Physiologie: Riecht irgendwie krank
Auch die sozialsten Wesen dürfen die Gesellschaft von Artgenossen nicht über alles lieben - von ansteckenden oder allzu giftigen Genossen zum Beispiel hält man sich aus Selbstschutz besser fern. Eine spezialisierte Spürnase für die Gesundheit des anderen hilft dabei.
Ein Säugetier lebt von seinem Geruchssinn: Er warnt vor Feuer, sortiert zwischen Nahrhaftem und Verdorbenen und lässt genetisch besonders kompatible Geschlechtspartner außergewöhnlich verführerisch erscheinen. Für Tiere wie die Maus ist die erschnupperte Umwelt mindestens genauso bedeutend wie die erschaute des Augentiers Mensch.
Besonders gilt das beim genaueren Kennenlernen eines Artgenossen: Nager und andere Säuger können am Duft des Gegenübers ungemein viel erkennen – etwa dessen Gesundheitszustand, Stimmung und Tagesform. Solche sozial relevanten Geruchsreize rezipieren Mäuse – aber auch, viel weniger nuanciert, der Mensch – im so genannten Vomeronasalorgan (VNO), einem paarig angelegten, vom olfaktorischen Hauptsystem getrennten chemorezeptiven System.
Ivan Rodriguez von der Universität Genf sowie Kollegen der Bochumer Ruhr-Universität und der RWTH Aachen blickten nun genauer hinter die sensorischen Details der VNO-abhängigen Sozialsignalanalyse. Ihnen war bei der Untersuchung der Genaktivität in den Sensorzellen aufgefallen, dass hier offenbar vermehrt auch Proteine gebildet werden, die im Säugetier sonst eher im körpereigenen Gesundheitspolizeidienst eingesetzt sind: so genannte Formyl-Peptid-Rezeptoren (FPR).
Die bisher bekannten FPRs fanden sich in der Außenwand von Granulozyten, Monozyten und Makrophagen. Dort sprechen sie auf verschiedene, für diese Immunzellen alarmierenden Substanzen im Blut und Gewebe an. Hierzu zählen etwa Formylpeptide, die von einigen Bakterien abgegeben werden und dann meist einen Infektionsherd verraten. Aber auch typische kurze Eiweißketten des HI-Virus, der Antimikrobenwirkstoff CRAMP oder das bei innerer Vergiftung akut gebildete Protein SAA werden von FPR erkannt und gemeldet. Diese FRPs arbeiten demnach als Breitband-Aufklärungswerkzeuge der Immunsystempatrouille.
Und vielleicht, so vermuteten Rodriguez und Co, nutzen Mäuse solche Sensoren sogar schon, bevor ein Krankheitserreger den Körper überhaupt erreicht hat? Sind die FPRs im Vomeronasalorgan womöglich dafür zuständig, die Luft nach Anzeichen eines Infektionsherdes zu scannen, der sich etwa in Form eines erkrankten Artgenossen nähert?
Physikalisch wäre das denkbar: Schon nachgewiesen ist, dass bestimmte Glucokortikoide, die bei Stress gebildet werden, in den Urin eines Tiers gelangen, von dort ausduften und in geringsten Mengen von anderen Mäusen erkannt werden. Kranke Tiere, in deren Körperflüssigkeiten CRAMP, SAA oder andere verdächtige Indikatormoleküle anfallen, könnten ihren Zustand also ganz ähnlich über Ausdünstungen verraten.
Das Forscherteam um Rodriguez begann mit einigen Tests, bei denen sie einzelne VNO-Neuronen isoliert sowie in einem funktionsfähigen Präparat mit Alarmsubstanzen in Kontakt brachten. Das Ergebnis war eindeutig: Die Neuronen reagieren tatsächlich auf einige der Krankheitsindikatoren. Dabei sind verschiedene Sensorentypen offenbar auf ganz bestimmte Einzelsubstanzen spezialisiert: Sie reagieren besonders stark auf ein Signal und bilden in ihrem Inneren nur eine bestimmte der fünf neuen, von Rodriguez und Co identifizierten FPR-Varianten.
