Sexualbiologie: Sie ist er
Der Hahn balzt um die Henne - so ist es üblich in der Vogelwelt. Doch es gibt auch Ausnahmen von der Regel: Beim afrikanischen Grillkuckuck etwa haben die Weibchen die Hosen an. Denn sie sind besonders empfänglich für das Männlichkeitshormon Testosteron.
Im Tierreich konkurrieren in der Regel die Männchen um die Gunst der Weibchen, und zumindest bei Wirbeltieren spielt das Sexualhormon Testosteron eine entscheidende Rolle. Bei einigen wenigen Arten sind die Geschlechterrollen jedoch vertauscht – beispielsweise beim afrikanischen Grillkuckuck (Centropus grillii). Weitgehend ungeklärt ist, welche Rolle das "männliche" Hormon Testosteron hier bei den Weibchen spielt. Wolfgang Goymann und Cornelia Voigt vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen konnten nun zeigen, dass Grillkuckucksweibchen in bestimmten Gehirnbereichen mehr Testosteron bindende Rezeptoren ausbilden als die Männchen. Auf diesem Wege könnten auch geringe Mengen des Geschlechtshormons zur Steuerung aggressiver und territorialer Verhaltensweisen bei Arten mit vertauschten Rollen beitragen
Ganz im Gegensatz zu unserem heimischen Kuckuck sind diese Tropenvögel aber keine Brutparasiten; ein jedes Männchen baut sein eigenes Nest, in welches das Weibchen drei bis sieben Eier legt. Damit ist die Brutfürsorge der Mutter aber auch schon beendet: "Die Eier werden allein vom Vater ausgebrütet, und nur er versorgt die hilflosen Jungen während ihrer zwei Wochen andauernden Nestlingszeit und auch noch einige Wochen danach mit Nahrung", beschreibt Goymann die fürsorglichen Grillkuckuck-Väter. Währenddessen legt das Weibchen weitere Eier für eines ihrer anderen Männchen oder versucht, noch weitere Männchen zu gewinnen – ein Paarungssystem, das als Polyandrie bezeichnet wird.
Diese Eigenarten machen den Grillkuckuck zu einem idealen Modell, um die hormonelle Beeinflussung des Verhaltens bei den Weibchen zu untersuchen. Etablieren Vogelmännchen ein Brutrevier und verteidigen es oder versuchen sie Weibchen anzulocken, so schütten ihre Keimdrüsen erhöhte Mengen vor allem an Testosteron aus, das aggressiver macht. Geht also ein Tausch der Geschlechterrollen auch mit umgekehrten Testosteronkonzentrationen im Blut einher? Alle bisher untersuchten klassisch polyandrischen Vogelarten – der Wilsonwassertreter (Phalaropus tricolor), der Drosseluferläufer (Actitis macularia) und auch der afrikanische Grillkuckuck – weisen jedoch normale Hormonprofile auf: hohe Werte bei den Männchen und niedrige bei den Weibchen.
Steuert also Testosteron überhaupt nicht die aggressiver Verhaltensweisen von klassisch polyandrischen Weibchen? Wohl doch wie die beiden beiden Max-Planck-Forscher entdeckten: Testosteron entfaltet seine Wirkung, indem es an so genannte Androgenrezeptoren bindet. Sie beeinflussen dadurch die Expression bestimmter Gene und lösen damit eine verstärkte Hormonwirkung aus, die wiederum das Verhalten steuert. "Neben der veränderten Hormonkonzentration im Blut stellt der Androgenrezeptor eine zweite Stellschraube dar, mit dessen Hilfe der Organismus die Wirkung von Testosteron regeln kann", so Goymann. Anstatt die Hormonproduktion zu steigern, könne der Körper auch Anzahl und Dichte dieser Andockstellen erhöhen – und damit anscheinend die gleiche Wirkung auf das Verhalten erzielen.
Genau dies trifft auf die Grillkuckucksweibchen zu: Sie bilden im Nucleus taeniae – einem Gehirnbereich, der an der Steuerung von territorialem und aggressivem Verhalten beteiligt ist – mehr Androgenrezeptoren aus als die Männchen. Sie besitzen dort nicht nur mehr entsprechend aktive Zellen, sondern jede dieser Zellen bildet auch mehr Rezeptoren aus als die entsprechenden Gegenstücke der Männchen. "Grillkuckucksweibchen reagieren also womöglich viel empfindlicher auf geringe Testosteronmengen als ihre Partner", schlussfolgert Voigt. "Mit einer lokal begrenzten Erhöhung der Andockstellen im Nucleus taeniae haben die Tiere möglicherweise einen Weg gefunden, die Nachteile hoher Testosteronwerte zu umgehen", ergänzt ihr Kollege, denn hohe Konzentrationen des Hormons stören bei Wirbeltierweibchen oft die Fortpflanzung.
Mit diesen Ergebnissen haben die Forscher einen ersten Hinweis auf den physiologischen Mechanismus, der für die vertauschten Geschlechterrollen bei Territorial- und Aggressionsverhalten verantwortlich sein könnte. Interessanterweise gibt es aber keine Vergleichsdaten von Vögeln oder anderen Wirbeltieren mit traditioneller Lebensweise – bislang widmete sich die Wissenschaft immer nur dem vermeintlich starken Geschlecht.
