Lexikon der Biologie: Calmodulin
Calmodulins, in tierischen und pflanzlichen Zellen ( vgl. Tab. ) weitverbreitetes, Ca2+-bindendes Protein (Calcium), auf dessen Wirkung die Ca2+-abhängige Regulation einer Reihe von Enzymen und Zellprozessen beruht. Calmodulin setzt sich aus 148 Aminosäuren zusammen (relative Molekülmasse ca. 17 000) und besitzt 4 hochaffine (Dissoziationskonstante 10–6 M; Dissoziation) Bindungsstellen für Ca2+. Das Molekül ist 6,5 nm lang und hantelförmig mit 2 globulären Domänen, die durch eine lange α-Helix (Alpha-Helix) verbunden sind. In den globulären Domänen befinden sich je 2 Ca2+-Bindungsstellen in Form eines Helix-Schleife-Helix-Motivs, der sog. EF-Hand. Die beiden EF-Hand-Strukturen liegen 1,1 nm auseinander, stehen aber durch Wasserstoffbrücken ausbildende, antiparallele β-Faltblattmotive (Beta-Faltblatt) in Verbindung. Da die molekulare Zusammensetzung und Struktur von tierischem und pflanzlichem Calmodulin weitgehend übereinstimmt, handelt es sich wohl um ein entwicklungsgeschichtlich altes Molekül. Es zeigt zudem auf Aminosäureebene 70% Sequenzhomologie zu Troponin C, dem Ca2+-bindenden Protein, das am Kontraktionsmechanismus der quergestreiften Muskulatur (Muskelkontraktion) beteiligt ist. Steigt der Ca2+-Spiegel im Cytoplasma auf über 500 nM (normal bei 100 nM), bindet Ca2+ an Calmodulin; bei mindestens 3 gebundenen Ca2+-Ionen ist Calmodulin aktiv. Die Bindung von Ca2+ an Calmodulin ist äußerst spezifisch und wird über 7 Koordinationsstellen vermittelt – genauer über Sauerstoffatome von Seitenketten beteiligter Aminosäuren (von 3 Aspartat- und 2 Glutamatresten), über einen Carbonylsauerstoff einer Peptidbindung der Hauptkette sowie über einen Sauerstoff eines gebundenen Wassermoleküls. Diese vernetzende Bindung verursacht eine Konformationsänderung (Konformation) des Moleküls, wodurch hydrophobe Bereiche exponiert werden, die reich an Methionin und von negativ geladenen Regionen flankiert sind. Substratproteine von Calmodulin zeigen eine Consensus-Sequenz, die positiv geladene und amphipathische α-helikale Strukturen bildet und eine sehr feste Bindung – mit Dissoziationskonstanten von 10–100 nM oder weniger – vermittelt. Dieses Zielgebiet ist in der Lage, mit beiden globulären Domänen des Calmodulins zu interagieren, so daß es von den Domänen umschlossen wird. Voraussetzung dafür ist die Flexibilität der α-Helix, die die globulären Domänen verbindet. Die über Ca2+ vermittelte regulatorische Funktion des Calmodulins – meist die Verdrängung autoinaktivierender Domänen aus dem aktiven Zentrum von Enzymen – wurde erstmals (1971) für die cAMP-abhängige Phosphodiesterase (Nucleasen) nachgewiesen. Später stellte sich heraus, daß die molekularen Vorgänge der Calmodulin-Wirkung für die meisten Enzyme gleich sind. Die durch Ca2+ ausgelösten Regulationen zellulärer Prozesse ( vgl. Tab. ) betreffen insbesondere die Proteinkinasen; prominentestes Beispiel ist die CaM-Kinase II (Calmodulin-abhängige Proteinkinasen), die eine Vielzahl verschiedener Proteine phosphoryliert und somit Einfluß auf den Energiestoffwechsel, die Ionenpermeabilität sowie die Freisetzung von Neurotransmittern hat. Bei der im Rahmen der intrazellulären Nachrichtenübermittlung bedeutsamen Phosphorylase-Kinase, einem aus mehreren Oligopeptiden zusammengesetzten Enzymmolekül, bildet Calmodulin die δ-Untereinheit, die im Unterschied zu anderen Calmodulin-abhängigen Enzymen auch bei Abwesenheit von Ca2+ Bestandteil des Enzyms bleibt. Phosphorylase-Kinase spielt eine Schlüsselrolle bei der durch die intrazellulären "second messenger" cAMP ( vgl. Abb. und Kleindruck) und Ca2+ (sekundäre Boten) koordinierten Regulation des Glykogen-Metabolismus (Glykogen). Hierbei kommt es zu einer doppelten Kontrolle des Auf- und Abbaus von Glykogen und zu einer Verknüpfung der Wirkungsweisen der beiden "second messenger" cAMP und Ca2+, indem Enzyme (Glykogen-Synthase, Glykogen-Phosphorylase) sowohl durch cAMP-abhängige wie auch durch Ca2+-Calmodulin-abhängige Proteinkinasen phosphoryliert und damit in ihrer katalytischen Aktivität beeinflußt werden können. Weitere Beispiele für die Beteiligung von Calmodulin an der interzellulären Kommunikation (Zellkommunikation) findet man beim Prostaglandin-Metabolismus (dort katalysiert die Calmodulin-abhängige Phospholipase A2 die Deacylierung von Phosphoglyceriden zu Arachidonsäure, einer Vorstufe der Prostaglandine) und bei der Regulation der freien cytoplasmatischen Ca2+-Konzentration. Calciumbindendes Protein, Chromosomenkarte ( Chromosomenkarte I
Chromosomenkarte II
Chromosomenkarte III
Chromosomenkarte IV
).
G.St./M.B.
Lit.:Bachs, O., Agell, N.: Calcium and Calmodulin Function in the Cell Nucleus. Berlin 1995.
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