Nachhaltigkeit: Tropfen für Tropfen
Wasser kann Leben erhalten und zerstören. Es ist im Überfluss vorhanden und doch in manchen Gegenden ein knappes und kostbares Gut. Kurz: Die Vielfalt des Wassers ist einzigartig. Die Wanderausstellung "Wasser ist Zukunft" zeigt, wie das feuchte Element unser Leben und unsere Umwelt beeinflusst.
Ein kleines weißes Waschbecken hängt in einer Ecke des Raumes an der Wand. Die beige-grauen Fliesen hinter der weißen Keramik sind blitzblank. Doch auf dem Waschbecken bilden sich langsam Wasserflecken. Ohne Unterlass fallen einzelne Tropfen hinein – der Wasserhahn ist undicht. Rechts über dem Becken rasen währenddessen Zahlenkolonnen auf einer roten LCD-Anzeige dahin. Sie geben an, wie viele Liter Wasser an diesem Tag in Deutschland allein durch tropfende Wasserhähne vergeudet werden. Es sind 9712 Liter. An einem Samstag, um kurz nach elf Uhr morgens.
Draußen brennt die Sonne. Im Bürgersaal des Neuen Rathauses in Hannover jedoch plätschert und rieselt es aus versteckten Lautsprechern. Seit Anfang Mai hat hier die Wanderausstellung "Wasser ist Zukunft" der Vereinigung Deutscher Gewässerschutz ihre Zelte aufgeschlagen – als inhaltlicher Mittelpunkt der Hannoverschen Wasserwochen, die sich im Mai mit zahlreichen Aktionen dem nachhaltigen Umgang mit dem nassen Element verschrieben haben. Im kühlen Saal des Rathauses umspielen darum nun die Zeichnungen kleiner roter Fische den Fußboden am Rande von fünf hölzernen Wissensinseln, die sich etwa mit der Frage beschäftigen, wie eine Kläranlage funktioniert, warum herkömmliche Landwirtschaft das Grundwasser verseucht – und weshalb die Nutzungsansprüche für Trinkwasser weltweit zu Konflikten führen.
Wasserverschmutzung Einhalt gebieten
"Neben einer Kläranlage wohnen? Das möchte ich nicht. Das stinkt dort doch ganz entsetzlich", sagt ein Passant in einem Video, das auf der zweiten Themeninsel "Wassernutzung" gezeigt wird. Ein Irrtum, wie die Beschreibung der Reinigungsanlage in einem Kurzfilm zeigt. Rechen, Sandfang, Absatzbecken, Belebungsbecken und Nachklärbecken reinigen unsere Abwässer inzwischen derart gründlich, dass sich die Wasserqualität unserer Flüsse seit den schlimmsten Zeiten der Hochindustrialisierung erheblich verbessern konnte.
Doch die Verschmutzung unserer Gewässer ist keine Einbahnstraße. Das zeigt das Beispiel des Rheins, dessen Wasserqualität bis in die 1980er Jahre durch Industrieabfälle und Chemikalien stark verunreinigt war. Am 1. November 1986 löste der Brand einer Lagerhalle des pharmazeutischen Unternehmens Sandoz dann eine wahre Umweltkatastrophe aus. Die Löschabwässer gelangten in den Fluss, und mit ihnen alle möglichen Chemikalien. Auf weiten Strecken gab es im Rhein danach kein Leben mehr, Flora und Fauna brauchten Jahre, um sich von dem Unglück zu erholen. Hilfe bekam die geschundene Tier- und Pflanzenwelt hierbei von einem internationalen Aktionsprogramm, das sich die Verbesserung der Wasserqualität auf die Fahnen geschrieben hatte. Heute ist die Schadstoffbelastung des Rheinwassers auf einem Tiefstand, 63 verschiedene Fischarten tummeln sich zwischen den Alpen und der Nordsee.
Wem gehört das blaue Gold?
