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Lexikon der Astronomie: Veränderliche

Der Begriff Veränderliche (engl. variables) meint in der Astronomie und Astrophysik veränderliche Sterne, die dadurch ausgezeichnet sind, dass sich ihre Helligkeit (nicht unbedingt die Leuchtkraft!) ändert.

Was ist die Zeitskala der Variationen?

Daneben können sich auch andere Zustandsgrößen des Sterns ändern. Typische Zeitskalen der Helligkeitsvariationen sind im Bereich von Sekunden bis Monaten und hängen vom jeweiligen Mechanismus ab, der die Variabilität hervorruft. Die Sternentwicklung, wie sie im Hertzsprung-Russell-Diagramm anhand von Entwicklungspfaden illustriert werden kann, lehrt, dass alle Sterne im Laufe ihrer Entwicklung Helligkeitsveränderungen unterliegen. Veränderliche Sterne zeigen jedoch Variabilitäten auf wesentlich kürzeren Zeitskalen als der Entwicklungszeitskala.

Beobachtungsmethode bei Veränderlichen

Die Beobachtung, Auswertung und Bestimmung von Veränderlichen geschieht mittels Lichtkurven, einer Auftragung der Helligkeit über der Zeit. Achtung! Helligkeit und Leuchtkraft sind nicht dasselbe: Helligkeit ist eine direkt beobachtbare Größe; Leuchtkraft ist so etwas wie die 'Helligkeit vor Ort des Sterns' und folgt erst mit bekannter Entfernung (siehe Distanzmodul) oder mit einem Sternmodell. Bei optischen Veränderlichen sind die Profiastronomen auf die Amateurastronomen angewiesen, weil die längerfristigen Beobachtungen ein und desselben Veränderlichen sehr zeitaufwendig ist. Das ist angesichts der teueren Beobachtungszeit an modernen Groß- oder satellitengestützten Teleskopen kaum mit Profiinstrumenten zu leisten.

Klassifizierung der Veränderliche – Kriterium: Zeit

Grob unterteilt man die Gruppe der Veränderlichen in Eruptivveränderliche und regelmäßige Veränderliche. Die erste Gruppe zeigt nur einmalige oder sporadische Helligkeitsausbrüche, während die zweite Gruppe periodisch wiederkehrende Helligkeitsvariationen zeigt. Die Gamma Ray Bursts, Novae, Supernovae und Hypernovae können zu den Eruptivveränderlichen gezählt werden. Klassische Eruptivveränderliche sind T Tauri Sterne, UV-Ceti-Sterne und RW-Aurigae-Sterne.
Die regelmäßigen Veränderlichen, sind sehr zahlreich und erhalten ihren Namen in der Regel nach dem Prototyp eines Sterns, bei dem das Phänomen zuerst beobachtet wurde. Hier kennt man beispielsweise die Algol-Veränderlichen (Prototyp im Sternbild Perseus), Mira-Veränderlichen (Prototyp im Sternbild Cetus, dt. Walfisch), Cepheiden oder Delta-Cephei-Sterne (Prototyp im Sternbild Cepheus), RR Lyrae Sterne (Prototyp im Sternbild Lyra, dt. Leier), Delta-Scuti-Sterne (Zwerg-Cepheiden), aber auch die Pulsare.

