Lexikon der Biochemie: Kwashiorkor
Kwashiorkor, eine chronische Form von Mangelernährung, die hauptsächlich im zweiten Lebensjahr auftritt. Der Name wurde 1933 durch Cicely Williams [Archs. Dis. Childh. 8 (1933) 423] in die moderne Medizin eingeführt. Das Wort bedeutet "entthrontes Kind", d.h. entthront von der Brust durch eine erneute Schwangerschaft. K. wird durch eine Kombination von Mangelernährung und Aflatoxinvergiftung verursacht [R.G. Hendrickse, British Medical Journal285 (1982) 843-846; S.M. Lamplugh u. R.G. Hendrickse, Annals of Tropical Paediatrics 2 (1982) 101-104]. In heißen, feuchten Ländern der dritten Welt enthalten viele im Laden verkaufte Lebensmittel Aflatoxine, insbesondere das Erdnussöl, das zum Kochen verwendet wird. Gut ernährte Kinder können diese relativ geringen Toxinmengen abbauen und ausscheiden. Bei Kindern mit Proteinmangel ist diese Fähigkeit jedoch geschwächt. Es entsteht ein Circulus vitiosus, in dessen Verlauf sich die Aflatoxine anreichern und die Leber weiter schädigen, wodurch die Fähigkeit der Leber, Protein zu synthetisieren, weiter stark vermindert wird. Wie alle anderen Formen der Protein-Energie-Mangelernährung wird K. oft durch mikrobielle Infektionen und Darmwürmer beschleunigt und verschlimmert. Kwashiorkoropfer zeigen verzögertes Wachstum und Anämie. Die Osmolarität des Bluts ist verringert und wird zum Teil dafür verantwortlich gemacht, dass sich Flüssigkeit im Körper ansammelt und die Gewebe in einem wässrigen, aufgedunsenen Zustand sind. Das Auftreten von Ödemen ist ein allgemeines Merkmal von K. Die Haare wachsen spärlich und besonders bei dunkelhäutigen Kindern können Flecken oder Streifen ("Flaggenzeichen") von rotem, blondem oder grauem Haar auftreten. Diese krankhaften Haarveränderungen sind vermutlich auf einen spezifischen Tyrosinmangel zurückzuführen. Die Haut weist eine sehr charakteristische Dermatose auf, bei der Bereiche mit Pigmentierung und ohne Pigmentierung und sich schälende Partien auftreten, wobei die unteren Extremitäten und das Gesäß am stärksten betroffen sind. Die Muskeln sind ständig geschwächt, so dass weder Gehen noch Krabbeln möglich sind. Ebenfalls charakteristisch für K. ist eine Fettleber. Bei K. bleibt das subkutane Fett erhalten, während es bei Kräfteverlust stark entleert ist. Bei den meisten Formen von Protein-Energie-Mangelernährung liegen ähnliche Veränderungen an Plasmaaminosäuren vor. In über 50 % der Fälle bewirkt eine Mischung aus allen essenziellen Aminosäuren eine Heilung des K.
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