Fischfang: Schleppnetzfischerei stört Kohlenstoff-Einlagerung
Überall dort, wo Fangschiffe mit Grundschleppnetzen den Meeresboden aufwühlen, werden große Mengen gespeicherten Kohlenstoffs wieder als Kohlenstoffdioxid (CO2) frei. Wie viel das ist, ermittelte ein Team vom Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht in einer aktuellen Arbeit. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysierten dazu den Kohlenstoffgehalt von Sedimenten in der Nordsee und verglichen die Ergebnisse mit den Routen der Grundschleppnetzfischerei. Es zeigt sich: Wo Trawler ihre schweren Schleppnetze häufig über den Meeresgrund zogen, enthielten die Ablagerungen am Boden deutlich weniger Kohlenstoff. Wie viel gespeicherter Kohlenstoff auf diese Weise wieder ins Meer und von dort aus als CO2 in die Atmosphäre gelangt, hatte bislang noch niemand beziffert. Die neue Untersuchung kommt auf zirka 30 Millionen Tonnen freigesetztes Kohlenstoffdioxid pro Jahr weltweit, schreibt das Autorenteam im Fachblatt »Nature Geoscience«.
Der Meeresboden gilt als langfristige Kohlenstoffsenke. CO2 aus der Atmosphäre löst sich im Wasser, wo kleinste Algen es aufnehmen und durch Photosynthese in organische Kohlenstoffverbindungen verwandeln. Wenn die Organismen absterben, tragen sie den gebundenen Kohlenstoff mit in die Tiefen des Ozeans und schließlich zum Meeresgrund. Dort bleibt er für Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte gespeichert.
Dieser natürliche Prozess funktioniert aber nicht mehr zuverlässig, wenn die Fauna am Meeresgrund gestört wird. Fachleute vermuteten bereits seit längerer Zeit, dass Grundschleppnetze die natürliche Kohlenstoffeinlagerung durcheinanderbringen: Werden die Sedimente stark aufgewühlt, gelangen die Partikel in die Wassersäule, wo andere Organismen den enthaltenen Kohlenstoff wieder teilweise zu CO
Das Team um Wenyan Zhang und Lucas Porz untersuchte dazu Sedimente in der Nordsee – einer der am stärksten befischten Gegenden der Welt. In den Gebieten, in denen regelmäßig intensive Grundschleppnetzfischerei betrieben wird, enthielten die Sedimente deutlich weniger organisch gebundenen Kohlenstoff als in anderen Regionen. Wie Computersimulationen zeigten, lässt sich der geringere Gehalt auf die intensive Fischerei zurückzuführen. Rund eine Million Tonnen CO2 gelangt laut den Schätzungen der Forscherinnen und Forscher durch Schleppnetzfischerei allein in der Nordsee jährlich in die Atmosphäre, weltweit sind es etwa 30 Millionen Tonnen pro Jahr. Gegenden, die stark mit Trawlern befischt werden, setzen dabei viel Kohlenstoff frei, während gelegentliche Trawler-Einsätze keine maßgeblichen Auswirkungen haben.
Der Hauptgrund für den Verlust sei, dass die am Meeresboden lebenden größeren Tiere durch die Trawlernetze sterben, schreibt das Autorenteam in einer ebenfalls in »Nature Geoscience« erschienenen Zusammenfassung. Diese tragen frisch abgelagerte organische Kohlenstoffverbindungen tiefer in den Untergrund, indem sie sich über den Grund bewegen oder dort eingraben. Fehlen die Tiere, gelangt der Kohlenstoff leichter durch Verwirbelung wieder in die Wassersäule.
Einen Lichtblick gibt es aber auch, wie weitere Simulationen zeigten: Innerhalb einiger Jahre kann sich die Tierwelt in einem Gebiet erholen, wenn man dort die Trawlerfischerei stoppt – etwa, indem man Schutzgebiete ausruft. Bis der natürliche Kohlenstoffvorrat wieder auf seinen ursprünglichen Stand steigt, dauert es allerdings mehrere Jahrzehnte.
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