Insekten. Die Gesichtszeichnung, so scheint es, hat mir der Stellung im sozialen Gefüge nichts zu tun – zumindest in Italien. Erst eine ähnliche Studie in den Heimatregionen der amerikanischen Feldwespen, die bei den ersten Versuchen als Probanden gedient hatten, könnte nun Klarheit bringen, ob die Ergebnisse der amerikanischen Ergebnisse doch einfach nur Zufall gewesen sind.
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