Direkt zum Inhalt

Lexikon der Kartographie und Geomatik: Kartographischer Betrieb

Kartographischer Betrieb, E cartographical firm, eine Produktionsstätte des graphischen Gewerbes zur Kartenherstellung. In einem Kartographischen Betrieb können sämtliche Prozesse der Kartenproduktion einschließlich Kartendruck und buchbinderischer Weiterverarbeitung oder auch nur Teilprozesse realisiert werden.
Die Abhängigkeit vom Bedarf, dem gesellschaftlichen Umfeld und den sich wandelnden technischen Verfahren zwingen die kartographischen Betriebe, in zunehmend kürzeren Abständen auf den von Innovationen ausgelösten technischen Fortschritt durch Wandel zu reagieren.
Anfangs, im 16. Jh., wurden oft sämtliche Prozessstufen der Kartenherstellung von einer Person ausgeführt; später wurde die Vervielfältigung einem meist ortsansässigen Drucker übertragen.
Steigender Absatz durch eine sich ausweitende zahlungsfähige bürgerliche Käuferschicht und steigender Bedarf an Seekarten ließen zuerst im 17. Jh. in den Niederlanden aus Kartenverlagen räumlich vereinigte Manufakturen für Stich und Satz, für Druck und buchbinderische Verarbeitung, Lagerhaltung, Handel und Versand entstehen. Ein solches Unternehmen führte meist zum Eigentümernamen die Bezeichnung Offizin.
Technische Ausstattung und Prozessablauf änderten sich bis Anfang des 19. Jhs. kaum.
Der wachsende Kartenbedarf – neben Bildungsbürgertum jetzt auch Militär, Schule und Wissenschaft – stieß mit dem traditionellen manuellen Kupferdruck an Grenzen.
Tiefgreifende Veränderungen bewirkte die Lithographie. In rascher Folge entstanden ab 1805 neue lithographische Anstalten mit Vervielfältigung mittels Steindruck; viele bestehende kartographische Unternehmen führten sie als neue Betriebsabteilung ein. Erstmals wurden kartographische Produktionsstätten in Behörden (z. B. für Katasterkarten) und beim Militär (Militärkarten) eingerichtet.
Größere kartographische Betriebe mit einer zunehmenden Anzahl von spezialisierten technischen Abteilungen entstanden erst ab etwa 1860.
Der Offsetdruck kam für den Landkartendruck in Wien seit 1910, bei Westermann (Georg Westermann Verlag) seit etwa 1924 zum Einsatz. Bis 1950 hatte er sich als nahezu ausschließliches Druckverfahren für Landkarten durchgesetzt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden in vielen Staaten neue kartographische Betriebe in meist neuen Produktionsstätten, ausgestattet mit neuer Technik wie Photosatz und Schichtgravur, während nur wenige Betriebe eine eigene Druckerei mit modernen hochleistungsfähigen Offsetmaschinen sich leisten konnten und den Druck und die Weiterverarbeitung meist außer Haus in Auftrag gaben. Zahlreiche kleine Unternehmen und oft frei schaffende Kartographen beschränkten sich ganz auf kartographische Originalherstellung und das oft spezialisiert auf bestimmte Techniken wie Reliefschummerung oder Schichtgravur (Gravierverfahren).
Mit dem Hinwenden zur rechnergestützten Kartenherstellung (vgl. digitale Kartographie) trat innerhalb kurzer Zeit ein Wandel ein, der von größeren Betriebseinheiten, die zwar teilweise als Systeme vernetzter Hard- und Softwarekomponenten neu bzw. umstrukturiert wurden, wieder zu kleineren, stark spezialisierten Einheiten (Ingenieurbüros) geführt hat. Die für die digitale Kartographie notwendige kostenintensive Peripherie muss als Dienstleistung in Anspruch genommen werden. In den osteuropäischen Staaten bestehen die zentralisierten Betriebe zum Teil weiter. Die wirtschaftliche Entwicklung und mit ihr die Veränderungen der gebauten und natürlichen Umwelt haben seit den 1970er Jahren zu zahlreichen Planungs- und Umweltinstitutionen geführt, von denen viele auch Kartographie betreiben, zumeist unter Nutzung von Geoinformationssystemen. Zahlenmäßig dürften etwa seit Ende des 20. Jhs. wieder die Familien- bzw. Ein- bis Zweipersonenbetriebe überwiegen. Mit den Möglichkeiten der Datenübertragung können digitale Datenbestände auf elektronischem Wege größeren Finalunternehmen zugearbeitet werden. Tendenziell werden die Grenzen eines kartographischen Betriebes immer fließender, was auch mit dem sich ändernden Produktprofil zusammenhängt (Zunahme der digitalen und Multimedia-Erzeugnisse). Mit dem Weg zur interaktiven Bildschirmkartographie und der Nutzung des Internets (Internetkarte) kann sich schließlich auch jeder Nutzer als Kartograph betätigen.

