Lexikon der Biologie: Sinnesorgane
Sinnesorgane, 1) Zoologie: Rezeptionsorgane, Organa sensuum, zur Aufnahme von Informationen aus der Umwelt dienende Strukturen bei Organismen, die sich aus Rezeptor bzw. Sinneszelle und Hilfszellen oder -organellen zusammensetzen können. Die Sinneszelle hat häufig als Rezeptorteil (Dendrit) eine modifizierte Cilie, deren Membran bei Photorezeptoren stark vergrößert ist (ciliäre Photorezeptorzellen), oder lediglich Mikrovillisäume (rhabdomere Photorezeptorzellen). Im einfachsten Fall bestehen die Sinnesorgane aus nur einer Sinneszelle. Im allgemeinen sind die Sinneszellen aber mit zum Teil sehr komplexen Hilfseinrichtungen zur Aufnahme oder Filterung von Reizen (z.B. Gehörknöchelchen, dioptrischer Apparat) zu komplizierten Sinnesorganen vereinigt. Sinnesorgane im eigentlichen Sinne, wie Auge (Linsenauge, Komplexauge), Gehörorgan (Ohr) usw., sind durch Spezialisierung auf adäquate Reize (Modalität) charakterisiert, d.h., aus der Flut der Umwelteinflüsse werden ganz bestimmte Reize ausgewählt und der Sinneszelle zugeführt. – Die Leistungsfähigkeit von Sinnessystemen kann durch die Konzentration von Sinneszellen in Sinnesorganen gesteigert werden. An der phylogenetischen Entwicklung der Augen aus einzelnen Lichtsinneszellen (Photorezeptoren, Lichtsinnesorgane) können diese Prinzipien gut dargestellt werden: Die Leistungsfähigkeit (z.B. Empfindlichkeit [Augenempfindlichkeit], Farbensehen beim Auge) wird durch die Verschaltung vieler Sinneszellen mit zum Teil unterschiedlichen Eigenschaften erhöht ( vgl. Infobox 1 ). Auch Formwahrnehmung (Formensehen) und Ortsauflösung (Auflösungsvermögen) werden erst durch ein flächiges Sinnesepithel und die Verrechnung der Sinneseingänge möglich. Hilfsstrukturen können für viele Sinneszellen gemeinsam genutzt werden. Sie dienen einer verbesserten Leistung (z.B. Augenlinse) oder dem Schutz (Augen-Lid). Sinnesorgane sind häufig an geeigneten Stellen konzentriert (z.B. Kopf, Fingerbeere). – Durch den speziellen Aufbau des jeweiligen Sinnesorgans wird der Reiz oft physikalisch umgeformt und in einen für die Sinneszelle „verständlichen“ Reiz übersetzt. So werden z.B. im Ohr die Schallwellen (Schall) in Schwingungen elastischer Membranen übertragen; erst diese können von den Sinneszellen verarbeitet werden. Lediglich überstarke inadäquate Fremdreize können ebenfalls zu einer Sinneswahrnehmung führen, aber nur mit einer dem Sinnesorgan entsprechenden Empfindung ( vgl. Infobox 2 ). So bewirkt ein Schlag auf das Auge – abgesehen von einer Schmerzempfindung (Schmerz) – immer nur eine Lichtwahrnehmung („Sterne sehen“). sensorische Integration, sensorische Systeme, Sinne, Sinnesphysiologie. 2) Botanik, Mykologie: i.w.S. bei Pflanzen bzw. Pilzen besondere Strukturen zur Reizaufnahme (meist Berührungsreize oder Erschütterungsreize sowie Schwerkraftreize [Gravitationsbiologie]; mechanosensitive Kanäle), die im allgemeinen eine Bewegung bewirken, z.B. Fühlborsten bei Mimosen („Sinnpflanze“ Mimosa pudica) und verschiedenen fleischfressenden Pflanzen (u.a. bei Venusfliegenfalle und Wasserschlauch; Erregungsleitung [Tab.], Seismonastie, carnivore Pflanzen ), Fühltüpfel oder Fühlpapillen an Ranken (Rankenbewegungen) und reizbare Staubfäden (Blütenbewegungen), sowie „Lichtsinnesorgane“ (Photorezeption). Neben diesen Reizarten registrieren und „beantworten“ Pflanzen auch Temperatur- und chemische, bisweilen auch elektrische Reize, ohne daß sie Sinnesorgane im eigentlichen Sinne besitzen. Vielfach sind jedoch einzelne Organteile bevorzugt reizbar. Die vorwiegend reizverstärkend wirkenden „Sinnesorgane“ oder „-zellen“ sind im allgemeinen viel einfacher gebaut als die der Tiere. Gravitropismus, Nastie, Taxien, Tropismus.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.