Lexikon der Geowissenschaften: ozeanische Erdkruste
ozeanische Erdkruste, bildet den Untergrund der Tiefseebereiche. Die ozeanische Erdkruste unterscheidet sich in Struktur, Aufbau und Genese grundlegend von der kontinentalen Erdkruste. Struktur und Aufbau leiten sich aus dem Prozeß der Ozeanbodenspreizung ab (Plattentektonik). Aus morphologischer Sicht können drei Hauptregionen unterschieden werden: die Tiefseeregionen, die Mittelozeanischen Rücken und die Randgebiete mit dem Übergang zum Kontinent. Die Schelfgebiete, z.B. die Nord- und Ostsee mit geringen Wassertiefen gehören zum Festlandssockel und damit zur kontinentalen Erdkruste. Als morphologische und genetische Anomalien müssen die untermeerischen Seamounts gesehen werden.
Die ozeanische Erdkruste ist abgesehen von einer mehr oder minder mächtigen sedimentären Bedeckung aus Basalten und Gabbros aufgebaut. Auf Grund dieser mafischen Zusammensetzung beträgt der mittlere SiO2-Anteil nur ca. 50 Gewichtsprozente. Zudem weist sie im Gegensatz zur kontinentalen Erdkruste nur ein maximales Alter von etwa 200 Millionen Jahren auf. Ehemals ältere ozeanische Erdkrusten sind im Verlauf der plattentektonischen Prozesse subduziert (Subduktion) worden. Unter einer mittleren Wasserbedeckung von 4,5 km hat die ozeanische Erdkruste eine Mächtigkeit von 5-10 km. Sie weist eine Dreigliederung auf. Unter einer dünnen Schicht von einigen hundert Metern pelagischer Sedimente (die Mächtigkeit der Sedimente nimmt vom ozeanischen Rücken zum Tiefseebecken hin zu) folgen die kristallinen Gesteine der eigentlichen ozeanischen Erdkruste. Das ozeanische Grundgebirge besteht im oberen halben Kilometer aus basaltischen Laven, gefolgt von der etwa 1 km mächtigen Zone mit basaltischen Intrusionen. Der untere Bereich der ozeanischen Erdkruste, mit einer Mächtigkeit von einigen Kilometern, wird von Gabbros aufgebaut. Die untere Begrenzung der ozeanischen Erdkruste bildet, ähnlich wie im kontinentalen Bereich, die Mohorovi
ic´ -Diskontinuität (kurz: Moho). Hier steigt die seismische Geschwindigkeit von 6,8 km/s auf über 8,0 km/s an. Der peridotische Erdmantel wird als Schicht 4 bezeichnet. Unter den Mittelozeanischen Rücken verliert die Moho-Diskontinuität an Kontrast, da hier Schmelzen aus größerer Tiefe aufsteigen und in die ozeanische Erdkruste eindringen. Für die ozeanische Erdkruste sind die magnetischen Streifenmuster charakteristisch (Paläomagnetismus). Diese Streifenmuster bilden sich im Zuge des Aufdringens und der Abkühlung und der damit verbundenen thermoremanenten Magnetisierung der mafischen Gesteine an den Flanken der Mittelozeanischen Rücken. Die wechselnde Polarität der magnetischen Anomalien kommt durch Umkehrung des erdmagnetischen Feldes zustande.
Aus geothermischer Sicht weist die ozeanische Erdkruste ein charakteristisches Verhalten auf. Mit zunehmenden Abstand von der Achse des Rückens in Richtung auf den Kontinentalrand nimmt die Wärmeflußdichte von 150-200 mW/m2 auf ca. 40 mW/m2 ab, da sich die ozeanische Erdkruste auf ihren Weg vom noch heißen Mittelozeanischen Rücken zum kalten Kontinentalrand abkühlt. Je nach geotektonischer Position ist der Übergang von der ozeanischen zur kontinentalen Erdkruste unterschiedlich. Am passiven Kontinentalrand findet eine Ausdünnung der ozeanischen und eine Verdickung der kontinentalen Erdkruste statt. Dieser Übergang ist sehr oft mit mächtigen Sedimentablagerungen verbunden. In diesen Sedimenten können sich Erdöl- und Erdgaslagerstätten bilden. Gänzlich anders ist der Übergang an den aktiven Kontinentalrändern. Hier taucht die ozeanische Erdkruste und die unterlagernde ozeanische Lithosphäre als Unterplatte unter die Lithosphäre der kontinentalen Oberplatte ab. Dieser Überlagerungsprozeß führt dazu, daß in der Konvergenzzone eine ozeanische Moho-Diskontinuität von einer kontinentalen Moho-Diskontinuität überlagert wird. [PG]
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