Angemerkt!: Schuss vorn Bug
Jetzt ist das Geschrei wieder groß. Der Forschungsstandort Deutschland gehe den Bach runter, tönt es allenthalben, die hiesige bürokratische Regulierungsflut verjage unsere Besten der Besten, die sich zur Flucht ins Ausland genötigt sähen. Was ist geschehen?
Das Bundespatentgericht hat am Dienstag einen Teil eines umstrittenen Patents für nichtig erklärt. Für seine "Erfindung" mit dem etwas schwerfälligen Namen "Neurale Vorläuferzellen, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten" hatte der Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle am 19. Dezember 1997 Patentschutz erbeten – mit Erfolg: Nach einigen Korrekturen erteilte schließlich das Deutsche Patentamt am 29. April 1999 die Patentschrift DE 197 56 864 C 1.
Christoph Then, Gentechnik- und Patentexperte von der Umweltschutzorganisation Greenpeace, witterte den moralischen Untergang des Abendlandes und zog vor den Kadi – schließlich würden hier menschliche Klone patentiert und das verstoße gegen "die öffentliche Ordnung und die guten Sitten". Brüstle konterte, darum ginge es ihm gar nicht. Schützen lassen wolle er sich nur die von ihm entwickelte Methode, aus embryonalen Stammzellen Nervenzellen zu züchten, um damit neurologische Krankheiten zu heilen.
Embryonale Stammzellen bergen ethischen Sprengstoff, da ihr Spender, ein menschlicher Embryo, dabei unabänderlich zugrunde geht. In Deutschland – wie in vielen anderen Ländern auch – ist die Erzeugung menschlicher embryonaler Stammzellen grundsätzlich verboten; Wissenschaftler dürfen jedoch ausnahmsweise mit Stammzellen forschen, die vor dem 1. Januar 2002 im Ausland erzeugt wurden.
Brüstle gehört zu diesem erlesenen Kreis, doch wozu diente sein Patentantrag? Soll hier wirklich der "Ausverkauf des Lebens" vorbereitet werden, wie Greenpeace mutmaßt? Tatsächlich muss sich Brüstle fragen lassen, woher seine Stammzellen kommen, wenn er hieraus menschliche neurale Vorläuferzellen gewinnen und diese Methode auch kommerziell nutzen will. Das Argument, es gäbe genügend Stammzelllinien, sodass keine Embryonen vernichtet werden müssten, greift zu kurz. Die alten Linien können bekanntermaßen zu Krebs entarten und sind deshalb für die Anwendung beim Menschen ungeeignet. Neue Linien darf Brüstle aber nicht verwenden – sein Patent bliebe damit nutzlos.
Vielleicht hatte der Stammzellforscher ein ganz anderes Ziel im Auge: Erst kürzlich hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft wieder einmal an den ziemlich willkürlich festgelegten Stichtag vom 1. Januar 2002 heftig gerüttelt. Auf Dauer wird er nicht zu halten sein, denn es bleibt schwer vermittelbar, dass zwar die Forschung an alten und damit nutzlosen Stammzellen erlaubt, aber die therapeutische Anwendung mit neuen Zellen – falls sie einst gelingen sollte – verboten bleibt.
Wir stehen vor der schwierigen Entscheidung, ob wir eine Stammzellforschung wollen – ob die viel zitierte "Ethik des Heilens" sie gar gebietet – oder nicht. Wenn ja, dann sollten Stammzellforscher wie Oliver Brüstle tatkräftig in ihrer Arbeit unterstützt werden – eines Patentes bedarf es hierzu allerdings nicht. Aber dass über das Thema erneut gestritten wird, ist vielleicht der eigentliche Sieg Brüstles.
Das Bundespatentgericht hat am Dienstag einen Teil eines umstrittenen Patents für nichtig erklärt. Für seine "Erfindung" mit dem etwas schwerfälligen Namen "Neurale Vorläuferzellen, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten" hatte der Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle am 19. Dezember 1997 Patentschutz erbeten – mit Erfolg: Nach einigen Korrekturen erteilte schließlich das Deutsche Patentamt am 29. April 1999 die Patentschrift DE 197 56 864 C 1.
Christoph Then, Gentechnik- und Patentexperte von der Umweltschutzorganisation Greenpeace, witterte den moralischen Untergang des Abendlandes und zog vor den Kadi – schließlich würden hier menschliche Klone patentiert und das verstoße gegen "die öffentliche Ordnung und die guten Sitten". Brüstle konterte, darum ginge es ihm gar nicht. Schützen lassen wolle er sich nur die von ihm entwickelte Methode, aus embryonalen Stammzellen Nervenzellen zu züchten, um damit neurologische Krankheiten zu heilen.
Richterin Eva-Maria Schermer vom Bundespatentgericht sah das nun anders: Sie bestätigte zwar dem Stammzellforscher, sein Patent verstoße nicht gegen geltendes Recht, wohl aber gegen die Moral. Die Gewinnung von Stammzellen aus menschlichen Embryonen sei nicht patentierbar.
Embryonale Stammzellen bergen ethischen Sprengstoff, da ihr Spender, ein menschlicher Embryo, dabei unabänderlich zugrunde geht. In Deutschland – wie in vielen anderen Ländern auch – ist die Erzeugung menschlicher embryonaler Stammzellen grundsätzlich verboten; Wissenschaftler dürfen jedoch ausnahmsweise mit Stammzellen forschen, die vor dem 1. Januar 2002 im Ausland erzeugt wurden.
Brüstle gehört zu diesem erlesenen Kreis, doch wozu diente sein Patentantrag? Soll hier wirklich der "Ausverkauf des Lebens" vorbereitet werden, wie Greenpeace mutmaßt? Tatsächlich muss sich Brüstle fragen lassen, woher seine Stammzellen kommen, wenn er hieraus menschliche neurale Vorläuferzellen gewinnen und diese Methode auch kommerziell nutzen will. Das Argument, es gäbe genügend Stammzelllinien, sodass keine Embryonen vernichtet werden müssten, greift zu kurz. Die alten Linien können bekanntermaßen zu Krebs entarten und sind deshalb für die Anwendung beim Menschen ungeeignet. Neue Linien darf Brüstle aber nicht verwenden – sein Patent bliebe damit nutzlos.
Vielleicht hatte der Stammzellforscher ein ganz anderes Ziel im Auge: Erst kürzlich hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft wieder einmal an den ziemlich willkürlich festgelegten Stichtag vom 1. Januar 2002 heftig gerüttelt. Auf Dauer wird er nicht zu halten sein, denn es bleibt schwer vermittelbar, dass zwar die Forschung an alten und damit nutzlosen Stammzellen erlaubt, aber die therapeutische Anwendung mit neuen Zellen – falls sie einst gelingen sollte – verboten bleibt.
Wir stehen vor der schwierigen Entscheidung, ob wir eine Stammzellforschung wollen – ob die viel zitierte "Ethik des Heilens" sie gar gebietet – oder nicht. Wenn ja, dann sollten Stammzellforscher wie Oliver Brüstle tatkräftig in ihrer Arbeit unterstützt werden – eines Patentes bedarf es hierzu allerdings nicht. Aber dass über das Thema erneut gestritten wird, ist vielleicht der eigentliche Sieg Brüstles.
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