Paläontologie: Unbekannter Ureinwohner
Bevor der erste Mensch seinen Fuß auf neuseeländische Erde setzte, galten die Inseln als säugerloses Reich der Vögel. Nur Fledermäuse waren an Land geduldet - und das angeblich seit Anbeginn der Zeiten. Doch diese Naturgeschichte muss nun wohl umgeschrieben werden.
Neuseeland galt ursprünglich als Reich der Vögel, als natürliches Museum andernorts bereits lange ausgestorbener urtümlicher Echsen, Frösche und riesiger Weta-Schrecken, die in einer ebenso archaischen Vegetation lebten und in ihren ökologischen Funktionen die Säugetiere nahezu komplett ersetzten. Was auf den Kontinenten etwa von Gazellen oder Rehen erledigt wird, übernahmen in Neuseeland die Moas – altertümliche Laufvögel, die den heutigen Emus ähnelten und Pflanzen abweideten. Sie wurden vom wohl größten flugfähigen Greifvogel der Erdgeschichte gejagt, dem Haast-Adler, der so die Rolle von Wölfen oder Raubkatzen als Top-Beutegreifer spielte. Brückenechsen, auch Tuatara genannt, bildeten eine kleinere Beutegreifer-Ebene, die wie Katzen agierte. Und Insekten wie die Wetas schlüpften in den Part der Nagetiere, indem sie Früchte und Samen fraßen und andernorts wieder keimungsfähig ausschieden.
Erst mit der Ankunft der Menschen auf Neuseeland änderte sich dies gewaltig. So kamen vor nur rund tausend Jahren mit den Maori Ratten und Hunde auf die Eilande – beide leisteten gleich ihren Teil zum Schwinden oder gar Aussterben der lokalen Avifauna. Und eine ganze Armada an Pelzträgern begleitete die später folgenden Europäer: Rehe, Hirsche, Gämsen, Katzen, Wanderratten, Wiesel, australische Fuchskusus und natürlich Schafe in rauen Mengen.
Für die häufig flugunfähigen Vögel und die auf "moderne" Bedrohungen eher naiv reagierenden Echsen oder Wetas war diese Invasion verhängnisvoll. Ihr Lebensraum wurde umgewandelt oder kahl gefressen, wenn sie nicht gleich selbst zur Mahlzeit der Säuger wurden – aus dem Reich der Vögel wurde für viele ein prekärer Duldungsstatus auf vorgelagerten Inseln, die noch nicht oder dank menschlichen Eingreifens nicht mehr unter der Kontrolle der haarigen Wirbeltierverwandtschaft stehen. Stattdessen dominieren nun erstmals die Säugetiere die Geschichte Neuseelands.
Vielleicht ist ihr Wirken aber doch nicht so neu, denn ein unscheinbarer Fund von Trevor Worthy und seines Teams in Sedimentschichten der neuseeländischen Südinsel könnte nun die Naturhistorie des Archipels revolutionieren. Die Forscher um den Paläontologen der Universität Adelaide entdeckten die fossilen Knochen eines Tiers, das es auf diesem Stück Land in den Weiten des Südpazifiks eigentlich nie gegeben haben sollte: einen flugunfähigen Säuger von der Größe einer Maus.
Als einer der wichtigsten Gründe galten die Überflutungen des Oligozäns vor 30 bis 25 Millionen Jahren, als Neuseeland wegen eines ausgedehnten Meeresspiegelanstiegs auf maximal ein Fünftel der heutigen Fläche zusammenschrumpfte. Laut Theorie vernichtete dies einen Großteil der damaligen Artenvielfalt und mithin ebenso eine potenzielle Säugerzunft. Die neuen alten Knochen belehren die Wissenschaftler jetzt jedoch eines Besseren: Der eigentümliche Kiefer des Tiers lässt sich auf eine ununterbrochene Verwandtschaftslinie bis in die frühen Kreidezeit zurückführen – deutlich vor Aufkommen der modernen Plazenta- und Beuteltiere, was die neuseeländischen Urzeit-Nager wegen der isolierten Lage der Eilande trotz des Flächenrückgangs längere Zeit überlebten.
Unwahrscheinlich erscheint den Forschern dagegen eine spätere Einwanderung des Tiers aus Australien, da dort zumindest bislang noch kein ähnlich geartetes Fossil ausgegraben wurde. Zudem deutet der Oberschenkelknochen nicht auf die Abstammung von einem besonders schwimmfähigen Ahnen hin, der die damaligen tausend Kilometer Distanz über das offene Meer hätte überbrücken können.
Die prähistorischen Mausgebeine stützen also Neuseelands Status als Großraummuseum. Warum aber ausgerechnet diese Säuger letztlich ausstarben, während stammesgeschichtlich ähnlich alte Relikte wie Tuatara-Echsen, die Neuseeländischen Urfrösche oder Neuseelandschlüpfer – zaunkönigartige Singvögel – bis in die Moderne überdauerten, können die Wissenschaftler nicht mit Bestimmtheit sagen. Den Garaus bereitete ihnen womöglich ein deutlicher Klimawandel im späten Miozän, als die ersten Eiszeiten vor der Tür standen und sich auch das Klima im Südwesten des Pazifiks deutlich abkühlte.
Bei den Vögeln, Reptilien und Amphibien ging dagegen nur die Artenzahl zurück. Sollten nun nicht doch noch weitere überraschende und vor allem jüngere Säugerfossilien auftauchen, endete damals für lange Zeit die Geschichte von haarigen Wirbeltieren in Neuseeland – eine Umwälzung, die zumindest in kleinerem Ausmaß manchen lokalen Naturschützern heute wohl ganz recht wäre.
