Lexikon der Astronomie: Kompaktheit
Thema dieses Eintrags ist die Kompaktheit von Massen. Es ist wichtig, dafür ein Kriterium zu haben, um abschätzen zu können, in welchem Fall Rechnungen mit der Newtonschen Gravitationphysik durchgeführt werden können und in welchem Fall besser Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie benutzt werden sollte.
Definition von Kompaktheit
Es ist plausibel, dass Kompaktheit etwas Ähnliches wie Massendichte ist und daher anwächst, wenn eine Masse sich auf ein kleineres Volumen verteilt. Anstelle des Volumens kann man auch vereinfachend die radiale Ausdehnung verwenden, falls das Objekt etwa Kugelform hat. Ein gutes Kriterium zur Bestimmung der Kompaktheit ist daher bei gegebener Masse M und bei deren gegebenem Radius R das dimensionslose Verhältnis von Gravitationsradiusrg (hier steckt die Masse M) und ihr Radius R. Die Berechnung steht als Formel rechts und dazu müssen die beiden fundamentalen Naturkonstanten Gravitationskonstante G = 6.672 × 10-11 m3 kg-1 s-2 und Vakuumlichtgeschwindigkeit c = 2.99 792458 × 108 m/s verwendet werden. Ein Objekt kann als kompakt bezeichnet werden, wenn das dimensionslose Verhältnis größer als 0.01 ist. Diese Grenze ist etwas willkürlich, kann jedoch empirisch begründet werden, wie im Folgenden demonstriert wird.
Beispiele
Die Kompaktheit beträgt für die Erde 7.0 × 10-10 – eine Zahl die so klein ist, dass die Erde alles andere als kompakt ist. Bei den kompakten Objekten in der Astronomie sieht das schon anders aus: ein Weißer Zwerg (etwa Erdgröße, aber schwerer als die Sonne, wenn man wie hier die Chandrasekhar-Grenze annimmt) hat eine Kompaktheit von 4 × 10-4. Beim Neutronenstern ist der Zahlenwert schon etwa 0.16 – er darf als recht kompakt angesehen werden. Übertroffen wird der Neutronenstern vom hypothetischen Quarkstern (Kompaktheit 0.37) und natürlich von Schwarzen Löchern. Legt man als Radius des Schwarzen Loches den Ereignishorizont zugrunde, so hat ein Schwarzschild-Loch die Kompaktheit von exakt 0.5 (siehe Schwarzschild-Radius) und ein extremes Kerr-Loch liegt unübertroffen bei einer Kompaktheit von exakt 1.
Eigentlich ist aber die Masse eines Schwarzen Loches immer in der Krümmungssingularität bei r = R = 0 lokalisiert, so dass jedes Schwarze Loch aus dieser Perspektive sogar unendliche Kompaktheit hat!
Warum eine kritische Kompaktheit bei 0.01?
Aus den Zahlenbeispielen geht hervor, dass die Kompaktheit eines Weißen Zwergs 4 × 10-4 und die des Neutronensterns 0.16 betragen. Der kritische Wert liegt also dazwischen. Erfahrungsgemäß sind die allgemein relativistischen Effekte bei Weißen Zwergen nicht so stark ausgeprägt, bei Neutronensternen hingegen schon. Das motiviert zu einem kritischen Wert von etwa 0.01.
Literaturquelle
- Dissertation von Andreas Müller: Black Hole Astrophysics: Magnetohydrodynamics on the Kerr geometry, Landessternwarte Heidelberg (2004), pdf mit knapp 10 MB
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