Lexikon der Kartographie und Geomatik: digitale Bildverarbeitung
digitale Bildverarbeitung, E digital image processing, umfasst, im Unterschied zur analogen optischen Bildverarbeitung, die Methoden der EDV-gestützten Vorverarbeitung, Informationsverstärkung und Informationsextraktion (Mustererkennung) aus digitalen Rasterbildern.
Die Ursprünge der digitalen Bildverarbeitung gehen auf medizinische Applikationen zurück, wo zuerst mit der Auswertung von Röntgen und Körperscanner-Aufnahmen begonnen worden war.
In der Fernerkundung setzte die digitale Bildverarbeitung in den Sechzigerjahren des 20. Jhs. mit der Analyse der Bilddaten unbemannter planetarer Missionen ein. 1972 erhielt die digitale Bildverarbeitung insgesamt einen gewaltigen Entwicklungsschub durch die neuen digitalen Bilder der LANDSAT-Mission. Weitere Impulse bewirkte die Entwicklung noch stärkerer und noch schnellerer Computer, vor allem in den Neunzigerjahren.
Aus der modernen Fernerkundung ist die digitale Bildverarbeitung heutzutage unter verstärktem Einsatz von Ansätzen der künstlichen Intelligenz (fuzzy logic, neuronale Netze) nicht mehr wegzudenken. In der Kartographie ermöglicht sie für verschiedene Aufgaben der Generalisierung und Visualisierung einschließlich der Schummerung (analytische Schummerung) aber auch im Rahmen der digitalen Reproduktionstechnik hocheffiziente verfahrenstechnische Lösungen.
In einer simplifizierten Darstellungsweise lässt sich die digitale Bildverarbeitung in drei funktionale Kategorien gliedern: 1. die Vorverarbeitung (preprocessing) oder Bildrestaurierung (image Restauration), 2. die Informationsverstärkung (image enhancement) und 3. die Informationsgewinnung oder -extraktion (information extraction), wobei von diesem komplexen Bereich evtl. noch die (4.) Datenreduktion (data reduction) ausgegliedert werden kann. Zur Informationsextraktion gehören auch, gleichsam als themakartographisches Endziel der digitalen Bildverarbeitung, die (5.) multispektrale Klassifizierung und die (6.) Veränderungserkennung (change detection).
Der Begriff der Bildanalyse wird unterschiedlich gehandhabt. Im strengen Sinne beinhaltet er die geometrische und vor allem thematische Analyse des Bildinhalts. Vielfach werden jedoch die vorgeschalteten Schritte der Bildrestaurierung und der Informationsverstärkung in diesen Begriff eingeschlossen.
Die drei oben erwähnten Bereiche sollen im Folgenden kurz inhaltlich unterlegt werden. 1. Bei der Vorverarbeitung bzw. Restaurierung der Rasterbilddaten werden Datenfehler, (Rauschen), geometrische und atmosphärisch induzierte Fehler eliminiert oder zumindest reduziert. Grob lassen sich folgende sechs Gruppen von Bildbearbeitungen unterscheiden. a) Restaurierung von Zeilenausfällen; b) Restaurierung von periodischen Zeilenstreifenmustern (Banding); c) Korrektur von Zeilenversatz (Zeilenverschiebung nach rechts); d) Filterung von Zufallsrauschen; e) Korrektur der atmosphärischen Bildverschlechterung; f) Korrektur der geometrischen Verzerrungen. 2. Die Informationsverstärkung verändert die digitalen Bilddaten derart, dass deren visueller Eindruck auf einen menschlichen Auswerter so verbessert wird, dass der Informationsgehalt angehoben wird. Man kann dazu folgende sechs grundlegende Methoden einsetzen: a) Kontrastverstärkung, b) Bildung von Grauwertintervallen (density slicing), c) Kantenverstärkung, d) Erstellung von Mosaiken, e) Bilddatenfusion (IHS-Transformation u. a.), f) Herstellung synthetischer Stereobildpaare. 3. Die Informationsextraktion oder -gewinnung macht sich das Potential von Computern zur Entscheidungsfindung zunutze, um Pixel auf der Basis ihrer spektralen Signatur, ihrer texturellen Verteilung und ihres topologischen Kontexts zu erkennen und zu klassifizieren. In diesen Bereich spielt auch das weite Feld der Datenreduktion (Hauptachsentranformation und Ratiobildung) hinein. Als wesentliche Punkte können hier genannt werden: a) Hauptkomponenten-Analysen, b) Herstellung von Ratio-Bilddatensätzen, c) multispektrale Klassifizierung, d) multitemporale Klassifizierung und e) multisensorale Klassifikation einschließlich der change detection.
MBR
Literatur: [1] BÄHR, H.-P. & VÖGTLE, T. (Hrsg.) (1998): Digitale Bildverarbeitung – Anwendungen in Photogrammetrie, Kartographie und Fernerkundung. Heidelberg. [2] JÄHNE, B. (1997): Digitale Bildverarbeitung. Berlin/Heidelberg.
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