Denn normalerweise wirbt das Männchen um die Partnerin, sucht ein Revier und verteidigt es gegen Rivalen, die Weibchen hingegen kümmern sich in erster Linie um die Brutpflege – mit mehr oder weniger Unterstützung durch den Partner: Bei den meisten Wirbeltieren ziehen sie die Jungen tatsächlich alleine groß. Bei weniger als einem Prozent aller Vogelarten läuft es dagegen umgekehrt. Hier sind es die Weibchen, die aggressiv Territorien beanspruchen und um Männchen konkurrieren so wie beim Grillkuckuck. Während der Regenzeit entwickeln seine Weibchen ein prachtvolles Brutgefieder und etablieren große Brutreviere, deren Besitz sie durch anhaltenden Gesang verkünden. Konkurrentinnen werden vehement vertrieben, Männchen jedoch sind willkommen – je mehr desto besser: Jedes Weibchen verpaart sich mit bis zu drei Männchen.
Ganz im Gegensatz zu unserem heimischen Kuckuck sind diese Tropenvögel aber keine Brutparasiten; ein jedes Männchen baut sein eigenes Nest, in welches das Weibchen drei bis sieben Eier legt. Damit ist die Brutfürsorge der Mutter aber auch schon beendet: "Die Eier werden allein vom Vater ausgebrütet, und nur er versorgt die hilflosen Jungen während ihrer zwei Wochen andauernden Nestlingszeit und auch noch einige Wochen danach mit Nahrung", beschreibt Goymann die fürsorglichen Grillkuckuck-Väter. Währenddessen legt das Weibchen weitere Eier für eines ihrer anderen Männchen oder versucht, noch weitere Männchen zu gewinnen – ein Paarungssystem, das als Polyandrie bezeichnet wird.
Diese Eigenarten machen den Grillkuckuck zu einem idealen Modell, um die hormonelle Beeinflussung des Verhaltens bei den Weibchen zu untersuchen. Etablieren Vogelmännchen ein Brutrevier und verteidigen es oder versuchen sie Weibchen anzulocken, so schütten ihre Keimdrüsen erhöhte Mengen vor allem an Testosteron aus, das aggressiver macht. Geht also ein Tausch der Geschlechterrollen auch mit umgekehrten Testosteronkonzentrationen im Blut einher? Alle bisher untersuchten klassisch polyandrischen Vogelarten – der Wilsonwassertreter (Phalaropus tricolor), der Drosseluferläufer (Actitis macularia) und auch der afrikanische Grillkuckuck – weisen jedoch normale Hormonprofile auf: hohe Werte bei den Männchen und niedrige bei den Weibchen.
Steuert also Testosteron überhaupt nicht die aggressiver Verhaltensweisen von klassisch polyandrischen Weibchen? Wohl doch wie die beiden beiden Max-Planck-Forscher entdeckten: Testosteron entfaltet seine Wirkung, indem es an so genannte Androgenrezeptoren bindet. Sie beeinflussen dadurch die Expression bestimmter Gene und lösen damit eine verstärkte Hormonwirkung aus, die wiederum das Verhalten steuert. "Neben der veränderten Hormonkonzentration im Blut stellt der Androgenrezeptor eine zweite Stellschraube dar, mit dessen Hilfe der Organismus die Wirkung von Testosteron regeln kann", so Goymann. Anstatt die Hormonproduktion zu steigern, könne der Körper auch Anzahl und Dichte dieser Andockstellen erhöhen – und damit anscheinend die gleiche Wirkung auf das Verhalten erzielen.
Genau dies trifft auf die Grillkuckucksweibchen zu: Sie bilden im Nucleus taeniae – einem Gehirnbereich, der an der Steuerung von territorialem und aggressivem Verhalten beteiligt ist – mehr Androgenrezeptoren aus als die Männchen. Sie besitzen dort nicht nur mehr entsprechend aktive Zellen, sondern jede dieser Zellen bildet auch mehr Rezeptoren aus als die entsprechenden Gegenstücke der Männchen. "Grillkuckucksweibchen reagieren also womöglich viel empfindlicher auf geringe Testosteronmengen als ihre Partner", schlussfolgert Voigt. "Mit einer lokal begrenzten Erhöhung der Andockstellen im Nucleus taeniae haben die Tiere möglicherweise einen Weg gefunden, die Nachteile hoher Testosteronwerte zu umgehen", ergänzt ihr Kollege, denn hohe Konzentrationen des Hormons stören bei Wirbeltierweibchen oft die Fortpflanzung.
Mit diesen Ergebnissen haben die Forscher einen ersten Hinweis auf den physiologischen Mechanismus, der für die vertauschten Geschlechterrollen bei Territorial- und Aggressionsverhalten verantwortlich sein könnte. Interessanterweise gibt es aber keine Vergleichsdaten von Vögeln oder anderen Wirbeltieren mit traditioneller Lebensweise – bislang widmete sich die Wissenschaft immer nur dem vermeintlich starken Geschlecht.
© Max-Planck-Institut für Ornithologie
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