Lexikon der Biologie: Hand
Hand, Manus, bei Primaten terminaler Abschnitt (Autopodium) der Vorderextremität, deren Hauptfunktion nicht (mehr) die Fortbewegung (aufrechter Gang) ist. 1) allgemein: Die Bezeichnung Hand (i.e.S.) wird nur verwendet, wenn eine Greifhand gemeint ist. Hierbei ist der 1. Fingeropponierbar (gegenüberstellbar). Eine echte Hand im Sinne von Greifhand ist nur bei Höheren Säugetieren, speziell den baumlebenden Primaten und dem Menschen, ausgebildet. Deren Hand kann Gegenstände umgreifen oder zwischen dem opponierbaren Finger und den anderen Fingern festhalten. Die Finger sind lang, schlank, weitgehend einzeln beweglich und reich innerviert (Fingerbeere). So ermöglichen Eidonomie und Anatomie einen vielfältigen Einsatz der Hand. Sie wird bei der Fortbewegung am Boden benutzt, dient aber häufiger zum Klettern oder Hangeln. Wesentlich ist vor allem ihr Einsatz als Greiforgan und Tastorgan beim Nahrungserwerb, bei sozialem Körperkontakt (Kraulen), als Kommunikationsorgan (Gestikulieren), als Organ des Werkzeuggebrauchs und der Werkzeugherstellung usw. Es gilt als sicher, daß die Entwicklung der Hand (und damit völlig neuer Handlungsmöglichkeiten) und die Gehirnentwicklung bei Primaten eng miteinander verknüpft sind (Rindenfelder). – Eine scharfe Trennung von Hand gegen „Nicht-Hand“ ist problematisch. Unter den Beuteltieren ist eine Art Greifhand beim Koala ausgebildet, der den 1. und 2. Finger opponieren kann. – Daumenlose Klammeraffen und Schlankaffen können nicht nur im Geäst hangeln, sondern auch Gegenstände umfassen, aufheben oder Wasser schöpfen. Da ein opponierbarer Finger fehlt, ist dies keine Greifhand (Hand i.e.S.), wohl aber aufgrund Eidonomie, Anatomie und Verhaltensrepertoire eine Hand i.w.S. (Hakenhand). – Viele andere Säugerarten benutzen ihre Vorderextremitäten ebenfalls nicht nur zur Fortbewegung, sondern zum Aufheben und Festhalten von Gegenständen, meist im Zusammenhang mit dem Nahrungserwerb (z.B. Ratten, Hamster, Hörnchen, Präriehunde, Känguruhs). Umgangssprachlich wird auch hier gelegentlich der Begriff Hand verwendet, was aber vermieden werden sollte. Unter den Nichtsäugern haben die Chamäleons eine der Greifhand analog ausgebildete Vorderextremität. – 2) Die Hand des Menschen ( vgl. Abb. ) stimmt im Aufbau noch weitgehend mit dem für Tetrapoden (Vierfüßer) typischen Grundbauplan (Extremitäten) überein, ist also ein relativ unspezialisiertes Organ. Sie weist in der Handwurzel (Carpus) 7 Handwurzelknochen (Carpalia) auf ( vgl. Tab. ), die in 2 Reihen angeordnet sind. Individuell verschieden treten ein bis mehrere Erbsenbeine hinzu. Die Handwurzelknochen bilden mit den Unterarmknochen das Handwurzelgelenk (Handgelenk). Dabei wirkt die proximale Reihe der Handwurzelknochen wie eine einheitliche Gelenkscheibe (Discus articularis; Diskus, Gelenk), die in einen großen Gelenkspalt zwischen Unterarmknochen und distale Handwurzelknochen eingeschoben ist. Über und unter den proximalen Handwurzelknochen bleibt je ein schmaler Gelenkspalt, so daß funktionell ein zweispaltiges Handwurzelgelenk gebildet wird. Es ermöglicht Beugung und Streckung sowie begrenzte Seitwärtsbewegung der Hand. Eine Drehung (Handrücken nach unten) wird durch Unterarmdrehung (Speiche dreht um die Elle) und Mitführung der Hand erreicht, da die Handwurzel nur mit der Speiche gelenkig verbunden ist. Von den distalen Handwurzelknochen tragen die 3 auf der Daumenseite je 1, der auf der Kleinfingerseite 2 Mittelhandknochen (Metacarpalia). Diese tragen jeweils die Fingerknochen (Phalangen), wobei Fingerstrahl I (Daumen) aus 2 Phalangen besteht, Strahl II–V jeweils aus 3 Phalangen (Phalangenformel 23333). Sie weisen untereinander Scharniergelenke auf, zu den Mittelhandknochen aber Kugelgelenke. – Die Fingerbewegungen werden durch Muskeln am Unterarm gesteuert. In den Handbereich ziehen nur deren Sehnen, die an den Knochen ansetzen. Die Finger II–V haben einen gemeinsamen Streckmuskel. Da nur die Finger II und V auch noch einen eigenen Strecker haben, können nur sie (und der Daumen) einzeln gestreckt werden, ohne einen anderen Finger „mitzunehmen“. Die Sehnen der Fingerbeugemuskulatur verlaufen an der Innenseite des Unterarms in elastischen Gleithüllen (Sehnenscheiden). Arm, Pronation, Vogelflügel.
A.K.
Hand
Skelett der Hand.
Db Dreiecksbein, Eb Erbsenbein, El Elle, Fk Fingerknochen, GV Großes Vieleckbein, Hb Hakenbein, Kb Kahnbein, Ko Kopfbein, KV Kleines Vieleckbein, Mb Mondbein, Mk Mittelhandknochen, Sp Speiche
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