Lexikon der Biologie: Proteintransport
Proteintransport, zielgerichteter Transport von Proteinen aus einer Zelle (Proteinexport), in eine Membran bzw. in Zell-Organellen (Proteinimport). Exportproteine, die in der Regel glykosyliert sind (Glykoproteine, Glykosylierung), werden als Prä-Proteine synthetisiert. Eine sog. Transit-Sequenz, d.h. eine am Aminoterminus des Exportproteins gelegene Signalsequenz, ist an der Adressierung der Translation am rauhen endoplasmatischen Reticulum (ER) entscheidend beteiligt (Exportproteinsynthese, Protein-targeting). Nach der Translation liegt das Exportprotein im ER vor; hier beginnt der Vorgang der Glykosylierung der Exportproteine. Sein weiterer Weg geht über den Golgi-Apparat, wo die Synthese der glykosidischen Seitenketten der Proteine beendet wird, und schließlich mittels regulierter Exocytose aus der Zelle. Der Prä-Anteil des Proteins kann durch eine Signalpeptidase bereits im ER, jedoch auch in den Exocytosevesikeln (Exocytose) bzw. erst nach dem Transport proteolytisch (Proteolyse) entfernt werden. Prinzipiell ähnlich verläuft der Transport von lysosomalen Proteinen (Lysosomen), Membranproteinen sowie das budding bei Viren. Bei ersteren dient Mannose-6-phosphat als Adressierung für das lytische Kompartiment (Mannose-6-phosphat-Rezeptor), integrale Membranproteine werden durch sog. Stop-Transfer-Sequenzen in der Membran verankert. – Bei Proteinen, die an freien Polyribosomen im Cytoplasma translatiert und in Zellorganellen transportiert werden, spielen ebenfalls spezielle Aminosäuresequenzen eine Rolle für die Adressierung (topogene Signale). Im Falle des gut untersuchten Transports in Mitochondrien fungiert eine 15–60 Aminosäuren lange, heterogene, am Aminoterminus der meisten Vorläuferproteine vorhandene Sequenz als sog. Mitochondrien-Eintrittsequenz. Diese Transit-Sequenz ermöglicht die Ankopplung an einen in der äußeren Mitochondrienmembran lokalisierten Rezeptor und damit den Transport durch die Mitochondrienmembranen in die Matrix. Der Transportapparat befindet sich an Kontaktstellen von äußerer und innerer Mitochondrienmembran, seine Bestandteile werden vereinbarungsgemäß mit Tom/Tim (translocase of the outer/inner membrane) und nach der relativen Molekülmasse (z.B. Tim44, relative Molekülmasse 44.000) bezeichnet. Außerhalb der Mitochondrien halten Chaperone der Hsp70-Familie (Polypeptidketten bindende Proteine) und der mitochondrial import stimulation factor (MSF) zu importierende Proteine in einem (teilweise) entfalteten Zustand und gewährleisten dadurch deren Transportkompetenz. Treibende Kraft für den Transportvorgang ist der elektrochemische Protonen-Gradient (Proton, protonenmotorische Kraft) über die innere Membran. Die Bindung des Substratproteins an Hsp70 der mitochondrialen Matrix (mtHsp70) macht den Importvorgang irreversibel, eventuell zieht sogar eine durch ATP-Hydrolyse bewirkte Konformationsänderung (Konformation) von Hsp70 das Substratprotein regelrecht in die Matrix hinein. In der Matrix wird die Mitochondrien-Eintrittsequenz durch die Matrix-Protease abgespalten. Die Faltung von Matrixproteinen und das assembly von Proteinkomplexen wird von mitochondrialen Hsp70- und Hsp60-Chaperonen assistiert (assisted self-assembly). Im Intermembranraum oder in der inneren Membran lokalisierte Proteine enthalten eine weitere, oft intramolekulare Signalsequenz, die ihren Transport von der mitochondrialen Matrix zu ihrem Zielort durch einen Transportapparat ermöglicht, dessen Bestandteile den prokaryotischen Sec-Proteinen homolog sind. Membranproteine der äußeren Membran enthalten ebenfalls eine Mitochondrien-Eintrittsequenz. Sie werden jedoch nicht zunächst in die Matrix und von dort zurück in die äußere Mitochondrienmembran transportiert, sondern verbleiben schon beim Transport aufgrund einer hydrophoben Stop-Transfer-Sequenz