Wenn die Nachfrage steigt, steigt auch der Wert einer Ware. Das gilt genauso für Trinkwasser, das beispielsweise in England, aber auch in Manila auf den Philippinen, inzwischen von privaten Anbietern vertrieben wird. Dabei verändert sich der Wasserzugang für die Bürger nicht immer zum Besseren: In Manila etwa haben sich die Trinkwasserpreise seit Beginn der Privatisierung verdreifacht, viele Menschen haben zudem noch immer keinen Wasseranschluss – und das obwohl die UN 2002 Wasser zu einem Menschenrecht erklärte.
Todbringendes Nass
Wo das Wasser knapp ist, greifen die Menschen notgedrungen auch auf verunreinigtes Trinkwasser zurück. Krankheiten und Tod sind die erschreckende Folge. Jeden Tag sterben in den Entwicklungsländern 4000 Kinder an verunreinigtem Wasser, 80 Prozent aller Krankheiten in diesen Regionen sind wasserbedingt.
Die Ausstellung "Wasser ist Zukunft" mahnt denn auch zum Handeln. Jeder Dollar einer Investition in den Wasserbereich könne bis zu 34 Dollar Gewinn einbringen – weil dank sauberen Wassers weniger Menschen krank würden, die Wege zum nächsten Brunnen kürzer wären und sich so die Produktivität der Region maßgeblich steigern ließe.
Gleichzeitig müsse aber auch hierzulande ein Umdenken stattfinden. Eine Pyramide blauer Eimer zeigt an, wie viel jeder Einzelne von uns pro Tag zum Waschen, Kochen, und Leben verbraucht, um anschaulich zu machen, was mit Zahlen häufig nicht zu vermitteln ist: 35 Liter spülen wir etwa pro Tag in die Toilette, 15 Liter laufen täglich pro Person durch den Abfluss der Waschmaschine. Auf bestickten Handtüchern geben die Veranstalter Tipps zum Wassersparen. Im Vergleich zu Landwirtschaft und Industrie ist der Verbrauch in den Haushalten allerdings gering: Ein Steak aus der Hüfte eines Stallrindes etwa kostet 1425 Liter Wasser, ein handelsüblicher Computer verbraucht gar stolze 33 000 Liter.
Was kann man tun?
Doch auch hier kann der Verbraucher eingreifen, zeigt die Ausstellung: Mit dem Kauf von Rindfleisch aus artgerechter Haltung, die weniger Wasser verbraucht. Oder der Verwendung einer modernen Spülmaschine, die ebenfalls massiv Wasser einsparen kann. Solcherlei Tipps retten zwar noch nicht die Welt. Aber sie sind ein Anstoß zum Nachdenken – und das ist eindeutig das Ziel der fünf Wissensinseln. Denn die Ausstellung "Wasser ist Zukunft" punktet nicht unbedingt mit der kreativen Umsetzung ihrer Thematik. Sie glaubt an die Macht von Schaubildern und Graphiken, von Zahlen und Fakten. Dass die Ausstellungsmacher ihre Besucher dennoch erreichen, zeigt ein Meer von papiernen Tropfen am Ausgang der Ausstellung. Hier haben die Besucher festgehalten, was sie besonders bewegt hat. Immer wieder liest man da: "Mich hat beeindruckt zu merken, dass man selbst etwas tun kann."
Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Mai im Neuen Rathaus in Hannover zu sehen, danach wandert sie nach Wolfsburg, Gersthofen, Nürnberg, Biberach und Bochum.
Draußen brennt die Sonne. Im Bürgersaal des Neuen Rathauses in Hannover jedoch plätschert und rieselt es aus versteckten Lautsprechern. Seit Anfang Mai hat hier die Wanderausstellung "Wasser ist Zukunft" der Vereinigung Deutscher Gewässerschutz ihre Zelte aufgeschlagen – als inhaltlicher Mittelpunkt der Hannoverschen Wasserwochen, die sich im Mai mit zahlreichen Aktionen dem nachhaltigen Umgang mit dem nassen Element verschrieben haben. Im kühlen Saal des Rathauses umspielen darum nun die Zeichnungen kleiner roter Fische den Fußboden am Rande von fünf hölzernen Wissensinseln, die sich etwa mit der Frage beschäftigen, wie eine Kläranlage funktioniert, warum herkömmliche Landwirtschaft das Grundwasser verseucht – und weshalb die Nutzungsansprüche für Trinkwasser weltweit zu Konflikten führen.
