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Trans-Operationen: »Ein Klitorisnerv wird an den neuen Penis angeschlossen«

Manche Transpersonen wollen ihren Körper anpassen lassen. Der Chirurg Sebastian Dietrich operiert sie. »Bis ich helfen kann, haben die Menschen viel leisten müssen«, sagt er im Interview.
Eine Gruppe von Chirurgen während einer Operation im Operationssaal.

Es gibt Menschen, die ihren Körper als unpassend empfinden. Frauen, denen wegen Bart und fehlender Brüste unwohl ist. Männer, die eine Vulva sehen, wo Penis und Hoden sein sollten. Manche dieser Transpersonen lassen sich operieren. Der Chirurg Sebastian Dietrich hilft ihnen dabei. Wie aufwändig die Eingriffe sind und was bedenken sollte, wer sich die Gebärmutter entfernen oder einen Penis bauen lassen möchte, erzählt er im Interview.

»Spektrum.de«: Sie operieren Menschen, die ihren Körper anpassen möchten. Was empfinden Sie, wenn eine Transperson zu Ihnen kommt?

Sebastian Dietrich: Ich habe ganz großen Respekt und bewundere ihren Mut und Willen. Bis ich helfen kann, haben die Menschen bereits viel leisten müssen und wissen, dass noch einiges bevorsteht.

Sebastian Dietrich | Der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie ist als Oberarzt an der Ev. Elisabeth Klinik in Berlin tätig.

Wie viele Eingriffe finden pro Jahr statt?
Deutschlandweit geht man jährlich von mehr als 2000 Menschen aus, die sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterziehen. Rund 400-mal haben Patientinnen und Patienten im Jahr 2021 an unserer Klinik ihren Körper auf eigenen Wunsch verändern lassen. 2018 waren es noch 200.
Was sind mögliche Ursachen für den Anstieg?

Sicherlich ist die medizinische Versorgung besser geworden. Entscheidend dürfte aber sein, dass die gesellschaftliche Akzeptanz gestiegen ist. Man vermutet, dass sich mittlerweile mehr Menschen als früher trauen, über ihre Sexualität zu sprechen, und daraufhin die geschlechtsangleichenden Operationen wagen. Fest steht, dass in Deutschland die Zahl der stationär behandelten Patienten seit dem Jahr 2000 um das 2,6-Fache angestiegen ist.

Der Besuch bei einem Therapeuten oder einer Psychologin ist Pflicht, bevor man sich operieren lassen darf. Wieso?

Allen voran soll eine Therapie Betroffenen helfen, die Situation besser zu bewältigen. Sie sollen die Gewissheit haben, dass sie tatsächlich trans sind, und klären, ob die Eingriffe sinnvoll sind. Schließlich könnte eine Depression vorliegen oder eine psychische Störung, die Grund für den Wunsch nach Veränderung ist. Der Patient muss sich zunächst mit professioneller Hilfe mit sich selbst auseinandersetzen und vollkommen überzeugt sein, dass eine Operation für ihn der beste Weg ist.

Die Gutachten bestätigen den Zustand anschließend offiziell. Das Schreiben gibt Chirurgen die Rechtfertigung für den Eingriff. Als Arzt darf ich schließlich keinen Schaden zufügen, an Transpersonen operiere ich jedoch Organe, die streng genommen gesund sind.

Wenn festgestellt ist, dass sich der Zustand der Person mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird, kann ich anfangen. Mit den Patienten und Patientinnen bespreche ich, was gewünscht und was operativ möglich ist, damit es hinterher keine Enttäuschung gibt.

Themenwoche »Transgender«

Die Menschheit ist vielfältig. LGBTQIA* versammelt diverse Begriffe für sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten: Lesbisch, schwul, bi, trans, queer, inter, asexuell – das * lässt Raum für Weiteres. Jedes Jahr im Juni feiert sich die Community auf verschiedene Weise. Zum Auftakt des »Pride Month« widmet sich »Spektrum.de« dem Thema »Transgender« in der Woche vom 30. Mai bis 3. Juni 2022 mit folgenden Inhalten:

Die wesentlichen Texte zum Thema »Sex und Gender – Es gibt mehr als zwei Geschlechter« finden Sie hier auf unserer Sammelseite.

