Thermotaxis: Wohlduftende Wärme
Jimi Hendrix komponierte mit Buntstiften: Er hielt Melodien und Akkorde mit Farben fest, die er beim Hören der Töne wahrnahm. Gibt es solche Synästhetiker mit gekoppelten Wahrnehmungen auch im Tierreich? Ein Fadenwurm verknüpft tatsächlich zwei Sinnesreize: Geruch und Temperatur.
Caenorhabditis elegans ist ein Gewohnheitstier. Wenn sich der Nematode einmal auf eine bestimmte Umgebungstemperatur eingestellt hat, möchte er diese nicht mehr missen. In einer Kulturschale mit Temperaturgefälle erinnert er sich an die lauschigen 20 Grad Celsius, bei denen er sich zuvor aufhalten durfte, und sucht sich die entsprechend temperierte Stelle. Aber woher weiß der Wurm, wann er die richtige "Klimazone" erreicht hat?
Bei der Fahndung nach Faktoren, die den Wurm seine Lieblingstemperatur aufspüren lassen, stießen Forscher um Ikue Mori von der Universität Nogoya in Japan auf das Gen eat-16: Schalteten sie diesen Erbfaktor aus, wanderten die Tiere in Bereiche, die einige Grad kühler waren als die Temperatur, bei der die Wissenschaftler sie zuvor gehalten hatten. Bekannt war bereits, dass das zugehörige Protein EAT-16 die Weiterleitung äußerer Reize über die Zellmembran hinweg ins Zellinnere hemmt. Fehlt es, dann reagiert die Zelle übermäßig stark auf einen solchen Reiz.
Aber was hat diese Riechzelle mit dem Temperatursinn zu tun? Um dies herauszufinden, setzten Mori und ihre Kollegen die Würmer verschiedenen Temperaturen aus und maßen die Aktivität des AWC-Neurons. Dabei zeigte sich, dass die Nervenzelle deutlich auf Veränderung der Umgebungstemperatur reagierte: Erhöhten die Forscher die Temperatur, regte dies AWC an.
Die Verschaltung zwischen den Neuronen des Fadenwurms erwies sich als kompliziertes Netzwerk aus anregenden und hemmenden Synapsen: AWC blockiert die nachfolgende Nervenzelle AIY. Diese gibt wiederum im angeregten Zustand das Startsignal für den Aufbruch in wärmere Gefilde. Fehlt der hemmende Einfluss von EAT-16, dann legt demnach das überreagierende AWC-Neuron die nachgeschaltete AIY-Nervenzelle lahm. Dadurch überschätzt C. elegans die ihn umgebende Temperatur. Ohne Signale von AIY führt die Vernetzung weiterer Neurone dazu, dass der Wurm sich in Richtung kälterer Ecken bewegt.
Erweist sich das Würmchen damit als Synästhetiker? Einige Menschen können tatsächlich unterschiedliche Sinne miteinander koppeln, und diese synästhetischen Wahrnehmungen finden in einem Bereich des Gehirns statt, der allen Wirbeltieren gemeinsam ist. Damit dürfte dieses Phänomen nicht auf den Menschen beschränkt sein. Ob das Temperaturriechen der wirbellosen Fadenwürmer mit ihrem verhältnismäßig einfach gestrickten Nervensystem damit in Verbindung gebracht werden darf, sei dahingestellt. Überraschend bleibt, dass zwei so völlig unterschiedliche Reize wie Geruch und Temperatur den gleichen neuronalen Schaltkreis ansprechen.
Bei der Fahndung nach Faktoren, die den Wurm seine Lieblingstemperatur aufspüren lassen, stießen Forscher um Ikue Mori von der Universität Nogoya in Japan auf das Gen eat-16: Schalteten sie diesen Erbfaktor aus, wanderten die Tiere in Bereiche, die einige Grad kühler waren als die Temperatur, bei der die Wissenschaftler sie zuvor gehalten hatten. Bekannt war bereits, dass das zugehörige Protein EAT-16 die Weiterleitung äußerer Reize über die Zellmembran hinweg ins Zellinnere hemmt. Fehlt es, dann reagiert die Zelle übermäßig stark auf einen solchen Reiz.
Als die Wissenschaftler die Funktion von EAT-16 genauer untersuchten, entdeckten sie, dass das Protein in einer Nervenzelle namens AWC wirkt. Dieses Neuron war den Forschern wohl vertraut, allerdings in einem ganz anderen Zusammenhang: AWC arbeitet als Geruchssensor.
Aber was hat diese Riechzelle mit dem Temperatursinn zu tun? Um dies herauszufinden, setzten Mori und ihre Kollegen die Würmer verschiedenen Temperaturen aus und maßen die Aktivität des AWC-Neurons. Dabei zeigte sich, dass die Nervenzelle deutlich auf Veränderung der Umgebungstemperatur reagierte: Erhöhten die Forscher die Temperatur, regte dies AWC an.
Die Verschaltung zwischen den Neuronen des Fadenwurms erwies sich als kompliziertes Netzwerk aus anregenden und hemmenden Synapsen: AWC blockiert die nachfolgende Nervenzelle AIY. Diese gibt wiederum im angeregten Zustand das Startsignal für den Aufbruch in wärmere Gefilde. Fehlt der hemmende Einfluss von EAT-16, dann legt demnach das überreagierende AWC-Neuron die nachgeschaltete AIY-Nervenzelle lahm. Dadurch überschätzt C. elegans die ihn umgebende Temperatur. Ohne Signale von AIY führt die Vernetzung weiterer Neurone dazu, dass der Wurm sich in Richtung kälterer Ecken bewegt.
Erweist sich das Würmchen damit als Synästhetiker? Einige Menschen können tatsächlich unterschiedliche Sinne miteinander koppeln, und diese synästhetischen Wahrnehmungen finden in einem Bereich des Gehirns statt, der allen Wirbeltieren gemeinsam ist. Damit dürfte dieses Phänomen nicht auf den Menschen beschränkt sein. Ob das Temperaturriechen der wirbellosen Fadenwürmer mit ihrem verhältnismäßig einfach gestrickten Nervensystem damit in Verbindung gebracht werden darf, sei dahingestellt. Überraschend bleibt, dass zwei so völlig unterschiedliche Reize wie Geruch und Temperatur den gleichen neuronalen Schaltkreis ansprechen.
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