Langsam vervollständigt sich das Bild, das sich Forscher vom vor einiger Zeit noch recht mysteriösen VNO machen: In dem auf Sozialsignalwahrnehmung spezialisierten Organ werden neben fortpflanzungsrelevanten Duftsignalen oder flüchtigen Angstanzeigern eben auch Stress oder Krankheit der Mitgeschöpfe wahrgenommen. Ob das bei Menschen ganz ähnlich ist, bleibt allerdings immer noch umstritten: Nach einer Phase, in der ein funktionelles VNO des Menschen als Mythos abgetan wurde, sind gerade erst wieder Wissenschaftler dazu übergegangen, auch unsere arteigenen, anatomisch gut versteckten Relikte des Sozialduftorgans wieder etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Besonders gilt das beim genaueren Kennenlernen eines Artgenossen: Nager und andere Säuger können am Duft des Gegenübers ungemein viel erkennen – etwa dessen Gesundheitszustand, Stimmung und Tagesform. Solche sozial relevanten Geruchsreize rezipieren Mäuse – aber auch, viel weniger nuanciert, der Mensch – im so genannten Vomeronasalorgan (VNO), einem paarig angelegten, vom olfaktorischen Hauptsystem getrennten chemorezeptiven System.
Ivan Rodriguez von der Universität Genf sowie Kollegen der Bochumer Ruhr-Universität und der RWTH Aachen blickten nun genauer hinter die sensorischen Details der VNO-abhängigen Sozialsignalanalyse. Ihnen war bei der Untersuchung der Genaktivität in den Sensorzellen aufgefallen, dass hier offenbar vermehrt auch Proteine gebildet werden, die im Säugetier sonst eher im körpereigenen Gesundheitspolizeidienst eingesetzt sind: so genannte Formyl-Peptid-Rezeptoren (FPR).
Die bisher bekannten FPRs fanden sich in der Außenwand von Granulozyten, Monozyten und Makrophagen. Dort sprechen sie auf verschiedene, für diese Immunzellen alarmierenden Substanzen im Blut und Gewebe an. Hierzu zählen etwa Formylpeptide, die von einigen Bakterien abgegeben werden und dann meist einen Infektionsherd verraten. Aber auch typische kurze Eiweißketten des HI-Virus, der Antimikrobenwirkstoff CRAMP oder das bei innerer Vergiftung akut gebildete Protein SAA werden von FPR erkannt und gemeldet. Diese FRPs arbeiten demnach als Breitband-Aufklärungswerkzeuge der Immunsystempatrouille.
Und vielleicht, so vermuteten Rodriguez und Co, nutzen Mäuse solche Sensoren sogar schon, bevor ein Krankheitserreger den Körper überhaupt erreicht hat? Sind die FPRs im Vomeronasalorgan womöglich dafür zuständig, die Luft nach Anzeichen eines Infektionsherdes zu scannen, der sich etwa in Form eines erkrankten Artgenossen nähert?
Physikalisch wäre das denkbar: Schon nachgewiesen ist, dass bestimmte Glucokortikoide, die bei Stress gebildet werden, in den Urin eines Tiers gelangen, von dort ausduften und in geringsten Mengen von anderen Mäusen erkannt werden. Kranke Tiere, in deren Körperflüssigkeiten CRAMP, SAA oder andere verdächtige Indikatormoleküle anfallen, könnten ihren Zustand also ganz ähnlich über Ausdünstungen verraten.
Das Forscherteam um Rodriguez begann mit einigen Tests, bei denen sie einzelne VNO-Neuronen isoliert sowie in einem funktionsfähigen Präparat mit Alarmsubstanzen in Kontakt brachten. Das Ergebnis war eindeutig: Die Neuronen reagieren tatsächlich auf einige der Krankheitsindikatoren. Dabei sind verschiedene Sensorentypen offenbar auf ganz bestimmte Einzelsubstanzen spezialisiert: Sie reagieren besonders stark auf ein Signal und bilden in ihrem Inneren nur eine bestimmte der fünf neuen, von Rodriguez und Co identifizierten FPR-Varianten.
Langsam vervollständigt sich das Bild, das sich Forscher vom vor einiger Zeit noch recht mysteriösen VNO machen: In dem auf Sozialsignalwahrnehmung spezialisierten Organ werden neben fortpflanzungsrelevanten Duftsignalen oder flüchtigen Angstanzeigern eben auch Stress oder Krankheit der Mitgeschöpfe wahrgenommen. Ob das bei Menschen ganz ähnlich ist, bleibt allerdings immer noch umstritten: Nach einer Phase, in der ein funktionelles VNO des Menschen als Mythos abgetan wurde, sind gerade erst wieder Wissenschaftler dazu übergegangen, auch unsere arteigenen, anatomisch gut versteckten Relikte des Sozialduftorgans wieder etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
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