Der Rundgang durch die Inseln beginnt mit einer Idylle. "Wasser ist Leben" zeigt den Fluss als Lebensraum für Kleingetier und Fische, als Paradies für Vögel und Insekten. Doch die Schautafeln neben den pittoresken Fotos von Flussregenpfeifer und Eisvogel lassen das harmonische Bild von Flussläufen und Auen schnell zerplatzen: Mehr als 77 Prozent aller Fließgewässer in Deutschland haben durch Wehre, Staudämme oder Schifffahrt eine so schlechte Gewässerstruktur, dass man sie nicht mehr als ökologisch intakt bezeichnen kann. Eine Gewässerstrukturkarte und eine Gewässergütekarte zeigen genau, wie es um die Flüsse Deutschlands bestellt ist. Mittels eines Touch-Screens können sich die Besucher zudem darüber informieren, wie es um den Wasserhaushalt und die Gewässer in ihrem eigenen Heimatort bestellt ist.
Wasserverschmutzung Einhalt gebieten
"Neben einer Kläranlage wohnen? Das möchte ich nicht. Das stinkt dort doch ganz entsetzlich", sagt ein Passant in einem Video, das auf der zweiten Themeninsel "Wassernutzung" gezeigt wird. Ein Irrtum, wie die Beschreibung der Reinigungsanlage in einem Kurzfilm zeigt. Rechen, Sandfang, Absatzbecken, Belebungsbecken und Nachklärbecken reinigen unsere Abwässer inzwischen derart gründlich, dass sich die Wasserqualität unserer Flüsse seit den schlimmsten Zeiten der Hochindustrialisierung erheblich verbessern konnte.
Dennoch sind Kläranlagen nicht allem gewachsen. Medikamentenrückstände und hormonelle Stoffe gelangen in hohem Maße in Flüsse und Meer, starke Desinfektionsmittel greifen die Mikroorganismen an, die das Wasser von unseren Schadstoffen säubern. Grund- und Oberflächenwasser werden zudem durch die herkömmliche Landwirtschaft und ihre Düngemittel stark mit Nitraten belastet. Im Jahr 2005 wurde das Grundwasser in Deutschland erstmals flächendeckend auf seine Qualität überprüft – mit erschreckendem Ergebnis: Über der Hälfte der Wasserkörper bescheinigten die Forscher damals, dass sie ohne entsprechende Maßnahmen nicht die von der EU geforderte Wasserqualität erreichen würden. In der Umgebung großer Äcker und Felder musste schon so mancher Trinkwasserbrunnen versiegelt werden – wegen Vergiftungsgefahr.
Doch die Verschmutzung unserer Gewässer ist keine Einbahnstraße. Das zeigt das Beispiel des Rheins, dessen Wasserqualität bis in die 1980er Jahre durch Industrieabfälle und Chemikalien stark verunreinigt war. Am 1. November 1986 löste der Brand einer Lagerhalle des pharmazeutischen Unternehmens Sandoz dann eine wahre Umweltkatastrophe aus. Die Löschabwässer gelangten in den Fluss, und mit ihnen alle möglichen Chemikalien. Auf weiten Strecken gab es im Rhein danach kein Leben mehr, Flora und Fauna brauchten Jahre, um sich von dem Unglück zu erholen. Hilfe bekam die geschundene Tier- und Pflanzenwelt hierbei von einem internationalen Aktionsprogramm, das sich die Verbesserung der Wasserqualität auf die Fahnen geschrieben hatte. Heute ist die Schadstoffbelastung des Rheinwassers auf einem Tiefstand, 63 verschiedene Fischarten tummeln sich zwischen den Alpen und der Nordsee.
Wem gehört das blaue Gold?
