Lexikon der Neurowissenschaft: Aminosäuren
Aminosäuren, Aminocarbonsäuren, E amino acids, Carbonsäuren mit einer oder mehreren Aminogruppen, die entsprechend ihrer Position zur Carboxylgruppe als α-, β-, γ- usw. -Aminosäuren bezeichnet werden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, sind Aminosäuren in Wasser gut löslich und liegen in wäßrigen Lösungen zwischen pH 4 und 9 als Zwitterionen ( siehe Abb. ) vor. Bisher kennt man aus der belebten Natur über 260 verschiedene Aminosäuren, wobei jedoch den 20 in Proteinen vorkommenden Aminosäuren (proteinogene Aminosäuren;siehe Tab. 1 ) besondere Bedeutung zukommt. Letztere sind α-Aminosäuren und besitzen am α-Kohlenstoffatom – mit Ausnahme von Glycin – ein asymmetrisches Zentrum mit L-Konfiguration. Mensch und Säugetiere können nicht alle proteinogenen Aminosäuren selbst aufbauen, so daß ein Teil, die Gruppe der essentiellen Aminosäuren, durch die Nahrung aufgenommen werden muß. Jeder proteinogenen Aminosäure sind durch den genetischen Code mindestens ein Codon, meist jedoch mehrere Codonen zugeordnet. Dadurch kann die Sequenz der Codonen von mRNA, die letztlich durch die Nucleotidsequenz der entsprechenden Gene bestimmt wird, in die Reihenfolge der Aminosäuren der entsprechenden Proteine übersetzt werden. – Von besonderem Interesse für die Neurobiologie sind die proteinogenen Aminosäuren Glutaminsäure (Glutamat) und Glycin wegen ihrer Wirkung als Neurotransmitter sowie einige der nichtproteinogenen Aminosäuren, wie z.B. der Neurotransmitter γ-Aminobuttersäure (GABA) sowie Dopa und 5-Hydroxytryptophan als Zwischenstufen bei der Bildung von als Transmitter bzw. Hormone wirkenden Aminosäurederivaten ( siehe Tab. 2 ). – Neuere Untersuchungen zeigen, daß in Astrocyten auch eine D-Aminosäure, nämlich D-Serin, hergestellt wird. D-Serin entsteht durch die Serin-Racemase aus L-Serin und wirkt vermutlich als Aktivator von Glutamatrezeptoren vom NMDA-Typ. Aminosäure-Neurotransmitter.
Aminosäuren
Allgemeine Formel der L-α-Aminosäuren; R = H (Glycin) oder organischer Rest; 1 Säureform, 2 zwitterionische Form
Aminosäuren
Tab. 1: Die 20 Aminosäurebausteine der Proteine (in Klammern die Drei- bzw. Ein-Buchstaben-Abkürzungen)
Neutrale Aminosäuren:
Glycin (Gly, G)
Alanin (Ala, A)
Valin (Val, V)
Leucin (Leu, L)
Isoleucin (Ile, I)
Prolin (Pro, P)
Phenylalanin (Phe, F)
Tyrosin (Tyr, Y)
Tryptophan (Trp, W)
Serin (Ser, S)
Threonin (Thr, T)
Cystein (Cys, C)
Methionin (Met, M)
Asparagin (Asn, N)
Glutamin (Gln, Q)
Saure Aminosäuren
(mit negativer Ladung in der Seitenkette):
Aspartat,
Asparaginsäure (Asp, D)
Glutamat,
Glutaminsäure (Glu, E)
Basische Aminosäuren
(mit positiver Ladung in der Seitenkette):
Lysin (Lys, K)
Arginin (Arg, R)
Histidin (His, H)
(positive Ladung nur unterhalb pH 7)
Aminosäuren
Tab. 2: Derivate von Aminosäuren mit Bedeutung für die Neurowissenschaft
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Acetylcholin | Neurotransmitter, vasodilatatorisch | |
Adrenalin (Epinephrin) | Neurotransmitter, Hormon | |
γ-Aminobuttersäure (GABA) | Neurotransmitter | |
Cholin (2-Hydroxyethyltrimethylammoniumhydroxid) | unter anderem in Acetylcholin, Lecithin, Plasmalogen, Sphingomyelin | |
Dopamin (3,4-Dihydroxyphenylethylamin) | Neurotransmitter | |
Ethanolamin (Colamin) | Bestandteil von Cephalinen, Plasmalogenen | |
Histamin | induziert Kontraktion der glatten Muskulatur, vasodilatatorisch | |
5-Hydroxytryptamin (Serotonin) | Neurotransmitter, Gewebshormon | |
Melatonin (N-Acetyl-5-methoxytryptamin) | Epiphysenhormon; hemmt bei Säugern Schilddrüsenfunktion | |
3-Methylbutylamin (Isoamylamin) | in Mutterkorn, Pfeffer, Placenta; lähmt ZNS, erhöht Blutdruck | |
Noradrenalin (Norepinephrin) | Neurotransmitter | |
Octopamin (4-Hydroxyphenylethanolamin) | Neurotransmitter/-hormon/-modulator in Wirbellosen | |
Taurin | vor allem im Hirn von Neugeborenen, möglicherweise Neurotransmitter |
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