Zum Beispiel?

Nehmen wir mal den Wechsel von Frau zu Mann. Als Chirurg ist mein oberstes Ziel, dass die Person nach der Operation ihr Geschlecht selbstbestimmt ausleben kann. Hierzu zählt, dass neben der äußerlichen, optischen Angleichung hinterher auch die Funktionalitäten wie das Wasser lassen im Stehen oder der penetrative Geschlechtsverkehr möglich sind. Das bedeutet aber nicht, dass dieser Mensch einen Penis hat, der einem biologischen eins zu eins gleicht. Auch ist eine operativ eingebrachte Schwellkörperprothese kein gleichwertiger Ersatz für ein natürliches Glied. Es macht jedoch keinen Unterschied, ob ein biologischer Mann eine Schwellkörperprothese bekommt, weil er Erektionsstörungen hat, oder ein Transmann – beide sind ähnlich zufrieden mit dem Ersatz.

Wie viele Operationen braucht es, um aus einer Frau einen Mann und aus einem Mann eine Frau zu machen?

In unserem Behandlungsplan gibt es bei »Frau zu Mann« sieben Schritte. Im Fall von »Mann zu Frau« sind es drei.

»Um den Penis vorzubereiten, arbeiten wir unter anderem einen Teil der neuen Harnröhre in den Unterarm ein«Sebastian Dietrich, Chirurg

Beginnen wir mit »Frau zu Mann«: Welche sieben Schritte sind es?

Wir entfernen zunächst die Brust, indem wir eine Mastektomie durchführen. Dann werden Gebärmutter und Eierstöcke entfernt. Dieser Eingriff wird von Gynäkologen durchgeführt. Im Anschluss widmen wir uns Scheidenvorhof, Schamlippen und Klitoris – also der Vulva.

Mastektomie | Unter Vollnarkose entfernen Chirurgen die Brüste. Außerdem formen und setzen sie die Brustwarzen um. Der Eingriff dauert ungefähr anderthalb bis zweieinhalb Stunden. Behandelte bleiben anschließend oft für fünf bis sieben Tage im Krankenhaus.

Außerdem geht es darum, den Penis vorzubereiten. Dafür arbeiten wir unter anderem einen Teil der neuen Harnröhre in den Unterarm ein. Frühestens nach sechs Monaten lässt sich dann der Penis aufbauen. Dafür schneiden wir den vorbereiteten Teil der Harnröhre aus dem Unterarm heraus, formen ihn um und schließen ihn im Intimbereich an. Neben den Weichteilen müssen Nerven, Arterien und Venen miteinander verbunden werden, damit Blut fließt und der Patient etwas spüren kann.

Penisaufbau | Um einen Penis zu schaffen, platzieren Ärztinnen und Ärzte einen Teil der Harnröhre in einen Unterarm. Ist alles gut verwachsen, schneiden sie den Bereich heraus und formen ihn zu einem Penis um. Dieser wird angenäht.

Der Eingriff ist nur unter einem Operationsmikroskop und mit Mikroinstrumenten möglich. Es folgen im fünften Schritt die Hodenprothesen, Implantate aus Silikon, die sich – unter der Haut eingesetzt – anfühlen wie ein echter, gesunder Hoden. Anschließend folgt die Schwellkörperprothese, dank der ein Penis steif werden kann, und im letzten, siebten Schritt wird bei einer Vorhautplastik die Eichel geformt.

Das klingt sehr anstrengend und sehr schmerzhaft.

