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»Mache die Welt«: Nächster Halt: Moderne

Richard David Precht befasst sich im vierten Band seiner Geschichte der Philosophie mit der Moderne. Das Werk hat seine Vorzüge, liefert aber kaum neue Erkenntnisse.
Illustration eines Kopfes mit Ästen als Nervenzellen

Der Name Richard David Precht dürfte Lesern, die sich für Philosophie interessieren, geläufig sein. Der Schriftsteller wird immer wieder als einer der »bedeutendsten deutschen Intellektuellen« bezeichnet. Es gibt kaum gesellschaftliche Themen, zu denen sich der Bestsellerautor nicht zu Wort meldet, etwa zur Zukunft der Wirtschaft, dem Bildungssystem oder geopolitischen Entwicklungen. Er kommentiert aktuelle Themen in Kolumnen, Podcasts oder – wie im Fall seines letzten größeren Werks »Freiheit für alle« – Büchern. Im Jahr 2015 legte der Philosoph den ersten Band einer Reihe vor, die sich mit der Geschichte der Philosophie beschäftigt. Inzwischen ist er beim vierten Band angekommen. Nach Antike, Mittelalter, Renaissance, Idealismus und dem 19. Jahrhundert befasst sich Precht nun mit der Moderne.

»Mache die Welt« ist nach einer Einleitung, die unter anderem Picassos Gemälde »Les Demoiselles d’Avignon« betrachtet, in zehn Kapitel unterteilt, die grob verschiedenen Topoi und Strömungen der Philosophie der Moderne zugeordnet sind. Die Frage, warum sich der Autor trotz der Fülle verfügbarer Philosophiegeschichten dieses Projekt vorgenommen hat, wird nicht wirklich geklärt. Der Blick ins Inhaltsverzeichnis lässt den Leser ebenfalls etwas ratlos zurück, denn die Kapitelüberschriften bleiben undurchsichtig – abgesehen von wenigen Ausnahmen wie »Zu den Sachen selbst!«, was sich offensichtlich auf die Phänomenologie bezieht. Als Nachschlagewerk eignet sich das Buch also schon mal nicht. Akademischen Anspruch im Sinne neuer Erkenntnisse hat der populärwissenschaftliche Abriss der Philosophiegeschichte auch nicht. Der zwar gefällige, streckenweise gar dahinplätschernde Stil und der narrative Duktus lassen darauf schließen, dass das Werk eher der Unterhaltung dienen soll. Das heißt nicht, dass es zu wenige oder falsche Informationen enthält. Im Gegenteil: Es ist sehr informativ und überzeugt vor allem bei der Darstellung von Zusammenhängen, die ein gutes Grundverständnis der Philosophie der Moderne ermöglichen. Besonders die Abschnitte, die den Blick auf die angrenzenden Wissenschaften wie die im 20. Jahrhundert aufkommende Soziologie ausweiten, sind sehr aufschlussreich. Die Betrachtung einzelner Personen, die wissenschaftliche Paradigmenwechsel auslösten und so auch die Philosophie prägten – etwa verschiedene Physiker des frühen 20. Jahrhunderts –, ist nachvollziehbar und nicht in jeder Philosophiegeschichte so präsent.

Unterhaltsam, aber nur stellenweise erhellend

Das neben dem unklaren Aufbau größte Problem des Werks ist die Auswahl der vorgestellten Persönlichkeiten – zugegebenermaßen eines, vor dem jede Darstellung dieser schwer zu definierenden Epoche steht. Wenn auch nicht viele Autoren so weit gehen wie der französische Soziologe Bruno Latour (1947–2022), der in seinem Buch »Wir sind nie modern gewesen« die Moderne als Epochenbezeichnung vollständig ablehnt, so ist der Begriff doch stark umkämpft. Diese Epoche allerdings mit Wittgensteins Sprachspielen in den späten 1920er Jahren enden zu lassen, ist zumindest gewagt, besteht doch in der Regel Einigkeit darüber, dass der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ihren Abschluss markiert.

Das unterhaltsame Werk, das sprachlich wie von Precht zu erwarten sehr zugänglich und gewandt ist, kann philosophisch interessierten Menschen durchaus empfohlen werden. Leser, die akademisch selbst aus der Philosophie und angrenzenden Disziplinen kommen, werden allerdings wenig Neues und kaum originelle Zusammenhänge darin finden. Zu guter Letzt konnte die Frage nach dem Grund für diese Reihe nicht wirklich geklärt werden; vielleicht liegt er ja darin, dass geneigte Leser nun die Möglichkeit haben, die Geschichte der Philosophie durch die Augen eines der »bedeutendsten deutschen Intellektuellen« zu erleben.

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