Verkehrspsychologie: Sichtbremse
Bei Nebel sind viele Autofahrer besonders langsam unterwegs – und das ist auch gut so. Wie ein Forscherteam um Paolo Pretto vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen herausfand, nehmen Autofahrer das eigene Tempo bei schlechter Sicht nicht richtig wahr und passen ihren Fahrstil entsprechend an: Nebel bremst sie aus, eine beschlagene Windschutzscheibe fördert hingegen eher eine rasante Fahrweise!
Wer bei dichtem Nebel auf einer Landstraße fährt, nimmt die Bäume am Straßenrand deutlicher wahr als die Fahrbahn im Zentrum des Sichtfelds. Genau so ging es auch den Versuchspersonen im Tübinger Simulator: Zunächst bewegten sie sich mit 60 Kilometern pro Stunde bei klarer Sicht auf gerader Straße, dann änderten sich die Verhältnisse: Einige fuhren nun scheinbar durch dichten Nebel, bei anderen war das gesamte Sichtfeld verschleiert – so, als wäre ihre Windschutzscheibe beschlagen.
Sollten die Teilnehmer nun die Geschwindigkeit ihrer Fahrten vergleichen, so zeigte sich: Die Nebelfahrer fühlten sich deutlich schneller als de facto der Fall; bei scheinbar beschlagener Windschutzscheibe jedoch unterschätzten sie ihre Geschwindigkeit. Als die Testpersonen selbst aufs Gaspedal drückten – mit der Aufgabe, stets gleich schnell zu fahren –, erreichten sie im Nebel knapp 71, bei klarer Sicht aber 85 Kilometer pro Stunde. War das komplette Blickfeld verschleiert, brachten es die Fahrer sogar auf 101 km/h.
Die falsche Geschwindigkeitsschätzung hängt mit den besonderen Sichtverhältnissen innerhalb des Blickfelds zusammen, so die Forscher. Der Kontrast zwischen nah und fern führe bei Nebel dazu, dass das Tempo überschätzt werde. Vor allem bei stärkeren Sichteinschränkungen wie durch beschlagene Scheiben gilt es, darauf zu achten, dass man den Fuß rechtzeitig vom Gas nimm.
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