Lexikon der Geographie: Landschaft
Landschaft, zentraler, aber nicht unumstrittener Begriff der Landschaftskunde und der Länderkunde. Die landschaftskundlich ausgerichteten Geographen sehen in der Landschaft ihr eigentliches Forschungsobjekt, andere lehnen den holistischen Landschaftsbegriff als wissenschaftlich ungeeignet ab. Für die Landschaftskunde repräsentiert Landschaft die höchste Integrationsstufe des geographischen Raumes, die alle Bestandteile, die naturbedingten abiotischen und biotischen sowie die anthropogenen (technogenen) in sich vereint. Der Landschaftsbegriff ermöglicht es, die Geosphäre nach ihrem jeweiligen Gesamtcharakter ("Totalcharakter" nach Humboldt) zu gliedern, ohne sie in ihre Komponenten zu zerlegen. Landschaft ist Ergebnis und Ausdruck der Durchdringung und wechselseitigen Beeinflussung von Lithosphäre, Atmosphäre, Hydrosphäre, Biosphäre und Noosphäre im Bereich der Erdoberfläche oder genauer gesagt, der Landschaftssphäre. In der Horizontalen ist Landschaft ein beliebig großer Ausschnitt der Geosphäre, der durch einheitliche Struktur und gleiches Wirkungsgefüge seiner Komponenten (Zusammenwirken gleicher Substanzen und Prozesse) bestimmt ist. Nicht in allen Erdregionen sind zur Realisation von Landschaft alle Seinsbereiche gleichermaßen vertreten; so fehlt in Naturlandschaften die Noosphäre und in arktischen Gebieten und Wüsten ist zudem die gesamte Biosphäre weitgehend abwesend. Überall jedoch, wo reflektiertes Handeln des Menschen Einfluss auf die Gestaltung der Landschaftssphäre hat, kommt es zur Ausbildung einer Noosphäre, die in der Kulturlandschaft ihren Ausdruck findet. Die Betrachtungsebene der Landschaft ist hier durch den Stoffwechsel zwischen Natur – Gesellschaft – Technik (im Sinne von Neef, 1967) festgelegt und bezieht sich auf die Gesamtheit und die wechselseitigen Beziehungen aller im jeweiligen Betrachtungsmaßstab geographisch relevanten Komponenten der Landschaftssphäre. Schmithüsen (1976) bezeichnet Landschaft als "Synergie". Nach ihrem landschaftlichen Inhalt, d.h. nach ihren Strukturen und wirksamen Prozessen, lassen sich Landschaften gegeneinander abgrenzen. Ein nach seinem gesamten Inhalt (Totalcharakter) als isomorph angesehener Ausschnitt der Geosphäre wird als Landschaftsraum bezeichnet (Schmithüsen 1976). Der Begriff Landschaftsraum, der die Reichweite einer individuellen Landschaft oder Idiochore kennzeichnet, setzt somit den Begriff Landschaft voraus, der sich auf eine geosphärische Synergie im stofflich-strukturellen und dynamischen Sinne bezieht.
Mit der Entwicklung der Landschaftsökologie ist an die Stelle des holistischen Begriffes Landschaft der Begriff Landschaftsökosystem getreten (Leser 1997). Dadurch wird die Möglichkeit gekennzeichnet, Landschaften im Sinne der Systemtheorie zu modellieren und auf dieser Grundlage nicht nur qualitativ, sondern auch weitgehend quantitativ erfassbar zu machen. Landschaft wird dabei im Sinne der Systemtheorie als ein räumlich begrenztes Interaktionssystem definiert, das sich im Modell der Territorialstruktur in verschiedenen Dimensionen (Maßstabsbereiche) darstellen lässt. Ähnlich wie der Naturraumbegriff ist der Begriff Landschaft eng mit der Theorie der geographischen Dimensionen verbunden, d.h. Landschaften lassen sich in verschiedenen Größenordnungen erfassen und darstellen, was methodische Konsequenzen hat. Auch bietet der landschaftsökologische Ansatz die Möglichkeit, über den naturbedingten, anthropogen mehr oder weniger veränderten Basiskomplex der Landschaft, der in jedem Fall zu berücksichtigen ist, in technische und sozio-ökonomische Zusammenhänge vorzudringen. So können auch spezielle Zusammenhänge, die für bestimmte Landschaftstypen charakteristisch sind, z.B. für Agrarlandschaften, Waldlandschaften oder Stadtlandschaften, sachgerecht modelliert und erfasst werden.
Als Landschaftsbild wird die sinnlich wahrnehmbare Erscheinungsform einer Landschaft bezeichnet.
HJK
Lit: [1] LESER, H. (1997): Landschaftsökologie. – Stuttgart. [2] NEEF, E. (1967): Die theoretischen Grundlagen der Landschaftslehre. – Gotha, Leipzig. [3] SCHMITHÜSEN, J. (1976): Allgemeine Geosynergetik. Grundlagen der Landschaftskunde. – Berlin, New York.
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