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Mikrobiom-Transplantation: Tödlicher Darmflora-Transfer

Statt ihn gesünder zu machen, hat in den USA eine Mikrobiom-Transplantation einen Menschen das Leben gekostet: Die Darmflora seines Spenders enthielt multiresistente Keime.
Darmflora

Die Mikroben aus dem Darm eines gesunden auf einen kranken Menschen zu übertragen, kann diesen von lebensbedrohlichen Infektionen kurieren. In den USA hat sich der Zustand zweier Patienten durch eine solche Mikrobiom-Transplantation allerdings dramatisch verschlechtert – einer davon starb. Der Grund: Sie hatten sich mit antibiotikaresistenten Bakterien infiziert. Die Food and Drug Administration (FDA) hat daraufhin eine Warnung ausgesprochen und einige klinische Studien angehalten, bis die zuständigen Arbeitsgruppen beweisen, dass sie die Darmflora von Spendern gründlich auf gefährliche Keime überprüfen.

Seit einigen Jahren untersuchen Forscherteams weltweit, ob Mikrobiom-Transplantationen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa helfen können. Hierzu werden die Mikroben aus dem Stuhl eines gesunden Spenders oder einer Spenderin aufbereitet und in den Darm des Empfängers oder der Empfängerin übertragen. Die Ergebnisse bisheriger Studien sind oft nicht eindeutig, und es ist noch nicht absehbar, ob und wie lange eine Mikrobiom-Transplantation wirkt. Der Erfolg einer solchen Maßnahme ist unter anderem vom jeweiligen Spender- und Empfängermikrobiom abhängig. Laut Experten sind die Sicherheitsanforderungen solcher Studien hier zu Lande bereits »sehr hoch«, so dass ähnliche Komplikationen wie in den USA wohl eher nicht zu erwarten sind. Spenderblut und -stuhl müssen auf eine große Anzahl von Krankheitserregern negativ getestet sein. Die beiden Patienten aus den USA hatten Transplantate aus demselben Spendermikrobiom erhalten – dieses war nicht auf multiresistente Bakterien untersucht worden. Zudem war das Immunsystem der Empfänger wohl bereits vor der Transplantation beeinträchtigt gewesen. Für solche Menschen stellen Mikrobiom-Transplantationen ein besonders hohes Risiko dar.

Bei wiederkehrenden Infektionen mit Clostridium difficile, einem Keim, der schwere Durchfälle verursacht, werden in Deutschland bereits seit mehr als zehn Jahren Mikrobiom-Transplantationen durchgeführt. Die Darmbakterien eines gesunden Menschen können helfen, die Darmflora des Patienten oder der Patientin wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Allerdings ist diese Therapie bislang nicht durch offizielle Behörden wie die FDA zugelassen, sondern gilt als »individueller Heilversuch«. Das Universitätsklinikum Köln bietet sogar eine Verabreichung gesunder Darmflora in Kapselform an – jedoch nur für Patienten, die zuvor mit allen zugelassenen Therapien behandelt wurden. Laut einer Studie aus Kanada soll die Kapseltherapie ebenso effektiv sein – nämlich in 60 bis 90 Prozent solcher Fälle helfen – wie eine Verabreichung der Bakterien direkt in den Darm.

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