Anstrengend? Ja. Um sich in der neuen Rolle zu finden und mit Reaktionen von Außenstehenden besser klarzukommen, beanspruchen manche vor allem innerhalb des ersten Jahres nach der Angleichung psychotherapeutische Begleitung. Weil es wirksame, sichere Medikamente gibt, sind die Schmerzen hingegen schnell überwunden. Man braucht jedoch vor allem Zeit, um sich von den Operationen zu erholen. Da zwischen den einzelnen Eingriffen mindestens zwischen drei und sechs Monaten liegen, dauert die gesamte Behandlung mindestens zwei Jahre.

Was manchen hilft durchzuhalten, ist zu wissen: Nur selten brechen Patientinnen und Patienten eine Behandlung ab, und 80 Prozent sind hinterher tatsächlich zufriedener.

»Die Neovagina formen Chirurgen dabei zwischen Blase und Enddarm, die Klitoris entsteht aus der Eichel«

Zwei Jahre lang immer wieder in OP-Sälen – wie kann man in dieser Zeit überhaupt den Alltag leben?

Der Großteil der Patienten – gerade jene, welche von Frau zu Mann wechseln – lassen die Eingriffe im Alter zwischen 20 und 30 Jahren durchführen. Die meisten sind also in Ausbildung, im Studium oder Job und müssen sich krankschreiben lassen. Wie lange jemand nach der Operation ausfällt, hängt von der Tätigkeit ab. Manche nehmen unbezahlten Urlaub, um sich zu erholen. Wieder andere lassen sich bewusst mehr Zeit zwischen den Behandlungen als rein theoretisch nötig, um nicht zu lang am Stück zu fehlen.

Transfrauen haben es in diesem Zusammenhang leichter. Sie sagten, in diesem Fall seien nur drei operative Schritte in der Klinik vorgesehen. Welche sind das?

Vorab möchte ich anmerken: Weniger Schritte bedeutet nicht, dass es weniger kompliziert ist. Man kann die notwendigen Veränderungen allerdings besser bündeln. Um aus dem Körper eines Mannes den einer Frau zu machen, beginne ich mit der Vaginoplastik (siehe Grafik unten). Das ist eine Inversion des Penis und der Hodenhaut nach innen. Die versorgenden Nerven und Gefäße bleiben erhalten, ebenso die Harnröhre; die wird bloß gekürzt.

Die Neovagina formen Chirurgen dabei zwischen Blase und Enddarm, die Klitoris entsteht aus der Eichel und wird dort positioniert, wo sie auch bei einer biologischen Frau zu finden wäre. Wichtig ist, dass die Transfrau die Neovagina anschließend mit Hilfe eines medizinischen Dildos – Vaginaldilatator genannt – offenhält, indem sie ihn einführt und hierdurch einer narbigen Verengung entgegenwirkt; bis zu einem Jahr lang.

Nach zwei bis drei Monaten folgt der nächste Eingriff, bei dem wir die großen Schamlippen modellieren. Zuletzt gleichen wir die Brust mit Hilfe von Implantaten an, sofern nach einer 24 Monate dauernden Hormontherapie das Wachstum unzureichend ist.

Medizinische Transition | Mit Hilfe eines operativen Eingriffs, lässt sich aus einem Penis eine Neovagina formen. Mehrere Schritte sind dafür nötig.

Es geht also auch nur mit Hormontherapie?

Theoretisch schon, aber praktisch reicht die oft nicht einmal für Körbchengröße A. Eine Brust-OP ist daher üblich. Die Brüste sollen möglichst natürlich aussehen und zur Person passen. Sobald die grundlegenden Informationen besprochen sind, können wir – wenn die Patientin es wünscht – das Ergebnis am Computer dreidimensional simulieren.

Ab wann ist Sex wieder möglich? Und was spürt man eigentlich dabei?

Durchschnittlich kann man sechs Wochen nach der Operation wieder Sex haben. Ich achte penibel darauf, die Nerven bei beiden Geschlechtern während der Operation zu erhalten. Bei »Frau zu Mann« beispielsweise wird die Klitoris erhalten und ein Klitorisnerv an den Hautnerven des neuen Penis angeschlossen, damit einerseits die Orgasmusfähigkeit erhalten bleibt und andererseits auch über den neuen Penis eine sexuelle Stimulation möglich ist. Bei »Mann zu Frau« erhalten wir dafür den Nerv der Eichel. Und – so überraschend es sein mag – nach dem Eingriff ist das sexuelle Erleben gesteigert, die Patienten sind zufriedener, das zeigen diverse Studien.