WSS

  • Die Autoren

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lexikons der Kartographie und Geomatik

Herausgeber und Redaktion (jew. mit Kürzel)

JBN

Prof. Dr. Jürgen Bollmann, Universität Trier, FB VI/Kartographie

WKH

Prof. Dr. Wolf Günther Koch, Technische Universität Dresden, Institut für Kartographie

ALI

Dipl.-Geogr. Annette Lipinski, Köln

Autorinnen und Autoren (jew. mit Kürzel)

CBE

Prof. Dr. Christoph Becker, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Fremdenverkehrsgeographie

WBE

Dipl.-Met. Wolfgang Benesch, Offenbach

ABH

Dr. Achim Bobrich, Universität Hannover, Institut für Kartographie und Geoinformatik

GBR

Dr.-Ing. Gerd Boedecker, Bayrische Akademie der Wissenschaften, Kommission für Erdmessung, München

JBN

Prof. Dr. Jürgen Bollmann, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

WBO

Dr. Wolfgang Bosch, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München

CBR

Dr. Christoph Brandenberger, ETH Zürich, Institut für Kartographie, (CH)

TBR

Dipl.-Geogr. Till Bräuninger, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

KBR

Prof. Dr. Kurt Brunner, Universität der Bundeswehr, Institut für Photogrammetrie und Kartographie, Neubiberg

MBR

Prof. Dr. Manfred F. Buchroithner, TU Dresden, Institut für Kartographie

EBN

Dr.-Ing. Dr. sc. techn. Ernst Buschmann, Potsdam

WBH

Prof. Dr. Wolfgang Busch, TU Clausthal-Zellerfeld

GBK

Dr. Gerd Buziek, München

ECS

Prof. Dr. Elmar Csaplovics, TU Dresden, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

WDK

Prof. Dr. Wolfgang Denk, FH Karlsruhe, Hochschule für Technik, FB Geoinformationswesen

FDN

Doz. Dr. Frank Dickmann, TU Dresden, Institut für Kartographie

RDH

Prof. Dr. Reinhard Dietrich, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

DDH

Dr. Doris Dransch, Berlin

HDS

Prof. Dr. Hermann Drewes, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München

DER

Dr. Dieter Egger, TU München, Institut für Astronomische und Physikalisch Geodäsie

RET

Dr. jur. Dipl.-Ing. Rita Eggert, Karlsruhe

HFY

Dipl.-Geogr. Holger Faby, Europäisches Tourismus Institut GmbH an der Universität Trier

GGR

Univ. Ass. Dr. MA Georg Gartner, TU Wien, Institut für Kartographie und Reproduktionstechnik, (A)

CGR

Prof. Dr. Cornelia Gläßer, Martin-Luther-Universität, Halle/S.-Wittenberg, Institut für Geographie

KGR

Dr. Konrad Großer, Institut für Länderkunde, Leipzig

RHA

Dr. Ralph Hansen, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

HHT

Dipl.-Met. Horst Hecht, Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Hamburg

BHK

Prof. Dr.-Ing. Bernhard Heck, Universität Karlsruhe, Geodätisches Institut

FHN

Dr. Frank Heidmann, Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation, Stuttgart

RHN

Prof. Dr. Reinhard Hoffmann, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Didaktik der Geographie

KIK

Prof. Dr. Karl-Heinz Ilk, Universität Bonn, Institut für Theoretische Geodäsie

WKR

Dipl.-Geol. Wolfgang Kaseebeer, Universität Karlsruhe, Lehrstuhl für Angewandte Geologie

KKN

Prof. Dr. Ing. Karl-Hans Klein, Bergische Universität Wuppertal, FB 11, Vermessungskunde/ Ingenieurvermessung

AKL

Dipl.-Geogr. Alexander Klippel, Universität Hamburg, FB Informatik

CKL

Dr. Christof Kneisel, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

WKH

Prof. Dr. Wolf Günther Koch, Technische Universität Dresden, Institut für Kartographie

