Lexikon der Ernährung: Carotinoide
Carotinoide (E 160 a–f), Ecarotenoids, eine große Gruppe natürlicher Pigmente, die vielen Pflanzen und einigen Tieren ihre typische Farbe verleihen. Sie zählen als sekundäre Pflanzenstoffe zu den natürlichen Pflanzenfarbstoffen und sind besonders in Obst und Blattgemüse zu finden. Einen hohen Gehalt weisen Karotten (5,3 mg%), Paprikaschoten (0,2–3,8 mg%), Grünkohl (4,1 mg%), Hagebutten (4 mg%), Kürbis (1,9 mg%), Löwenzahnblätter (7,9 mg%) und Küchenkräuter (1–9 mg%) auf. Mittlere Gehalte haben allgemein Gemüse (0,08–1,0 mg%) und Obst (0,04–0,9 mg%).Charakteristisch für alle C. ist die symmetrische Tetraterpengrundstruktur aus acht IsoprenDie Einteilung der C. erfolgt nach ihrem Oxidationsstatus in Carotine – reine Kohlenwasserstoffe – und Xanthophylle – sauerstoffhaltige Carotinderivate. C. sind lipophil; bedingt durch zahlreiche konjugierte Doppelbindungen und unterschiedliche Strukturen an den jeweiligen Molekülenden, decken sie ein Farbspektrum von gelb über orange bis rot ab. Es existieren verschiedene Isomere, in biologischen Systemen liegen jedoch häufig die all-trans-Formen vor. Bisher wurden über 700 C. identifiziert, von denen in der Humanernährung vier mit Provitamin-A-Aktivität von Bedeutung sind (α-, β-, γ-Carotin, β-Cryptoxanthin). Neben der Provitamin-A-Wirkung und ihrer Bedeutung als Pflanzenfarbstoffe erfüllen C. die Aufgabe von Antioxidanzien und Radikalfängern. Sie sind entsprechend ihrer unterschiedlichen Strukturen mit variierender Effektivität in der Lage, reaktive Sauerstoffspezies wie z. B. Singulettsauerstoff (1O2) zu quenchen (β-Carotin) und werden diskutiert als Immunmodulatoren sowie als Schutzstoffe bei der Prävention ernährungsrelevanter Erkrankungen wie Krebs und Arteriosklerose.
Bedarf (nach DGE): Der Schätzwert für eine präventive Dosierung liegt bei 2–4 mg / d. Der Vitamin A-Bedarfsdeckung dienen 6 mg / d β-Carotin bzw. 12 mg / d anderer C. mit Provitamin A-Aktivität. Ein klinisch symptomatischer Mangel wurde bisher noch nicht beschrieben.
Überdosierung: Eine Überdosierung hat eine Gelbfärbung der Haut zur Folge (Carotinodermie, Xanthodermie), die sich zunächst im Bereich der Nasolabialfalte, der Palmarseite der Hände und an den Fußsohlen bemerkbar macht (10–50facher Plasma-Normalwert). Weitere Nebenwirkungen (z. B. Vitamin A-Intoxikation) konnten nicht beobachtet werden.
Statusbestimmung: Die Plasmakonzentration wird mittels HPLC bestimmt, Normalwerte liegen bei 0,3–0,6 µmol / l.
Resorption, Metabolismus: Die Resorption der C. erfolgt entsprechend anderer fettlöslicher Substanzen im Dünndarm weitestgehend passiv in micellärer Form. Die Resorptionsrate aus pflanzlichen Nahrungsbestandteilen unterliegt starken Schwankungen (30–50 %) und ist abhängig vom Fettanteil. In der Intestinalzelle wird β-Carotin entweder an der zentralen (durch 15,15‘-Dioxygenase in Intestinalzellen und Leber) oder aber an einer oder mehreren exzentrischen Doppelbindungen gespalten. Durch die Spaltung an der zentralen Doppelbindung (Hauptabbauweg) entstehen zwei Moleküle Retinal, die zu Retinol (Vitamin A) reduziert werden. Die enzymatische Konversion hängt von der Versorgungslage des Organismus, der Höhe der β-Carotin- und Proteinzufuhr, der Vitamin-E-Versorgung und der gleichzeitigen Fettzufuhr ab. Ebenso spielt der Vitamin-A-Status eine große Rolle: Je besser die Vitamin-A-Versorgung, desto geringer die Enymaktivität. Durch die exzentrische Spaltung entstehen zwei Moleküle Apocarotenale (unterschiedlicher Länge), aus denen ein Molekül Retinal gebildet werden kann. Ungespaltenes β-Carotin wird in Chylomikronen eingebaut, gelangt über die Lymphe ins Blut und wird zum einen direkt in Gewebe aufgenommen, zum anderen zur Leber transportiert. Im Plasma ist β-Carotin vorwiegend in Lipoproteinen (LDL, HDL, VLDL), Erythrocyten und Leukocyten lokalisiert. Hauptspeicherort ist das Fettgewebe, aber auch die Leber. Die Ausscheidung nicht resorbierten β-Carotins erfolgt über die Faeces.
Biochemische Funktionen: β-Carotin wirkt durch seine Provitamin-A-Aktivität. Darüber hinaus weist es auch noch eine β-Carotin-Eigenwirkung auf, bei der man unterscheiden kann zwischen dem photobiologischen Effekt der Schutzfunktion gegenüber UV-Licht (Oxidationsschutz, Singulettsauerstoff-Quenching, Hemmung der Lipidoxidation) und den nicht-photobiologischen Effekten der Stimulierung des Immunsystems (Steigerung der B- und T-Zellaktivität)
Lebensmitteltechnologische Anwendungen: Die in Form von Pflanzenextrakten verwendeten oder synthetisch hergestellten C. (E160 a–f) sind gelbe, orange oder rote, fettlösliche Farbstoffe für Öle, Fette, Butter, Margarine, Mayonnaise, Käse, Suppen, Getränke, Süßwaren, Suppen und Dessertspeisen. Die größte Bedeutung haben β-Carotin, Annatto, Capsanthin, Capsorubin, Lycopin, β-Apo-8’-carotinal, β-Apo-8’-carotinsäureethylester, Lutein, Canthaxanthin und Paprikaextrakt. C. sind empfindlich gegenüber Licht und Sauerstoffeinwirkung. Das C. Astaxanthin ist verantwortlich für die rote Farbe gekochter Hummer.
Carotinoide: Grundstruktur der C40-Carotinoide.
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