Lexikon der Biologie: Ionenkanäle
Ionenkanäle, Kanäle, Kanalproteine, Tunnelproteine, transmembranäre Proteine (Membranproteine), welche eine ringförmige Kanalpore durch die Zell-Membran bilden, die vorübergehend geöffnet werden kann. Man stellt sich vor, daß hierbei eine Ladungsverschiebung in der Kanalpore eine Konformationsänderung der kanalbildenden Proteine bewirkt. Bei Öffnung des Kanals können Ionen entlang ihres spezifischen Konzentrations-Gradienten entweder vom Extrazellularraum in das Cytosol oder in die Gegenrichtung fließen (für die physiologisch relevanten Ionen Na+ [Natrium], K+ [Kalium], Ca2+ [Calcium] und Cl– [Chlor] bestehen Konzentrationsgradienten zwischen Intra- und Extrazellularraum, die u.a. durch Membranpumpen wie die Natrium-Kalium-Pumpe aufrechterhalten werden). Der Transport wird daher als passiv (passiver Transport, Membrantransport) bezeichnet (im Gegensatz zum aktiven Transport mittels Ionenpumpen, bei denen die Ionen unter Energieverbrauch transportiert werden). Selektive Ionenkanäle lassen nur Ionen einer bestimmten Sorte passieren, da sie einen sog. Selektivitätsfilter besitzen. Hierbei handelt es sich um eine Engstelle im Kanal. Geladene Aminosäurereste der Poreninnenwand sowie der Atomradius und die elektrische Ladung des Ions sind Determinanten der Selektivität. – Die Einteilung der Ionenkanäle erfolgt deskriptiv. Sie werden nach der Ionenspezies benannt, für die sie permeabel sind. Man unterscheidet spannungsgesteuerte, Liganden-gesteuerte und second messenger-gesteuerte Ionenkanäle ( ä vgl. Infobox 1 ). Den spannungsgesteuerten Ionenkanälen (z.B. spannungsabhängige Natriumkanäle, Kaliumkanäle und Calciumkanäle) kommt in erregbaren Zellen (Erregbarkeit) eine entscheidende physiologische Funktion zu. Sie sind dadurch charakterisiert, daß eine Veränderung im elektrischen Feld der Zellmembran zu ihrem Öffnen führt. Liganden-gesteuerte Ionenkanäle werden auch Klasse-I-Rezeptoren genannt (z.B. nicotinische Acetylcholinrezeptor-Kanäle, Glutamatrezeptorkanäle, Serotoninrezeptor-Kanäle, Adenosin-5'-triphosphat-Rezeptorkanäle, GABA-Rezeptor-Kanäle [GABAARK und GABACRK] und Glycinrezeptor-Kanäle) und spielen vor allem bei der schnellen synaptischen Übertragung (Synapse) eine Rolle. Sie sind dadurch charakterisiert, daß das Binden von Neurotransmittern oder deren Analoga zu ihrem Öffnen führt. Hier sind die Transmitterbindungsstelle und die Transmembranpore in einem Makromolekül zusammengefaßt. In dieser Gruppe sind insbesondere unspezifische Kationenkanäle und Chloridkanäle von Bedeutung. Sog. second messenger-gesteuerte Ionenkanäle werden nach Aktivierung eines (räumlich getrennten) Rezeptors (Klasse-II-Rezeptoren) und der nachgeschalteten second messenger-Kaskade (sekundäre Boten) von der intrazellulären Seite her aktiviert. Sie treten vor allem bei der langsamen synaptischen Übertragung, bei Hormonrezeptoren und Cytokin-Rezeptoren auf. Jeder Ionenkanaltyp besitzt einen oder mehrere charakteristische Leitfähigkeitszustände, die durch die patch-clamp-Methode in Einzelkanalableitungen bestimmt werden können. Grundsätzlich kann sich ein Kanal in einem offenen (open state), inaktivierten (inactivated state) oder geschlossenen (closed state) Zustand befinden. Die Öffnung eines Kanals unterliegt einem für jedes Erregungsmuster charakteristischen, stochastischen Prozeß. – Ionenkanäle sind von essentieller Bedeutung bei der Aktivierung erregbarer Zellen wie Nervenzellen, Muskel- (Muskeln) und sekretorischen Zellen ( ä vgl. Infobox 2 ). Sie kommen aber auch in nicht-erregbaren Zellen wie Astrocyten, Oligodendrocyten, Lymphocyten und Makrophagen vor. Ionenkanäle sind wesentlich für synaptische Übertragung, Hormon- und Cytokinwirkungen (Hormone, Cytokine) sowie sekretorische und zellhomöostatische Prozesse. Es sind auch pH- und mechanosensitive Ionenkanäle (mechanosensitive Kanäle) beschrieben worden. In jüngster Zeit wurden viele Punktmutationen in Ionenkanälen als pathophysiologische Ursache bei Erbkrankheiten wie z.B. der Mucoviscidose und bei spezifischen Formen der Epilepsie und Taubheit ausfindig gemacht. adrenerge Rezeptoren (Abb.), Ionentransport.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.