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Lexikon der Mathematik: Zyklus

eine Abbildung Γ der Menge aller rektifizierbaren geschlossenen Wege in einer offenen Menge D ⊂ ℂ in die Menge ℤ der ganzen Zahlen, die nur endlich vielen Wegen eine von Null verschiedene Zahl zuordnet. Die Zyklen in D bilden mit der üblichen Addition ℤ-wertiger Funktionen eine abelsche Gruppe.

Ist γ :[0, 1] → D ein rektifizierbarer geschlossener Weg in D, so identifiziert man γ mit demjenigen Zyklus in D, der auf γ den Wert 1 und auf allen anderen geschlossenen Wegen in D den Wert 0 annimmt. Jeder Zyklus Γ in D ist also eine endliche Linearkombination \begin{eqnarray}{\unicode {x00393}}=\displaystyle \sum _{k=1}^{k}{n}_{k}{\gamma }_{k}\end{eqnarray} von geschlossenen Wegen \begin{eqnarray}{\gamma }_{1},\ldots, {\gamma }_{k}:[0,1]\to D\end{eqnarray} in D mit Koeffizienten n1,…,nk ∈ ℤ.

Anschaulich gibt nκ an, wie oft und in welcher Richtung der Weg γk durchlaufen wird. Der Träger von Γ ist die kompakte Menge \begin{eqnarray}\text{|}{\unicode {x00393}}\text{|:=}{\gamma }_{1}\text{([0,1])}\cup \cdots \cup \text{}{\gamma }_{k}([0,1]).\end{eqnarray}

Zyklen werden koeffizientenweise addiert. Ist z. B. Γ1 = γ1 − 2γ2 + 3γ3 und Γ2 = 2γ2γ3 + 5γ4, so ist Γ1 + Γ2 = γ1 + 2γ3 + 5γ4.

Ist f : |Γ| → ℂ eine stetige Funktion, so ist das Integral von f über den Zyklus Γ definiert durch \begin{eqnarray}\displaystyle \mathop{\int }\limits_{{\unicode {x00393}}}f(z)\,dz\,:=\displaystyle \sum _{k=1}^{k}{n}_{k}\displaystyle \mathop{\int }\limits_{{\gamma }_{k}}f(z)\,dz,\end{eqnarray} wobei \(\int {}_{{\gamma }_{k}}f(z)dz\) das komplexe Wegintegral von f über Γk ist.

Die Umlaufzahl eines Zyklus Γ bezüglich eines Punktes z ∈ ℂ\|Γ ist definiert durch \begin{eqnarray}{\text{ind}}_{{\unicode {x00393}}}(z)\,:=\frac{1}{2\pi i}\displaystyle \mathop{\int }\limits_{\unicode {x00393}}\frac{d\zeta }{\zeta -z}.\end{eqnarray} Es gilt stets indΓ(z) ∈ ℤ. Man nennt indΓ (z) auch Indexfunktion.

Die Funktion indΓ(z) ist lokal konstant, d. h. zu jeder Zusammenhangskomponente U von ℂ\|Γ| gibt es eine Konstante kU ∈ ℤ mit indΓ (z) = kU für alle zU. Das Innere Int Γ und Äußere Ext Γ von Γ sind definiert durch \begin{eqnarray}\text{Int}\,{\unicode {x00393}}:=\{z\in {\mathbb{C}}\backslash |\unicode {x00393}|:{\text{ind}}_{\unicode {x00393}}(z)\ne 0\}\end{eqnarray} und \begin{eqnarray}\text{Ext}\,{\unicode {x00393}}:=\{z\in {\mathbb{C}}\backslash |{\unicode {x00393}}|:{\text{ind}}_{\unicode {x00393}}(z)\ne 0\}.\end{eqnarray} Dies sind offene Mengen in ℂ und Ext Γ ≠ Ø.

Es seien B1, B2 ∈ ℂ offene Kreisscheiben, B1B2 und γ1, γ2 die geschlossenen Wege, die entstehen, wenn man die Kreislinien ∂B1, ∂B2 einmal im positiven Sinne (gegen den Uhrzeigersinn) durchläuft. Für n1, n2 ∈ ℤ\{0} wird durch \begin{eqnarray}{\unicode {x00393}}:={n}_{1}{\gamma }_{1}+{n}_{2}{\gamma }_{2}\end{eqnarray} ein Zyklus definiert. Zur Bestimmung der Umlaufzahl sind drei Fälle zu unterscheiden.