Geometrie und Lichtkurve der Algolveränderlichen

Klassifizierung der Veränderliche – Kriterium: Physik

Im Weiteren entscheidet man veränderliche Sterne nach dem physikalischen Mechanismus, der für die Helligkeitsvariation verantwortlich ist. Eine banale Ursache für die Helligkeitsvariabilität ist die Bedeckung durch einen anderen Stern, ein Prozess der in Doppel- oder Mehrfachsternsystemen anzutreffen ist. Diese Gruppe von Veränderlichen heißt Bedeckungsveränderliche. Betrachten wir ein Doppelsternsystem (Binär), wo zwei Sterne um den gemeinsamen Schwerpunkt kreisen und mit dieser Umlaufbewegung eine Ebene aufspannen. Natürlich hängt die Bedeckung von der Position des Beobachters ab, weil unter kleinen Neigungen (Inklinationen) zur Senkrechten (Normalen) dieser Ebene keine Bedeckung, kein Durchgang (Transit) durch eine Sternscheibe, stattfindet. Bei hohen Inklinationen allerdings kann ein Stern den anderen verfinstern: die Helligkeit nimmt ab (nicht jedoch die Leuchtkraft des bedeckten Sterns!). Weil die Sterne eines Binärs sich auf Ellipsen in festen Umlaufzeiten umkreisen (Kepler-Gesetze), sind die Bedeckungsveränderliche auch regelmäßige Veränderliche. Sie sind aber keine intrinsischen Veränderliche, deren Helligkeitsvariation an einer physikalischen Zustandsänderung des Stern festgemacht werden könnte. Die historisch zuerst entdeckten Bedeckungsveränderliche waren die Algol-Veränderliche oder Algol-Sterne im Jahr 1670. Das Bild oben (große Version) illustriert Geometrie, Orientierung und den typischen Verlauf der Lichtkurve von Algol-Veränderlichen.
Pulsationsveränderliche sind ebenfalls regelmäßige Veränderliche, deren Variabilität tatsächlich mit einer Zustandsänderung des Sterns verbunden ist: einer Pulsation, das heißt einem Wechsel von Ausdehnung und Zusammenziehung des 'Plasmaballs' in radialer oder nichtradialer Richtung. Die bekanntesten Pulsationsveränderliche sind die Cepheiden und dessen Verwandte wie die RR Lyrae Sterne (Haufenveränderliche) und Delta-Scuti-Sterne. Die regelmäßige Helligkeitsvariation besitzt hier eine Abhängigkeit von der Pulsationsperiode, die durch Sternmodelle erklärt werden kann. Alle diese cepheidenartigen Sterne liegen im Hertzsprung-Russell-Diagramm auf dem Instabilitätsast. Bei Pulsaren hingegen pulsiert nicht die physische Sterngröße, sondern die regelmäßige Variabilität kommt durch Rotation einer räumlich gerichteten Strahlungsemission zustande – es ist ein so genannter Leuchtturmeffekt.
Mira-Veränderliche oder Mira-Sterne sind regelmäßige Pulsationsveränderliche mit außerordentlich langen Perioden von hundert bis zu tausend Tagen. Es handelt sich um Rote Riesensterne, deren Helligkeit variiert, weil sie eine instabile Brennphase auf dem Asymptotischen Riesenast (engl. Asymptotic Giant Branch, AGB) durchlaufen – siehe auch AGB-Sterne.
Die Kataklysmischen Veränderliche (engl. Cataclysmic Variables, CVs) sind hingegen Doppelsternsysteme, bei denen eine Komponente ein kompaktes Objekt, nämlich ein Weißer Zwerg ist und ein Massentransfer von einem normalen Begleitstern (meist ein Riesenstern) stattfindet. Diese Akkretion auf die kompakte Komponente geschieht entweder dann, wenn die Oberfläche des normalen Sterns bis zum inneren Lagrange-Punkt (verschwindende Gesamtgravitationskraft) des Systems oder darüber hinaus reicht (Roche lobe overflow, siehe auch Roche-Volumen). Oder aber der Sternenwind, der vom normalen Stern oder Riesenstern abgeblasen wird, fällt auf die kompakte Komponente (Windakkretion). Typischerweise sind CVs kleine Binärsysteme, wo die Umlaufzeiten wenige Stunden betragen. Bei der Akkretion wird Röntgenstrahlung emittiert. In der theoretischen Astrophysik beschreibt man diese Systeme mit den Gleichungen der Hydrodynamik und Magnetohydrodynamik.

  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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