Lexikon der Neurowissenschaft: Membranpotential
Membranpotential s,E membrane potential, Bezeichnung für den Spannungsgradienten über der Zellmembran (Membran) erregbarer Zellen (Nervenzellen, Muskelzellen und neurosekretorische Zellen). Aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzungen des intra- und extrazellulären Ionenmilieus entsteht ein Potentialgradient über der Zellmembran, der sich im unerregten Zustand der Zelle (Ruhepotential) nicht ausgleichen kann, da die Membran nicht für alle Ionen permeabel ist (Ionentheorie). Elektrisch entspricht die Zellmembran einem kapazitiven Widerstand. Aufgrund eines Überschusses gebundener negativer Ladungen im Zellinneren (vor allem große organische Anionen) ist das Cytosol negativer geladen als der Extrazellulärraum; definitionsgemäß nimmt so das Zellinnere im unerregten Zustand negative Werte an ( siehe Abb. ). In sich sind jedoch beide Kompartimente elektrisch neutral. Nicht nur die Ladungsverteilung, sondern auch die Ionenzusammensetzung unterscheidet sich stark zwischen Zellinnerem und dem Außenraum ( siehe Tab. ). Jedes Ion hat daher die Tendenz, in eine bestimmte Richtung zu diffundieren, um den eigenen Konzentrationsunterschied auszugleichen. Z.B. wandert K+ entsprechend seinem Konzentrationsgradienten im Ruhezustand langsam aus der Zelle aus (die Zellmembran ist im Ruhezustand fast ausschließlich für K+ permeabel). Hierdurch wird jedoch das Zellinnere noch stärker negativ und der Außenraum relativ positiver. Aufgrund der elektrischen Abstoßung von Ionen gleicher Polarität entsteht so eine Gegenkraft, die verhindert, daß dieser Prozeß zu einem vollständigen Ausgleich der K+-Konzentration führt. Sind beide Kräfte miteinander im Gleichgewicht, beträgt der Nettofluß von K+-Ionen 0. Die Diffusionspotentiale für jedes Ion können mit der Nernst-Gleichung beschrieben werden. Bei physiologischen Bedingungen ergibt sich an der Muskelzelle ein Gleichgewichtspotential für K+ von -97 mV, für Na+ von +62 mV und für Cl- von -85 mV. Zur Beschreibung des Membranpotentials, welches durch die Wanderungen aller vorhandenen Ionen definiert ist, wird die Goldman-Gleichung verwendet, eine für alle beteiligten Ionen integrierte Erweiterung der Nernst-Gleichung, bei der zudem die spezifische Permeabilität jeder Ionensorte eingeht (Goldman-Hodgkin-Katz-Gleichungen). Bei vielen elektrisch erregbaren Zellen läßt sich mit der Goldman-Gleichung ein Ruhemembranpotential von ca. -70 mV errechnen. Bei einem Einstrom positiv geladener Ionen in die Zelle kommt es zu einer Depolarisation, d.h., das Membranpotential wird positiver. Wird ein bestimmter Schwellenwert überschritten (Schwellenpotential), kommt es in diesen Zellen zur Ausbildung eines Aktionspotentials, bei dem das Membranpotential weit über 0 hinausschießt (bis ca. +40 mV). Kleinere Veränderungen des Membranpotentials in postsynaptischen Membranen (Synapsen) aufgrund von Ionenströmen, die durch liganden- oder second messenger-gesteuerte Ionenkanäle induziert werden, werden als erregende postsynaptische Potentiale bzw. hemmende postsynaptische Potentiale bezeichnet. Durch räumliche und zeitliche Verrechnung bewirken sie eine Depolarisation bzw. Hyperpolarisation der postsynaptischen Membran. aktiver Transport, Bioelektrizität, Diffusionspotential, Ionenkanäle, Ionenpumpen, Membrantransport, patch clamp.
D.S./J.W.
Membranpotential
intrazellulare Membranpotential-Messung
1 Meßanordnung; die Zelle befindet sich in dem mit Plasma oder einer Ersatzlösung gefüllten Extrazellulärraum. a Meß- und Referenzelektrode liegen extrazellulär, Spannung zwischen beiden Elektroden Null; b Meßelektrode intrazellulär, Referenzelektrode extrazellulär, Spannungsmesser gibt das Ruhepotential an. 2 Potential vor und nach Einführen der Mikroelektrode in die Zelle.
Membranpotential
typische Ionenverteilung (innen und außen)
an einer Säugermuskelzelle
| |||
Na+ | 12 | 145 | |
K+ | 155 | 4 | |
Cl- | 4 | 120 | |
HCO3- | 8 | 27 | |
sonstige | organische Anionen: 155 | andere Kationen: 5 |
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