Sozialpsychologie: Recycelte Gaben
Ein Laufshirt für den Sportmuffel, die Heavy-Metall-CD für die eingefleischte Opernfreundin oder eine Flasche teuren Chardonnay für den passionierten Biertrinker: Wer hat nicht schon einmal ein gänzlich unpassendes Geschenk bekommen? Und was tut man mit dem Präsent, das bei einem anderen Menschen im eigenen Bekanntenkreis viel mehr Begeisterung auslösen könnte? Klar – man verschenkt es wieder! Allerdings haben viele Menschen offenbar Hemmungen, ein unliebsames Ding einfach an einen Dritten weiterzureichen. Forscher von der London Business School demonstrierten nun in einem Laborexperiment, dass diese Sorge häufig unbegründet ist: Denn der Erstschenker selbst stört sich nicht unbedingt daran, wenn seine Gabe erneut den Besitzer wechselt.
Je drei Freunde bildeten in dem Versuch von Gabrielle Adams und ihren Kollegen eine "Geschenkkette". Zur Auswahl standen ein Magazin für Pensionäre, eine DVD über das Leben der Schauspielerin Mandy Moore sowie ein Diät-Kochbuch – unter diesen "schlechten" Geschenken wählte der erste Proband des Teams eines aus, verpackte es hübsch und übergab es einem Mitstreiter. Dieser wiederum konnte das Geschenk entweder behalten – oder er verpackte es neu und überreichte es vor den Augen des Erstschenkers dem dritten Probanden. Anschließend sollten die "Tabubrecher" einschätzen, wie sehr sie den anderen durch das Weiterschenken gekränkt hatten.
Ergebnis: In den meisten Fällen plagten die Befragten Gewissensbisse – doch zu Unrecht: Den Schenkenden war es nämlich relativ schnuppe, was mit ihrem Präsent geschah. Lediglich wenn das Geschenk auf dem Müll landete, zeigten sich die Testschenker ernstlich gekränkt. Grund für diese Fehleinschätzung sei der verbreitete Irrglaube, der Beschenkte stehe bei seinem Gönner dauerhaft in der Schuld. Der jedoch schließe meist schon bald nach dem Verschenken mit der ganzen Sache ab.
Ein beruhigendes Ergebnis, so die Forscher. Denn wenn wir uns frei fühlen, Geschenke weiterzugeben, kommen sie viel eher bei Leuten an, die sich wirklich darüber freuen. Das Team schlägt außerdem einen "Nationalen Tag des Weiterschenkens" vor, um das vermeintliche Tabu zu lockern. Erste Experimente können bereits belegen, dass ein solcher Tag die Menschen wirklich zum Geschenk-Recycling bewegen könnte.
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