Weltweit liefert das Wasser Lebensqualität und Lebensgrundlage. Doch wo das blaue Gold knapp ist, brechen leicht Konflikte aus. Ob Ägypten und Äthiopien, Israel und Palästina oder Vietnam, Kambodscha und Thailand – die Liste der Länder, die sich wegen Nutzungsrechten von Flussläufen streiten, ist lang. Steigende Bevölkerungszahlen und ein erhöhter Verbrauch für Industrie und Landwirtschaft sorgen zudem für eine Zuspitzung der Probleme auch in anderen Regionen, in denen man die natürliche Ressource bislang friedlich teilte. Das zeigt eine interaktive Slideshow, die in der Wissensinsel "Wasser Weltweit" einzelne Wasserkonflikte nacherzählt.
Wenn die Nachfrage steigt, steigt auch der Wert einer Ware. Das gilt genauso für Trinkwasser, das beispielsweise in England, aber auch in Manila auf den Philippinen, inzwischen von privaten Anbietern vertrieben wird. Dabei verändert sich der Wasserzugang für die Bürger nicht immer zum Besseren: In Manila etwa haben sich die Trinkwasserpreise seit Beginn der Privatisierung verdreifacht, viele Menschen haben zudem noch immer keinen Wasseranschluss – und das obwohl die UN 2002 Wasser zu einem Menschenrecht erklärte.
Todbringendes Nass
Wo das Wasser knapp ist, greifen die Menschen notgedrungen auch auf verunreinigtes Trinkwasser zurück. Krankheiten und Tod sind die erschreckende Folge. Jeden Tag sterben in den Entwicklungsländern 4000 Kinder an verunreinigtem Wasser, 80 Prozent aller Krankheiten in diesen Regionen sind wasserbedingt.
Die Ausstellung "Wasser ist Zukunft" mahnt denn auch zum Handeln. Jeder Dollar einer Investition in den Wasserbereich könne bis zu 34 Dollar Gewinn einbringen – weil dank sauberen Wassers weniger Menschen krank würden, die Wege zum nächsten Brunnen kürzer wären und sich so die Produktivität der Region maßgeblich steigern ließe.
Gleichzeitig müsse aber auch hierzulande ein Umdenken stattfinden. Eine Pyramide blauer Eimer zeigt an, wie viel jeder Einzelne von uns pro Tag zum Waschen, Kochen, und Leben verbraucht, um anschaulich zu machen, was mit Zahlen häufig nicht zu vermitteln ist: 35 Liter spülen wir etwa pro Tag in die Toilette, 15 Liter laufen täglich pro Person durch den Abfluss der Waschmaschine. Auf bestickten Handtüchern geben die Veranstalter Tipps zum Wassersparen. Im Vergleich zu Landwirtschaft und Industrie ist der Verbrauch in den Haushalten allerdings gering: Ein Steak aus der Hüfte eines Stallrindes etwa kostet 1425 Liter Wasser, ein handelsüblicher Computer verbraucht gar stolze 33 000 Liter.
Was kann man tun?
Doch auch hier kann der Verbraucher eingreifen, zeigt die Ausstellung: Mit dem Kauf von Rindfleisch aus artgerechter Haltung, die weniger Wasser verbraucht. Oder der Verwendung einer modernen Spülmaschine, die ebenfalls massiv Wasser einsparen kann. Solcherlei Tipps retten zwar noch nicht die Welt. Aber sie sind ein Anstoß zum Nachdenken – und das ist eindeutig das Ziel der fünf Wissensinseln. Denn die Ausstellung "Wasser ist Zukunft" punktet nicht unbedingt mit der kreativen Umsetzung ihrer Thematik. Sie glaubt an die Macht von Schaubildern und Graphiken, von Zahlen und Fakten. Dass die Ausstellungsmacher ihre Besucher dennoch erreichen, zeigt ein Meer von papiernen Tropfen am Ausgang der Ausstellung. Hier haben die Besucher festgehalten, was sie besonders bewegt hat. Immer wieder liest man da: "Mich hat beeindruckt zu merken, dass man selbst etwas tun kann."
Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Mai im Neuen Rathaus in Hannover zu sehen, danach wandert sie nach Wolfsburg, Gersthofen, Nürnberg, Biberach und Bochum.
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