»Nach der Operation höre ich nicht selten, dass die Betroffenen froh sind, die Brust endlich los zu sein«

Das deckt sich mit Studien aus der Psychologie, laut denen die Wahrscheinlichkeit für wohltuenden Sex steigt, wenn man den eigenen Körper mag.

Richtig, das ist bei allen Menschen so. Bei Transpersonen wird es bloß besonders deutlich. Man muss sich nur mal vorstellen, dass sich Männer, die trans sind, brutal die Brust abbinden, um vor der Operation die weiblichen Geschlechtsmerkmale zu kaschieren. Nach der Operation höre ich nicht selten, dass die Betroffenen froh sind, die Brust endlich los zu sein. Das ist ein körperlich spürbarer Druck, von dem man sich mit einer Operation befreit.

Nicht alle Patienten wünschen alle Eingriffe. Wer hört denn wann auf und warum?

Manchen Transmännern genügt es, wenn die Brust entfernt ist. Seltener ist es, dass sie zudem die weiblichen Geschlechtsorgane entfernt haben wollen. Es gibt noch eine Zwischenlösung, bei der nach Entfernung von Vaginalschlauch, Gebärmutter und Eierstöcken eine Verlängerung und leichte Vergrößerung der Klitoris operativ umgesetzt wird. Zudem wird aus den Schamlippen eine Verlängerung des Harnwegs erreicht, so dass zumindest eine andere Position beim Wasserlassen möglich ist. Wir sprechen hierbei umgangssprachlich von einem Klitpen. Den Penisaufbau und die Prothese braucht es dann nicht zwingend, kann bei Bedarf aber auch später noch durchgeführt werden. Insgesamt kommt dieser Eingriff aber relativ selten vor. Die Mehrheit wünscht eine vollständige, operative Angleichung. Da die Umwandlung von Mann zu Frau weniger Eingriffe benötigt, lassen die meisten alles machen.

Was ist mit dem Gesicht?

Während Frauen das Hormon Testosteron nehmen können, um männliche Züge zu bekommen, wirken Androgene und Östrogene bei Männern deutlich weniger. Eine ausgeprägte Stirn und der vergrößerte Adamsapfel lassen sich mit der Hormontherapie daher nur unzureichend zurückführen. Die Krankenkassen entscheiden allerdings im Einzelfall, ob sie dafür zahlen, weshalb die Zahl an gesichtsfeminisierenden Eingriffen überschaubar ist.

Was, wenn man die Hormone nicht nehmen kann oder möchte?

Dann ist beispielsweise die Körperbehaarung womöglich stärker als gewünscht. Oder aber man empfindet die eigene Stimme noch als zu hoch oder zu tief für das biologische Geschlecht. Während die hormonelle Therapie bei Transmännern sehr gut wirkt, ist es nahezu unmöglich, eine männliche Stimme weiblicher zu machen.

Ist dafür eine Operation an den Stimmbändern nötig?

Möglich, aber nicht unbedingt notwendig. Mit einem Logopäden oder einer Logopädin lässt sich sehr gut trainieren, die Stimmlage zu ändern. Sowohl bei Transmännern als auch bei Transfrauen. Bei Transmännern ist meist das Ziel, die Stimme zu festigen. Bei Transfrauen sind die höhere Tonlage und der Stimmsitz mit entscheidend. Es gibt Sing- und andere Übungen, die etwa dafür sorgen, dass sich der Rachenraum verkürzt und verengt. Nur wenn es durch die Logopädie nicht gelingt, die Stimmlage zu verändern, können phonochirurgische Eingriffe angeboten werden, in denen die Stimmbänder operativ behandelt werden.