in dieser Membran. – Beim Transport in Plastiden fungieren ca. 30–75 Aminosäuren am Aminoterminus cytoplasmatisch gebildeter Vorläufer plastidärer Proteine als Transit-Sequenz(Plastiden-Eintrittsequenz). Der Transportapparat von Chloroplasten befindet sich an Kontaktstellen der beiden Hüllmembranen, seine Bestandteile werden vereinbarungsgemäß mit Toc/Tic (translocase of the outer/inner envelope membrane of chloroplasts) und nach der relativen Molekülmasse (z.B. Toc75, relative Molekülmasse 75.000) bezeichnet. Ähnlich wie beim Transport in Mitochondrien halten außerhalb der Plastiden Chaperone der Hsp70-Familie zu importierende Proteine in einem (teilweise) entfalteten Zustand und gewährleisten dadurch deren Transportkompetenz. Zur Bindung der Vorläuferproteine an den Transportapparat ist ATP (Adenosintriphosphat) notwendig, der Transport selbst erfordert keinen Protonengradienten, jedoch ATP-Hydrolyse beteiligter Chaperone (u.a. ein zum Intermembranraum hin gerichtetes, fest in der äußeren Hüllmembran verankertes Hsp70) und GTP-Hydrolyse durch Komponenten des Transportapparats. Im Stroma wird die Plastiden-Eintrittsequenz durch die sog. stromal processing peptidase (SPP) abgespalten. Die Faltung von Stromaproteinen und das assembly von Proteinkomplexen wird von Hsp70-, Cpn60- sowie Hsp100/Clp-Chaperonen assistiert. Im Intermembranraum oder in der inneren Hüllmembran lokalisierte Proteine enthalten eine weitere, oft intramolekulare Signalsequenz, die ihren Weitertransport vermittelt. Zum Transport in das Thylakoidlumen von Chloroplasten ist eine aminoterminale Thylakoid-Eintrittsequenz notwendig, die im Lumen abgespalten wird. Der Transport über die Thylakoidmembran kann je nach Protein in Abhängigkeit von einem elektrochemische Protonengradienten und/oder von Mechanismen, die den prokaryotischen SecA- (Sec-Proteine) und SRP-abhängigen (signal recognition particle) Proteinexportwegen entsprechen, erfolgen. Proteine der Thylakoidmembran besitzen häufig eine interne Signalsequenz, die Integration ist von ähnlichen Faktoren abhängig wie der Transport luminaler Proteine, kann jedoch auch unabhängig von weiteren Faktoren geschehen. – Der Proteintransport in Peroxisomen verläuft nach ganz anderen Regeln als bei Mitochondrien oder Plastiden. Auch gefaltete Proteine sowie Oligomere werden in Peroxisomen transportiert, in der Matrix gibt es entsprechend keine Chaperone, die bei der Proteinfaltung assistieren könnten. Als topogene Signale der Matrixproteine wurden 2 Sequenzen identifiziert, PTS1 (peroxisomal targeting sequence 1) am carboxyterminalen Ende und PTS2 innerhalb des aminoterminalen Bereichs. – Der Kerntransport von Proteinen erfolgt durch die Kernporen bzw. Kernporenkomplexe. Sie sind groß genug für den passiven Transport kleinerer Proteine (kleiner als 40 kDa). Größere Proteine besitzen interne Signalstrukturen, die nach dem Transport nicht proteolytisch entfernt werden – Kernproteine werden also nicht als Prä-Proteine synthetisiert. Proteine mit ständiger Lokalisation im Zellkern tragen ein Kernlokalisationssignal, Proteine, die zwischen Cytoplasma und Kerninnerem hin- und herwandern, weisen eine sog. M9-Domäne auf. Im Gegensatz zum Transport von Proteinen in Mitochondrien und Chloroplasten erkennen lösliche Transportrezeptoren diese Signalstrukturen und vermitteln den Import und Export der Kernproteine (entsprechend als Importine und Exportine bezeichnet), außerdem können Proteine, die in den Kern transportiert werden, in vollständig gefaltetem Zustand die Kernporen passieren. – Als Proteintransportwege von Prokaryoten sind die posttranslationale Proteinsekretion durch Sec-Proteine, der SRP-abhängige cotranslationale Proteinexport sowie die ebenfalls SRP-abhängige Integration von Membranproteinen zu nennen.
M.B.
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