(1) Es sei B1B2 = Ø. Dann gilt \begin{eqnarray}{\text{ind}}_{{\unicode {x00393}}}(z)=\left\{\begin{array}{cl}{n}_{1} & \mathrm f\ddot{\mathrm u}\mathrm r\,z\in {B}_{1},\\ {n}_{2} & \mathrm f\ddot{\mathrm u}\mathrm r\,z\in {B}_{2},\\ 0 & \mathrm f\ddot{\mathrm u}\mathrm r\,z\in {\mathbb{C}}\backslash \overline{{B}_{1}\cup {B}_{2}}.\end{array}\right.\end{eqnarray} Also ist Int Γ = B1B2 und Ext \({\unicode {x00393}}={\mathbb{C}}\backslash \overline{{B}_{1}\cup {B}_{2}}.\)

(2) Es sei B1B2 = Ø, B1B2 und B2B1. Dann gilt \begin{eqnarray}{\text{ind}}_{\unicode{x00393}}(z)=\left\{\begin{array}{cl}{n}_{1} & \mathrm f\ddot{\mathrm u}\mathrm r\,z\in {B}_{1}\backslash {\overline{B}}_{2},\\ {n}_{2} & \mathrm f\ddot{\mathrm u}\mathrm r\,z\in {B}_{2}\backslash {\overline{B}}_{1},\\ n1+n2 & \mathrm f\ddot{\mathrm u}\mathrm r\,z\in {B}_{1}\cap {B}_{2},\\ 0 & \mathrm f\ddot{\mathrm u}\mathrm r\,z\in {\mathbb{C}}\backslash \overline{{B}_{1}\cup {B}_{2}}.\end{array}\right.\end{eqnarray} Für n1 + n2 ≠ ist \begin{eqnarray}\begin{array}{rl}\text{Int}\,{\unicode {x00393}} & =({B}_{1}\cup {B}_{2})\backslash (\partial {B}_{1}\cup \partial {B}_{2}),\\ \text{Ext}\,\unicode {x00393} & =({\mathbb{C}}\backslash \overline{{B}_{1}\cup {B}_{2}}).\end{array}\end{eqnarray} Im Fall n1 + n2 = 0 gilt \begin{eqnarray}\begin{array}{rl}\text{Int}\,\unicode {x00393} & =({B}_{1}\cup {B}_{2})\backslash \overline{{B}_{1}\cap {B}_{2}},\\ \text{Ext}\,\unicode {x00393} & =({\mathbb{C}}\backslash \overline{{B}_{1}\cup {B}_{2}})\cup ({B}_{1}\cap {B}_{2}).\end{array}\end{eqnarray}

(3) Es sei z. B. B1B2. Dann gilt \begin{eqnarray}{\text{ind}}_{\unicode {x00393}}(z)=\left\{\begin{array}{cl}n1+n2 & \mathrm f\ddot{\mathrm u}\mathrm r\,z\in {B}_{1},\\ {n}_{2} & \mathrm f\ddot{\mathrm u}\mathrm r\,z\in {B}_{2}\backslash {\overline{B}}_{1},\\ 0 & \mathrm f\ddot{\mathrm u}\mathrm r\,z\in {\mathbb{C}}\backslash {\overline{B}}_{2}.\end{array}\right.\end{eqnarray} Für n1 + n2 ≠ 0 ist \begin{eqnarray}\begin{array}{cc}\text{Int}\unicode{x00393}={B}_{2}\backslash \partial {B}_{1}, & \text{Ext}\unicode{x00393}={\mathbb{C}}\backslash {\overline{B}}_{2}.\end{array}\end{eqnarray} Im Fall n1 + n2 = 0 gilt \begin{eqnarray}\begin{array}{cc}\text{Int}\unicode{x00393}={B}_{2}\backslash {\overline{B}}_{1}, & \text{Ext}\unicode{x00393}=({\mathbb{C}}\backslash {\overline{B}}_{2})\cup {B}_{1}.\end{array}\end{eqnarray}

Ein Zyklus Γ in D heißt nullhomolog in D, falls Int Γ ⊂ D.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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