Für die Geschlechtsangleichung braucht es intensive Eingriffe, es wird viel geschnitten, gestülpt, vernäht. Was sind Risiken und Nebenwirkungen?

Wundheilungsstörungen, Nachblutungen, Wundinfektionen und absterbendes Gewebe sind wie bei jeder Operation möglich. Im Speziellen kann es sowohl bei dem neuen Penis als auch bei der Neovagina zu einem Gewebeuntergang kommen, das ist schwer wiegend, aber selten – man geht von ein bis zwei Prozent aus –, und lässt sich in den meisten Fällen mit einer weiteren Operation korrigieren.

Darüber hinaus kann es auf Grund von Narben zu einer Engstelle im Harnweg kommen oder zum Gegenteil: Der Harnweg entwickelt Fisteln und damit Verbindungen zur Haut, über die man dann Urin ausscheidet.

»Die Lebensqualität steigt, die Lust auf Sex ebenso, man fühlt sich mehr als Ich«

Wie häufig ist das?

Diese Harnwegskomplikationen entwickelt in unterschiedlicher Ausprägung jeder Zweite bis Dritte. Sie heilen jedoch zumeist nach längerem Zuwarten und regelmäßigen Kontrollen aus. Nur in ein paar Fällen muss das Problem operativ behoben werden, wenn es denn zu erheblichen Einschränkungen führt.

Und dann ist da noch eine ganz andere Nebenwirkung: Der Mensch im Spiegel sieht anders aus, als man es jahrelang gewohnt war, und auch das Umfeld nimmt die Person anders wahr. Die Selbstwahrnehmung verändert sich. Man ist sich womöglich erst einmal fremd und muss sich selbst neu finden – egal wie sehr man sich den Wandel gewünscht hat.

Eine Transition beginnt bei der Person selbst und bleibt meist eine lebenslange Aufgabe, heißt es. Stimmen Sie zu?

Ich sehe die Patienten erst, wenn sie einen Eingriff wünschen. Das heißt, sie haben bereits eine Diagnose, sind informiert und entschlossen zu handeln, weil sie sicher sind, mit einem neuen Körper im Alltag bestehen zu können. Es gibt ab und an Patientinnen und Patienten, die bei Nachkontrollen hadern, aber sehr viele, die dankbar und erleichtert sind. Das zeigt sich auch in Studien: Die Lebensqualität steigt, die Lust auf Sex ebenso, man fühlt sich mehr als Ich. Wenn die Operation abgeschlossen ist, ist der Großteil geschafft. Das Leben anschließend zu meistern, ist für alle eine lebenslange Aufgabe. Egal ob cis, trans oder Sonstiges.

  • Wie wird man Transmann oder Transfrau?

    Weil offiziell keine Daten gesammelt erfasst werden, ist es schwierig zu beziffern, wie viele Transpersonen in Deutschland leben. Es gibt klinische Stichproben, die sich mit Transgeschlechtlichkeit, Eingriffen sowie Hormontherapie befassen. Darauf basierend lässt sich schätzen, dass sich rund 9 von 100 000 Menschen als trans empfinden. In Umfragen ist der Wert deutlich höher: Wird gefragt, ob jemand ambivalent oder trans ist, stimmen zwischen 144 und 566 von 100 000 Menschen zu. Auf Basis der Personenstandsänderungen nach dem Transsexuellengesetz gibt es hier zu Lande rund 260 Transpersonen pro 100 000 Menschen. Das sind etwa 0,35 Prozent der Bevölkerung.

    Längst nicht alle lassen sich nach jetziger Kenntnis operieren.

  • Wie viele Trans-Operationen finden statt?

    Laut einer Statistik ließen 2155 Menschen im Jahr 2020 in Deutschland eine geschlechtsangleichende Operation an sich vornehmen. Von den Eingriffen entfallen zwei Drittel auf Transfrauen, also Frauen, deren biologisches Geschlecht männlich ist. Die meisten OPs wurden laut dem Statistischen Bundesamt in der Altersgruppe 20 bis unter 30 Jahren durchgeführt.