Säuger waren dagegen nur am Rande geduldet, denn bis auf drei im Wald lebende Fledermausarten sowie Robben und Wale an der Küste und in der See erreichten sie die Inseln nie: Zu groß war die Distanz zu Australien mit seinem reichen Beuteltierleben oder gar Südamerika, wo sich beispielsweise auch Affen oder Katzen entwickelten, als dass die Tiere die lange Reise über das offene Meer überlebt hätten. Ein fellfreier Zustand also seit der Trennung vom ehemaligen Südkontinent Gondwana vor 82 Millionen Jahren.
Erst mit der Ankunft der Menschen auf Neuseeland änderte sich dies gewaltig. So kamen vor nur rund tausend Jahren mit den Maori Ratten und Hunde auf die Eilande – beide leisteten gleich ihren Teil zum Schwinden oder gar Aussterben der lokalen Avifauna. Und eine ganze Armada an Pelzträgern begleitete die später folgenden Europäer: Rehe, Hirsche, Gämsen, Katzen, Wanderratten, Wiesel, australische Fuchskusus und natürlich Schafe in rauen Mengen.
Für die häufig flugunfähigen Vögel und die auf "moderne" Bedrohungen eher naiv reagierenden Echsen oder Wetas war diese Invasion verhängnisvoll. Ihr Lebensraum wurde umgewandelt oder kahl gefressen, wenn sie nicht gleich selbst zur Mahlzeit der Säuger wurden – aus dem Reich der Vögel wurde für viele ein prekärer Duldungsstatus auf vorgelagerten Inseln, die noch nicht oder dank menschlichen Eingreifens nicht mehr unter der Kontrolle der haarigen Wirbeltierverwandtschaft stehen. Stattdessen dominieren nun erstmals die Säugetiere die Geschichte Neuseelands.
Vielleicht ist ihr Wirken aber doch nicht so neu, denn ein unscheinbarer Fund von Trevor Worthy und seines Teams in Sedimentschichten der neuseeländischen Südinsel könnte nun die Naturhistorie des Archipels revolutionieren. Die Forscher um den Paläontologen der Universität Adelaide entdeckten die fossilen Knochen eines Tiers, das es auf diesem Stück Land in den Weiten des Südpazifiks eigentlich nie gegeben haben sollte: einen flugunfähigen Säuger von der Größe einer Maus.
Die ausgegrabenen Kiefer- und Oberschenkelknochen sprechen tatsächlich für eine eigenständige Art, die anhand der Altersbestimmungen im Miozän vor 19 bis 16 Millionen Jahren gelebt hat und damit wahrscheinlich ein paläontologisches Rätsel löst. Schließlich existierten schon lange während der frühen Kreidezeit vor 125 Millionen Jahren Säugetiere im australischen Part Gondwanas, der über die heutige Ostantarktis noch mit Neuseeland verknüpft war. Warum also nicht auch auf den späteren Inseln, die aufgrund ihrer Größe durchaus auch Säugern eine Heimstatt hätte bieten können – die heutige Fauna beweist es ja offenkundig?
Als einer der wichtigsten Gründe galten die Überflutungen des Oligozäns vor 30 bis 25 Millionen Jahren, als Neuseeland wegen eines ausgedehnten Meeresspiegelanstiegs auf maximal ein Fünftel der heutigen Fläche zusammenschrumpfte. Laut Theorie vernichtete dies einen Großteil der damaligen Artenvielfalt und mithin ebenso eine potenzielle Säugerzunft. Die neuen alten Knochen belehren die Wissenschaftler jetzt jedoch eines Besseren: Der eigentümliche Kiefer des Tiers lässt sich auf eine ununterbrochene Verwandtschaftslinie bis in die frühen Kreidezeit zurückführen – deutlich vor Aufkommen der modernen Plazenta- und Beuteltiere, was die neuseeländischen Urzeit-Nager wegen der isolierten Lage der Eilande trotz des Flächenrückgangs längere Zeit überlebten.
Unwahrscheinlich erscheint den Forschern dagegen eine spätere Einwanderung des Tiers aus Australien, da dort zumindest bislang noch kein ähnlich geartetes Fossil ausgegraben wurde. Zudem deutet der Oberschenkelknochen nicht auf die Abstammung von einem besonders schwimmfähigen Ahnen hin, der die damaligen tausend Kilometer Distanz über das offene Meer hätte überbrücken können.
Die prähistorischen Mausgebeine stützen also Neuseelands Status als Großraummuseum. Warum aber ausgerechnet diese Säuger letztlich ausstarben, während stammesgeschichtlich ähnlich alte Relikte wie Tuatara-Echsen, die Neuseeländischen Urfrösche oder Neuseelandschlüpfer – zaunkönigartige Singvögel – bis in die Moderne überdauerten, können die Wissenschaftler nicht mit Bestimmtheit sagen. Den Garaus bereitete ihnen womöglich ein deutlicher Klimawandel im späten Miozän, als die ersten Eiszeiten vor der Tür standen und sich auch das Klima im Südwesten des Pazifiks deutlich abkühlte.
Bei den Vögeln, Reptilien und Amphibien ging dagegen nur die Artenzahl zurück. Sollten nun nicht doch noch weitere überraschende und vor allem jüngere Säugerfossilien auftauchen, endete damals für lange Zeit die Geschichte von haarigen Wirbeltieren in Neuseeland – eine Umwälzung, die zumindest in kleinerem Ausmaß manchen lokalen Naturschützern heute wohl ganz recht wäre.
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