Lexikon der Neurowissenschaft: Neurotransmitter
Neurotransmitter [von griech. neuron = Nerv, latein. transmittere = überbringen], Transmitter, Überträgerstoffe, E neurotransmitters, im engeren Sinne Substanzen ( siehe Zusatzinfo ), die an der präsynaptischen Membran von Nervenzellen i.d.R. durch Exocytose, seltener durch revers operierende Membrantransporter freigesetzt werden und nach Diffusion durch den synaptischen Spalt an Rezeptoren in der postsynaptischen Membran spezifisch binden, worauf sich darin Ionenkanäle öffnen (Synapsen). Durch diese fließen dann Ionenströme, die in der postsynaptischen Zelle eine Potentialänderung (Membranpotential) hervorrufen. Die Wirkungsdauer von Neurotransmittern beträgt in der Regel nur Millisekunden. Die Wirkung ist meist streng auf den synaptischen Bereich begrenzt, kann aber auch durch Diffusion weit vom Freisetzungsort entfernt liegende Zellen beeinflussen (Volumentransmission). Außerdem können Neurotransmitter auch an präsynaptische Rezeptoren (Autorezeptoren) binden. Die Transmitterwirkung wird entweder durch enzymatische Spaltung oder Aufnahme in die präsynaptische Endigung oder in Astrocyten beendet. – Neurotransmitter können hemmende und erregende Funktionen haben ( siehe Tab. ), wobei es von den Eigenschaften der postsynaptischen Rezeptor- und Ionenkanal-Ausstattung und der intrazellulären Signaltransduktionswege (Signaltransduktion) abhängt, welche Wirkung sie entfalten. In einem Neuron können – im Gegensatz zur überholten Annahme, daß jedes Neuron nur einen Neurotransmitter besitzen sollte (sogenanntes Dale-Prinzip;Dale) – mehrere Neurotransmitter gemeinsam vorkommen, ebenso ein niedermolekularer Neurotransmitter und ein oder mehrere Neuropeptid(e); sogar exzitatorische und inhibitorische Transmitter können gemeinsam vorkommen. – Einer der am längsten bekannten und wegen des experimentell gut zugänglichen Ortes seiner Ausschüttung (motorische Endplatte des Skelettmuskels) am besten untersuchten Neurotransmitter ist das Acetylcholin (Acetylcholinrezeptoren). Im Gehirn des Menschen sind nur etwa 5-10% aller Synapsen cholinerg. Gut untersucht sind ferner die CatecholamineAdrenalin, Noradrenalin und Dopamin, die mit Serotonin als Monoamine zusammengefaßt werden und von Neuronen des Hirnstamms verwendet werden, die in alle Gebiete des Zentralnervensystems projizieren. Wie beim Acetylcholin die Acetylcholin-Esterase, so dienen bei den Monoaminen die Monoamin-Oxidase und die Catechol-O-Methyl-Transferase dem schnellen Abbau der Neurotransmitter; die Wiederaufnahme durch die präsynaptische Membran (ein Ca2+-unabhängiger aktiver Transport) ist aber im Falle der Monoamine der bedeutendere Mechanismus, um den Neurotransmitter zu inaktivieren. Ca. 25-40% aller Synapsen verwenden Aminosäuren, die sogenannten Aminosäure-Neurotransmitter: Glutaminsäure, die aus ihr gebildete γ-Aminobuttersäure (GABA), Asparaginsäure und Glycin. Auch Histamin wirkt als Neurotransmitter; ebenso Adenosintriphosphat und seine Derivate (purinerge Transmission), die ebenfalls über spezifische Rezeptoren operieren (ATP-Rezeptoren). – Im weiteren Sinne werden auch Neuropeptide, Neurohormone und Neuromodulatoren als Neurotransmitter bezeichnet. Ihre Funktionen sind nicht scharf voneinander abzugrenzen. Die Bezeichnung Neurosekrete wird häufig für alle diese Substanzen verwendet, obwohl der Begriff Neurosekret urprünglich nur die Hypothalamus-Peptide Oxytocin und Vasopressin sowie ihre Eiweiß-Träger beschrieb.
K.G.C./K.U.
Neurotransmitter
Neurotransmitterkriterien:
Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit ein Molekül als Neurotransmitter angesehen werden darf, umfassen:
1) die Synthese der Substanz in der präsynaptischen Nervenzelle
2) ihr Nachweis in präsynaptischen Axonterminalen
3) ihre Freisetzbarkeit aus diesen
4) das Vorkommen von prä-/postsynaptischen Rezeptoren für die Substanz
5) eine Auslösung der Reizantwort durch direkte Applikation der Substanz
6) eine Hemmbarkeit der Substanzwirkung durch Antagonisten
7) das Vorhandensein von Mechanismen zur Inaktivierung der Substanz.
Neurotransmitter
Vorkommen und Wirkung der "klassischen" Neurotransmitter
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Acetylcholin | Zentralnervensystem (ZNS) der Wirbeltiere, Motoneurone, präganglionäre sympathische Fasern, prä- und postganglionäre parasympathische Fasern | hauptsächlich erregend | |
Noradrenalin, Adrenalin | Insekten und Ringelwürmer, Wirbeltiere (Hirnstamm, Hypothalamus), postganglionäre sympathische Fasern | erregend und hemmend | |
Serotonin | ZNS der Wirbeltiere und Wirbellosen | erregend und hemmend | |
Dopamin | ZNS der Wirbeltiere | hauptsächlich hemmend | |
Glutaminsäure, Asparaginsäure | Wirbeltiere und Wirbellose: ZNS, Motoneurone | erregend | |
γ-Aminobuttersäure (GABA), Glycin | Wirbeltiere, Krebstiere, Insekten | hemmend |
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