Lexikon der Biologie: Eisbär
Eisbär, Polarbär, Ursus maritimus, einziger Großbär mit gelblich-weißem Fell; Kopfrumpflänge beim männlichen Eisbär 200–250 cm, beim weiblichen 160–200 cm, Schulterhöhe 120–140 cm, Gewicht 300–450 kg; Paßgänger. Der Eisbär ( ä vgl. Abb. ) lebt zirkumpolar, nördlich des Polarkreises, sowohl an den Küsten der Arktis als auch auf dem angrenzenden Treibeis; das Inlandeis meidet er, da ihn dort keine Nahrung erwartet. Im Vergleich zum Braunbären wirkt der Körper des Eisbären mehr in die Länge gestreckt; seine Hinterpartie ist stark entwickelt. Hals und Kopf sind schmal und länglich, die Ohren klein und abgerundet; Fußsohlen behaart, Schwimmhäute zwischen den Zehen. Aufgrund seiner Abweichungen vom Erscheinungsbild des Braunbären wird der Eisbär, trotz seiner anerkannt nahen Verwandtschaft zu diesem, von manchen Autoren einer eigenen Gattung oder zumindest Untergattung (Thalarctos, Thalassarctos) zugerechnet. Auch durch seine fast ausschließlich carnivore Ernährungsweise unterscheidet sich der Eisbär von den übrigen mehr omnivoren Bären. Hauptnahrung sind überwiegend Ringelrobben (Pusa hispida); dazu kommen Kleinsäuger (Lemminge), Fische (Lachse), Aas und Beerenfrüchte. Eisbären sind gute Schwimmer (Schwimmhäute!) und können sich 1–2 Minuten tauchend unter Wasser halten. – Auf der Suche nach eisfreien Wasserflächen (zur leichteren Robbenjagd) führen Eisbären ausgedehnte Wanderungen mit der Eisdrift in Ost-West-Richtung rund um den Nordpol durch; es gibt aber auch standorttreue Populationen. Mitunter gelangen auch einzelne Tiere von Spitzbergen an die norwegische Küste oder von Grönland an die Küste Islands. Während der Wintermonate suchen Eisbären Schutz in Felsspalten oder in selbstgegrabenen Höhlen; in manchen Gegenden halten sie Winterruhe. Männliche Eisbären sind Einzelgänger, die nur zur Paarung (April) die weiblichen Artgenossen aufsuchen. Trächtige Eisbären graben sich im Herbst auf Inseln in Schneewälle ein. Eingeschneit in ihrer Höhle, bringen sie bei Innentemperaturen um den Gefrierpunkt, meist in der 1. Dezemberhälfte, 1 bis 3 Junge zur Welt, die nur ca. 30 cm groß, fast nackt und zunächst noch blind sind ("Nesthocker"). Die Bärin nimmt über Winter keine Nahrung zu sich; sie zehrt von Depotfett. Anfang März verläßt die abgemagerte Bärin mit den dann 10–12 kg wiegenden Jungen erstmals die Höhle und ernährt sich hauptsächlich von neugeborenen Ringelrobben. Die Jungen beteiligen sich zusätzlich zur Milchnahrung (Säugezeit: 13/4 Jahre) bereits an den Fleischmahlzeiten der Bärin. Die ("vaterlose") Familie setzt ihre Wanderung fort (Ausnahme: standorttreue Populationen) und verbringt auch den folgenden Winter in einem gemeinsamen Lager. Erst im 2. Lebensjahr beteiligen sich junge Eisbären auch aktiv an der Beutejagd ihrer Mutter, von der sie sich im Alter von 2 Jahren trennen. – Hauptfeind der Eisbären ist der Mensch, der sie, vor allem ihres Felles wegen, noch immer bejagt. Mitte der 1980er Jahre wurde der Gesamtbestand an Eisbären noch auf etwa 10 000 Tiere geschätzt. Ein von den 5 "Eisbärstaaten" (Norwegen, UdSSR, Kanada, USA, Dänemark) unterzeichnetes Artenschutzabkommen erlaubt nur noch den Eingeborenen in Kanada, Alaska und Grönland die Jagd auf Eisbären zur Deckung ihres Eigenbedarfs. Doch moderne Jagdmethoden (Motorschlitten, starke Feuerwaffen) und Verkauf von Abschußrechten an Trophäenjäger (!) führen allein in Kanada zu einem jährlichen Abschuß von 650, in Alaska von etwa 120 Tieren. Trotzdem schätzt man heute den weltweiten Gesamtbestand wieder auf 21 000 bis 28 000 Tiere, die sich auf 15 räumlich mehr oder weniger voneinander getrennte Subpopulationen verteilen; allein auf Spitzbergen sollen wieder etwa 2000 Eisbären leben. Von internationalen Forschungsprojekten, u. a. mit Markierung von Einzeltieren oder Versehen mit Radiosendern (Telemetrie), erhofft man genauere Daten über die tatsächliche Bestandsstärke und das Wanderungsverhalten zu gewinnen. – Als Zootiere waren Eisbären wegen ihres Schauwertes schon immer sehr begehrt. Eine artgerechte Haltung ist jedoch wegen ihres großen Revieranspruchs nicht unproblematisch; auch ihre Nachzucht ist nicht einfach, da Eisbär-Mütter in Gefangenschaft oft nicht imstande sind, ihre Jungen aufzuziehen. Bionik; ä Bären , Gehirn II, Polarregion I.
H.Kör.
Lit.:Uspenski, S.M.: Der Eisbär. Thalarctos maritimus. Hohenwarsleben 21995.
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