  • Was braucht es für die OP?

    Dem derzeitigen Trassexuellengesetz nach muss für mindestens 18 Monate eine psychotherapeutische Betreuung stattgefunden haben und die Indikation zur Durchführung einer geschlechtsangleichenden Operation befürwortet werden. Durch die Psychotherapie ist es dann möglich, im Rahmen von zwei Gutachten, die bestätigen, dass die Person transsexuell ist, eine Namens- und/oder Personenstandsänderung eintragen zu lassen.

    Ferner ist für eine Kostenübernahme auch die somatisch ärztliche Indikation durch zum Beispiel den behandelnden Chirurgen notwendig.

    Hilfreich, aber nicht zwingend, ist außerdem eine gegengeschlechtliche Hormontherapie, welche über mindestens sechs Monate stattfinden sollte. Bei der Kostenübernahme für eine Brustvergrößerung bei Transfrauen hingegen ist eine nachgewiesene Hormontherapie über 24 Monate Voraussetzung, sofern keine Kontraindikationen für die Hormontherapie bestehen.

  • Was kosten die Eingriffe?

    Die Kosten unterscheiden sich, je nachdem, ob sich die Person äußerlich von Frau zu Mann oder Mann zu Frau umwandeln lassen möchte. Zudem variiert jeder OP-Schritt nach Aufwand und Material. Die Preisspanne pro Operation liegt zwischen 4000 Euro und 20 000 Euro. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die geschlechtliche Anpassung von Frau zu Mann auf Grund der Anzahl der Eingriffe etwa 60 000 Euro kostet. Männer, die ihren Körper weiblich gestalten lassen wollen, zahlen etwa 30 000 Euro.

  • Wer bezahlt das?

    Sowohl gesetzliche als auch private Krankenversicherer sind per Gesetz verpflichtet, für alle notwendigen Maßnahmen der Behandlung die Kosten zu übernehmen. Dafür müssen diverse therapeutische und ärztliche Nachweise vorliegen. Es braucht beispielsweise ein psychologisches Gutachten, Verlaufsberichte von Endokrinologen, ein Schreiben des behandelnden Chirurgen.

    Wichtig zu wissen: Für operative Veränderungen im Gesicht gilt eine Einzelfallentscheidung. Krankenkassen zahlen die Korrektur etwa von prominenten Stirnknochen oder Adamsapfel nur manchmal.

  • Wo findet man einen geeigneten Chirurgen?

    Erste Tipps bekommt man in Internetforen. Doch Vorsicht: Dort können sich Laien und Experten mischen, Informationen sind nicht zwingend geprüft und gesichert. Am besten informieren sich Betroffene vorab, ob es sich um ein patientengeführtes Forum oder das einer offiziellen Beratungsstelle handelt.

    In Deutschland gibt es erfahrene Ärztinnen und Ärzte vor allem an Kliniken für Plastische und Ästhetische Chirurgie oder für Urologie bzw. Gynäkologie. Die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGPRÄC) informiert beispielsweise, wie man einen geeigneten Chirurgen findet. Auch kann es lohnen, gezielt bei Transgenderzentren anzufragen.

  • Wie lange dauert der Prozess?

    Das ist individuell. In weniger als einem Jahr einen Psychologen aufzusuchen, um mit einer Personenstandsänderung zu enden, ist nicht möglich. Man sollte eher von zwei bis drei Jahren ausgehen, es kann aber auch deutlich länger dauern. Bei gesetzlich versicherten Betroffenen erwartet der Medizinische Dienst der Krankenversicherer (MdK) einen Zeitraum von 18 Monaten Psychotherapie, bevor er der Kostenübernahme für die geschlechtsangleichende Operation zustimmt. Je nach Umwandlung vergehen vom ersten Eingriff bis zur letzten Heilung oftmals wiederum mehrere Jahre.

Zur besseren Lesbarkeit hat die Redaktion das Interview in Abstimmung mit dem Gesprächspartner angepasst.

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