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Raumfahrt: Wende in der Weltraumforschung?

Internationale Raumstation
Das wichtigste Gremium der Europäischen Weltraumbehörde, der Esa-Ministerrat, trifft sich in mehrjährigem Turnus, um die Eckpfeiler der europäischen Raumfahrtpolitik zu beschließen. Diesmal fand das Ministertreffen im Berliner Außenministerium statt. Siebzehn Esa-Mitgliedsstaaten und – als assoziiertes Mitglied – Kanada hatten ihre Vertreter geschickt. Für die deutsche Seite am Verhandlungstisch: der im Kabinett für Raumfahrt zuständige Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) – bislang in Weltraum-Belangen eher unauffällig. Es ging um die Internationale Raumstation ISS, den Mars und die Esa-Weltraumforschung.

Bei der ISS bleibt zunächst alles wie gehabt – nämlich in der Schwebe. Deutschland konnte sich mit seiner Position durchsetzen, die finanzielle Förderung des in den USA ungeliebten Projektes beizubehalten. Damit, so heißt es aus der deutschen Delegation, solle vor allem ein politisches Signal über den Atlantik gesandt werden: dass Europa wie vereinbart die Weltraumstation für Forschungszwecke nutzen wolle. Das betrifft vor allem die Zukunft des Esa-Forschungsmoduls Columbus, das zur Zeit immer noch auf Starterlaubnis wartet. Ohne einen Shuttle-Transport hat es allerdings keine Chance, je an die ISS anzudocken. Anfang des Jahres erwartet man ein definitives Signal der Nasa, ob es dazu noch kommt. Die Zeit wird langsam knapp, denn spätestens 2010 soll der letzte Spaceshuttle abheben.

Klarer ist die Lage bei ExoMars. Die erste Mission im Aurora-Programm der Esa ist trotz der Beagle-Pleite offenbar sehr populär. Für den Exobiologie-Rover zum Roten Planeten, mit dem auch geologisches Forschungsgerät fliegen soll, kam mehr Geld zusammen, als voraussichtlich nötig sein wird. Deutschland, bisher eher ein Aurora-Skeptiker, ist damit auf eine neue Linie eingeschwenkt: Es beteiligt sich mit insgesamt 86 Millionen Euro. ExoMars soll 2011 an den Start.

Positives gibt es auch vom Esa-Wissenschaftsprogramm zu vermelden. Die europäische Weltraumforschung, die seit zehn Jahren ohne Inflationsausgleich darbte, also real Jahr für Jahr weniger Finanzmittel zur Verfügung hatte, wird in den kommenden Jahren mit jährlichen Steigerungen von 2,5 Prozent bedacht. Die deutsche Delegation wäre auch schon mit 1,5 Prozent zufrieden gewesen, am Ende schlossen sich die Minister jedoch der weiter reichenden Initiative von Esa-Chef Jean-Jacques Dordain an.

"Das sind gute Nachrichten, für uns bedeutet das eine gewisse Planungssicherheit", kommentiert Günther Hasinger, Direktor am Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik bei München. Hasinger hatte Anfang des Jahres mit einem "Brandbrief" die Talfahrt der Förderung der Weltraumforschung in Deutschland kritisiert. "Nach der Wende auf europäischer Ebene muss nun auch im deutschen Weltraumprogramm der jahrelange Negativtrend umgekehrt werden", so der Astrophysiker.

Ein Inflationsausgleich dürfte da aber kaum reichen. Laut Hasinger schmolz seit 1990 das nationale Programm auf nur noch ein Viertel des deutschen Anteils am Wissenschaftsprogramm der Esa zusammen. Ob Raumfahrt-Novize Glos sich auch im deutschen Etat für eine Trendwende hin zur Weltraumforschung stark machen wird, werden die kommenden Monate zeigen.

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