Legasthenie: Zugriff verweigert
Schätzungen zufolge leidet etwa jeder Zehnte unter Legasthenie, der Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS). Betroffene haben Schwierigkeiten, Sprachlaute in die entsprechenden Schriftzeichen zu übertragen und umgekehrt. Doch was sind die neuronalen Ursachen? Laut Bart Boets und seinem Team von der Universität in Leuven sind die Neurone der Hörrinde zwar voll funktionstüchtig, die Laute werden jedoch schlechter weiterverarbeitet.
Die Wissenschaftler ließen 23 Erwachsene mit diagnostizierter Legasthenie und 22 Nichtbetroffene im Magnetresonanztomografen (MRT) zwischen verschiedenen Vokalen und Konsonanten unterscheiden. Jeder Sprachlaut löste ein charakteristisches Erregungsmuster in der Hörrinde im Schläfenlappen des Gehirns aus – auch bei den Legasthenikern. Die dortigen Neurone speicherten die Sprachlaute also offenbar korrekt ab.
Mit Hilfe der Diffusions-Tensor-Bildgebung und einer Technik, mit der man untersucht, ob zwei Hirnregionen zur gleichen Zeit aktiv sind, stellten Boets und sein Kollegen dann jedoch fest, dass die Hörrinde bei den Probanden mit LRS schwächer mit der unteren Stirnwindung verbunden ist. Dort ist das Broca-Areal angesiedelt, welches Laute bildet und analysiert. Legastheniker scheinen also trotz normal arbeitender Hörrinde Schwierigkeiten zu haben, auf die dort repräsentierten Sprachlaute zuzugreifen. Dies könnte, so vermuten die Forscher, den Problemen beim Lesen oder Schreiben zugrunde liegen.
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