IKR

Prof. Dr. Ingrid Kretschmer, Universität Wien, Institut für Geographie und Regionalforschung, (A)

JKI

Dr. Jan Krupski, Universität Wroclaw (Breslau), Institut für Geographie, (PL)

CLT

Dipl.-Geogr. Christian Lambrecht, Institut für Länderkunde, Leipzig

ALI

Dipl.-Geogr. Annette Lipinski, Köln

KLL

Dr. Karl-Heinz Löbel, TU Bergakademie Freiberg

OMF

Dr. Otti Margraf, Beucha

SMR

Prof. Dr. Siegfried Meier, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

SMI

Dipl.-Geogr. Stefan Neier-Zielinski, Basel (CH)

GML

Dr. Gotthard Meinel, Institut für Ökologische Raumentwicklung, Dresden

RMS

Roland Meis, Puls

BMR

Prof. Dr. Bernd Meißner, Technische Fachhochschule Berlin, FB 7

MMY

Doz. Dr. Dipl.-Ing. Miroslav Miksovsky, TU Prag, Fakultät Bauwesen, (CZ)

AMR

Dr. Andreas Müller, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt.Kartographie

JMR

Dr.-Ing. Jürgen Müller, TU München, Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie

MND

Dr. Maik Netzband, Universität Leipzig, Institut für Geographie

JNN

Prof. Dr. Joachim Neumann, Wachtberg

ANL

Dr. Axel Nothnagel, Universität Bonn, Geodätisches Institut

FOG

Prof. Dr. Ferjan Ormeling, Universität Utrecht, Institut für Geographie, (NL)

NPL

Dr. Nikolas Prechtel, TU Dresden, Institut für Kartographie

WER

Dr. Wolf-Dieter Rase, Bundesamt für Städtebau und Raumplanung, Abt. I, Bonn

KRR

Prof. Dr. em. Karl Regensburger, TU Dresden, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

WRT

Prof. Dr. Wolfgang Reinhardt, Universität der Bundeswehr, Institut für Geoinformation und Landentwicklung, Neubiberg

HRR

Heinz W. Reuter, DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, Offenbach

SRI

Dipl.-Geogr. Simon Rolli, Basel (CH)

CRE

Dipl.-Ing. Christine Rülke, TU Dresden, Institut für Kartographie

DSB

PD Dr. Daniel Schaub, Aarau (CH)

MST

Dr. Mirko Scheinert, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

WSR

Dr.-Ing. Wolfgang Schlüter, Wetzell

RST

Dr. Reinhard-Günter Schmidt, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

JSR

PD Dr. Ing. Johannes Schoppmeyer, Universität Bonn, Institut für Kartographie und Geoinformation

HSN

Prof. Dr. Heidrun Schumann, Universität Rostock, Institut für Computergraphik, FB Informatik

BST

PD Dr. Brigitta Schütt, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

HSH

Prof. Dr.-Ing. Harald Schuh, TU Wien, Institut für Geodäsie und Geophysik, (A)

GSR

Prof. Dr. Günter Seeber, Universität Hannover, Institut für Erdmessung

KSA

Prof. Dr. Kira B. Shingareva, Moskauer Staatliche Universität für Geodäsie und Kartographie, (RU)

JSS

Dr. Jörn Sievers, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, Frankfurt

MSL

Prof. Dr. Michael H. Soffel, TU Dresden, Lohrmann-Observatorium

ESS

Prof. Dr. em. h.c. Ernst Spiess, Forch (CH)

WSS

Doz. i.R. Dr. Werner Stams, Radebeul

MSR

Dipl.-Geogr. Monika Stauber, Berlin

KST

Prof. Dr. em. Klaus-Günter Steinert, TU Dresden, Lohrmann-Observatorium

PTZ

Dr. Peter Tainz, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

ETL

Dr. Elisabeth Tressel, Universität Trier, FB VI/Physische Geographie

AUE

Dr. Anne-Dore Uthe, Institut für Stadtentwicklung und Wohnen des Landes Brandenburg, Frankfurt/Oder

GVS

Dr.-Ing. Georg Vickus, Hildesheim

WWR

Dipl.-Geogr. Wilfried Weber, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

IWT

Prof. Dr. Ingeborg Wilfert, TU Dresden, Institut für Kartographie

HWL

Dr. Hagen Will, Gießen

DWF

Dipl.-Ing. Detlef Wolff, Leverkusen

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.