Lexikon der Biologie: Spermatophore
Spermatophorew [von *spermato- , griech. -phoros = -tragend], „Samenträger“, Samenpaket, Spermienpaket, eine mit Spermien gefüllte Kapsel, deren Wand aus erhärtetem Sekret der männlichen akzessorischen Geschlechtsdrüsen besteht. Spermatophoren kommen nur bei Tieren mit innerer Besamung (innere Syngamie) vor und sind dort vielfach konvergent entstanden ( vgl. Abb. ). Ihre Größe liegt zwischen Bruchteilen von Millimetern (0,15 ×0,04 mm bei Diarthrodes, einem marinen Copepoden) und 1 m Länge (bei 1 cm Dicke, beim pazifischen Octopus dofleini). Je nach Tiergruppe ist die Übertragung unterschiedlich: a) das Männchen schiebt die Spermatophore mit Penis oder anderen Kopulationsorganen (Begattungsorgane) direkt in die weibliche Geschlechtsöffnung hinein (z.B. Weinbergschnecke, Kopffüßer, manche Insekten). b) Die Spermatophore wird dem Kopulationspartner auf die Haut gesetzt (dermale Kopulation); die Spermien dringen durch die Haut und wandern durch Leibeshöhle oder Bindegewebe bis zur Besamungsstelle (z.B. bei Blutegeln [Hirudinea] und Stummelfüßern). c) Das Männchen setzt die Spermatophore auf dem Untergrund ab und geleitet das Weibchen dorthin, gegebenenfalls mit komplizierter Balz (z.B. Molche, Skorpione; Pseudoskorpione [Abb.]). d) Die abgesetzte Spermatophore wird später vom Weibchen ohne Beteiligung des Männchens aufgenommen (z.B. manche Springschwänze). – Die Entleerung der Spermatophore im weiblichen Genitaltrakt erfolgt durch Auflösung mittels Sekreten des Weibchens oder einfach durch Platzen aufgrund von Quellung, oder aber mit einem komplizierten Entleerungsmechanismus (z.B. bei Kopffüßern; Spermatophorenreaktion). Bei einigen Krebstieren enthält eine Spermatophore nur 1–2 Spermien, beim oben erwähnten Octopus sind es 10 Milliarden. – Funktionell einer Spermatophore entsprechen die Spermatropfen, sofern ihre äußere Schicht an der Luft zu einer festen Hülle erstarrt, z.B. bei einigen Milben; sie werden deshalb oft auch als Spermatophore bezeichnet. – Die Übertragung von Spermien als Gruppen kann aber auch ohne Hülle in Form von Spermienbündeln erfolgen: als Spermatozeugmen (Spermiozeugmen) oder Spermatodesmen (Spermiodesmen: Spermien stecken mit ihrer Kopfspitze in einer amorphen Masse), die bei einigen Insekten vorkommen und bisweilen ebenfalls als Spermatophoren bezeichnet werden. – Die Spermatophoren haben die Aufgabe, die Spermien während der Übertragung vor dem Außenmedium zu schützen; dies ist bei Landtieren besonders wichtig. Neuerdings sieht man in der Evolution von Spermatophoren auch eine Strategie zur Vermeidung der Spermienkonkurrenz: eine große, in der Vagina steckende Spermatophore kann weitere Kopulationen des Weibchens mit anderen Männchen verhindern und wirkt zugleich äußerlich als Begattungszeichen. Bei einigen Heuschrecken entspricht die Spermatophore einem Viertel des Körpergewichts und dient dem Weibchen als zusätzliche Nahrung: gleich nach der Kopulation frißt das Weibchen den proteinreichen äußeren Abschnitt der Spermatophore (Spermatophylax = „Spermienwächter“, hält das Weibchen vom Fressen der Spermien ab). Später zieht es auch noch die übrige Spermatophoren-Hülle aus der Vagina heraus und frißt sie. Die Spermien sind dann aber schon „sicher“ im Receptaculum, wohin sie aktiv gewandert sind. Geschlechtsorgane, indirekte Samenübertragung, Männchen-Konkurrenz, Needham-Schläuche, Needhamsche Tasche, Sperma.
U.W./D.Z.
Spermatophore
Verschiedene Formen der Spermatophoren: a des Gemeinen Tintenfisches (Sepia officinalis) mit Spermienbehälter und Explosionsapparat, b des Rüsselegels Glossiphonia complanata, c des Teichmolchs (Triturus vulgaris) mit Spermatophorenträger, d der Feldgrille (Gryllus campestris),e Spermatophore mit Hebelmechanismus (Pfeile!): Skorpione; eine auf dem Boden abgesetzte Spermatophore. A Anker, As Außenschicht, Bp Basalplatte, Dk Druckkörper, Fk Fadenknäuel, Hü Hülle, Is Innenschicht, Ms Mittelschicht, Pf Pfropf, Sm Spermienmasse, Sr Spermienröhre, Ss Spermaschlauch, VS Verschluß der Spermienröhre
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