Lexikon der Biologie: Denitrifikation
Denitrifikationw, (Gayon und Dupetit, 1886), Denitrifizierung, eine Form der anaeroben Atmung (dissimilatorische Nitratreduktion; Nitratatmung), die durch sehr viele fakultativ anaerobe Bakterien, ausnahmsweise durch obligat anaerobe Bakterien (Azoarcus anaerobius), ausgeführt wird. Es sind hauptsächlich gramnegative Bakterien, aber auch grampositive Bakterien (z. B. Bacillus licheniformis) und wenige Archaebakterien (z. B. Pyrobaculum-Arten). Als Endprodukt der Denitrifikation ( vgl. Abb. ) entstehen hauptsächlich Kohlendioxid (CO2), Wasser (H2O) und molekularer Stickstoff (N2). Als Nebenprodukte können in geringen Mengen auch die gasförmigen Verbindungen Stickstoffmonoxid (NO) und Distickstoffoxid (N2O; Stickoxide) freigesetzt werden. Diese beiden Verbindungen sind mit für den Treibhauseffekt verantwortlich. Neben organischen Substraten werden oft auch Wasserstoff (H2), seltener reduzierte Schwefelverbindungen als Substrat verwertet. Der Energiegewinn erfolgt primär durch Ausbildung eines Protonengradienten (protonenmotorische Kraft) über die Cytoplasmamembran (oxidative Phosphorylierung, Nitratatmung) und entspricht der Sauerstoff-Atmung ( vgl. Abb. ). Die Denitrifikationsenzyme werden unter anaeroben Bedingungen, oft erst bei gleichzeitigem Vorliegen von Nitrat, induziert. Das erste Enzym der Denitrifikation, die Nitrat-Reductase, unterscheidet sich von der assimilatorischen Nitrat-Reductase u. a. dadurch, daß sie wie die Stickstoffoxid-(NO-)Reductase membrangebunden ist. Die Nitrit-(NO2–-)Reductase und die Distickstoffoxid-(N2O-)Reductase liegen dagegen im Periplasma zwischen Cytoplasmamembran und Zellwand. Alle Reductasen in der Denitrifikationskette sind Sauerstoff- und Ammonium-empfindlich. Für die Expression von Komponenten des anaeroben Elektronentransports wirkt (bis auf wenige Ausnahmen) bei Abwesenheit von Sauerstoff als Genregulator das FNR-Protein. Bei Vorliegen von Nitrat und Nitrit wird durch FNR die Synthese von weiteren Regulatorproteinen (NAR) induziert, die z. B. zur Transkription des Nitrat-Reductase-Komplexes verantwortlich sind. – Die Denitrifikation spielt eine wichtige Rolle im Stickstoffkreislauf, da sie der einzige Prozeß ist, in dem gebundener Stickstoff wieder in die molekulare Form überführt wird. Sie ist oft für große N-Verluste des Bodens verantwortlich, verhindert aber auch, daß das leicht auswaschbare Nitrat nicht in zu großen Mengen in tiefen Bodenschichten oder im Meer festgelegt wird. Besonders starke Denitrifikation erfolgt an der Grenzfläche zwischen aeroben und anaeroben Bedingungen, wo das aerob durch nitrifizierende Bakterien gebildete Nitrat in die anaerobe Zone diffundiert. Bevorzugt findet sich die Denitrifikation daher an Oberflächen von Sedimenten, in Böden bei stauender Nässe, in überfluteten Feldern (Reisanbau), besonders, wenn organische Dünger und Nitrat vorliegen. Bei hoher Nitratkonzentration kann es zu schädlicher Nitritanhäufung (Nitrite) kommen. Ein hoher Nitratgehalt des Trinkwassers (Wasseraufbereitung) und von Gemüse ist besonders für Kleinkinder (bis 6 Monate) sehr gefährlich, da durch die mikrobielle Nitritbildung im Darm schwere Bluterkrankungen auftreten können. Durch das im Speichel gebildete Nitrit oder bereits in Nahrungsmitteln reduzierte Nitrat (z. B. in Nitrat-überdüngtem Gemüse) und durch zu stark gepökelte Fleischwaren können sich im sauren Magenmilieu Nitrosamine bilden, die leberschädigend oder sogar cancerogen für Magen und Darm sind. Andererseits ist die Denitrifikation wichtig zum Haltbarmachen von Fleischprodukten (Pökeln). In speziellen biologischen Abwasserreinigungsverfahren kann durch eine Kombination von Nitrifikation und Denitrifikation der gelöste Stickstoff weitgehend aus dem Abwasser entfernt werden (Kläranlage). anaerobe Nahrungskette, Bodenorganismen, Stickstoffixierung; Thiomargarita, Stickstoffkreislauf.
G.S.
Denitrifikation Elektronentransport in der Denitrifikation: In der Denitrifikation werden Glucose und andere organische Substrate in der Regel vollständig bis zum CO2 oxidiert und die Elektronen (bzw. Wasserstoff) über die Komponenten einer Atmungskette auf Nitrat und die reduzierteren Zwischenprodukte Nitrit, Stickstoffoxid und Distickstoffoxid als Endakzeptoren (anstelle von O2) übertragen. Zumindest bei der Übertragung von Elektronen auf Nitrat und Nitrit wird ein Protonengradient über die Cytoplasmamembran wie bei einer O2-Atmung aufgebaut. (Komponenten der Atmungskette Nitratatmung.). |
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