Lexikon der Biologie: sekundäre Boten
sekundäre Boten [von ä *sekundär- ], sekundäre Botenmoleküle, sekundäre Messenger, second messenger, zelluläre Boten, niedermolekulare chemische Verbindungen oder Ionen, die als Folge extrazellulärer Signale (z.B. eines Hormons oder Neurotransmitters als primärem Boten) in der Zelle gebildet bzw. aus einem inaktiven Pool freigesetzt werden. Durch die von ihnen ausgelösten Folgereaktionen greifen sie regulierend und modulierend in das Zellgeschehen ein. Sie vermitteln ein Signal, ohne direkt an der Endwirkung beteiligt zu sein. Im allgemeinen setzen sekundäre Boten einen Verstärkungsmechanismus (Kaskadenmechanismus) in Gang und bewirken weitere Enzymaktivitäten, bei denen Proteinkinasen, die Proteine an bestimmten Aminosäureresten phosphorylieren (Phosphorylierung) können, und entsprechende Phosphatasen eine wesentliche Rolle spielen, aber auch die Freisetzung von Calcium-Ionen (selbst ein sekundärer Bote) oder – über eine Wirkung an der DNA – die Synthese weiterer Substanzen, die bestimmte physiologische Wirkungen in der Zelle besitzen. Solche Wirkungen können mannigfaltig sein und umfassen Wachstumsvorgänge (Wachstum), Zellteilung (Cytokinese), Freisetzung von Neurotransmittern, Zelltod, Differenzierungsprozesse (Differenzierung). Neben reversiblen Veränderungen im Phosphorylierungsgrad regulatorischer Enzyme beobachtet man auch allosterische Effekte (Allosterie). Sekundäre Boten können zwar durch unterschiedliche extrazelluläre Reize aktiviert werden, regulieren aber häufig die gleichen Enzyme und Stoffwechselwege. Zudem kann ein sekundärer Bote die Aktivierung/Inaktivierung eines anderen sekundären Boten beeinflussen. Die wichtigsten heute bekannten sekundären Boten sind: cAMP, cGMP, Ca2+-Ionen, Inositoltriphosphat (IP3), Diacylglycerol und neuerdings auch Ceramide. – Ein klassischer Weg der Signaltransduktion führt über die Bindung eines Transmitters an ein Rezeptorprotein zur Interaktion mit G-Proteinen in der Zell-Membran. Je nach Rezeptortyp (Rezeptoren) können diese G-Proteine eine stimulierende oder inhibierende Wirkung aufweisen. Durch diese Interaktion wird ein Enzym aktiviert, das schließlich den sekundären Boten bildet. Beispiele dafür sind die Bildung von cAMP oder cGMP. cAMP (cyclo-AMP, zyklisches Adenosinmonophosphat) wird durch die Adenylat-Cyclase an der Plasmamembran aus ATP (Adenosintriphosphat) gebildet und kann durch die cAMP-Phosphodiesterase (Nucleasen) wieder zu AMP abgebaut werden. Durch eine reversible Bindung an die cAMP-abhängige Proteinkinase wird diese aktiviert und kann dann zahlreiche Proteine phosphorylieren und so deren Aktivität modulieren (Glykogen [Abb.], Hormone ). Ähnlich wie cAMP wirkt cGMP (cyclo-GMP, zyklisches Guanosinmonophosphat). Ca2+-Ionen (Calcium) liegen im Cytoplasma (Säugerzelle) in sehr geringer Konzentration (
0,1 μmol/l), im extrazellulären Raum jedoch in viel höheren Konzentrationen (1 mmol/l) vor (Elektrolyte [Abb.]). Durch extrazelluläre Signale kann der Ca2+-Spiegel im Cytoplasma stark ansteigen – bei elektrisch erregbaren Zellen (Erregbarkeit) durch Ca2+-Kanäle (Calciumkanäle) in der Plasmamembran von außen, bei anderen Zellen durch Ca2+-Freisetzung aus dem endoplasmatischen Reticulum (ER). Durch entsprechende Ca2+-Pumpen (Ca2+-ATPasen; Adenosintriphosphatasen) in der Plasmamembran oder im ER wird die niedrige Konzentration im Cytoplasma wieder hergestellt. Ca2+-Ionen wirken meist nicht direkt, sondern in Verbindung mit dem Ca2+-bindenden Protein Calmodulin auf das Zellgeschehen. Durch die Bindung von Ca2+-Ionen wird Calmodulin in seiner Konformation so verändert, daß es an verschiedene Proteine (Proteinkinasen und Proteinphosphatasen) binden und damit deren Aktivität regulieren kann (Muskelkontraktion [Bildtafel II]). Inositol-1,4,5-triphosphat (IP3) und das Diacylglycerol (DAG) sind Beispiele für sekundäre Boten, die ohne die Vermittlung von G-Proteinen entstehen. Inositoltriphosphat (IP3) undDiacylglycerol entstehen durch Hydrolyse (Phospholipase C) von Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat in der Plasmamembran. Die verantwortliche Phospholipase selbst wird durch verschiedene Hormone stimuliert. Inositoltriphosphat bewirkt die Freisetzung von Ca2+-Ionen aus dem ER; das ebenfalls freigesetzte Diacylglycerol aktiviert die sog. Proteinkinase C. Als sekundäre Boten in verschiedenen Signaltransduktionswegen fungieren auch die Ceramide, z.B. im Weg des TNF-Rezeptors (Tumor-Nekrosis-Faktor) und des Fas/APO-1 Rezeptors (Fas) bei der Apoptose. Genregulation (Farbtafel), Hormone (Abb.), Phosphatidylinositol-Metabolismu2}, second messenger-gesteuerte Ionenkanäle, Sutherland (E.W.), Synapsen.
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