Lexikon der Neurowissenschaft: Hox
Hox, Hox-Gene, E hox genes, ursprüngliche Bezeichnung für die homöotischen Gene der Vertebraten. Der Begriff Hox bzw. Hox-Gene hat sich inzwischen aber unabhängig vom artspezifischen Vorkommen als Überbegriff für die homöotischen Gene allgemein etabliert. Die Hox-Gene der Vertebraten sind strukturell und funktionell homolog zu den homöotischen Genen von Drosophila melanogaster (HOM-C). Im Gegensatz zu den 8 homöotischen Genen bei Drosophila existiert bei den Vertebraten insgesamt eine weitaus größere Zahl von Hox-Genen, z.B. 39 in der Maus, die in 13 sogenannte paraloge Gruppen unterteilt werden und in 4 Clustern, HoxA bis D, auf verschiedenen Chromosomen angeordnet sind. Alle 13 paralogen Gruppen sowie die 4 chromosomalen Cluster sind durch Tandemduplikationen und Diversifikation aus einem ursprünglichen Hox-Cluster während der Evolution entstanden. Wie alle bislang untersuchten Hox-Cluster zeigen auch die Hox-Gene der Vertebraten eine räumliche und zeitliche Korrelation ihrer Expression und deren Grenzen entlang der anterior-posterioren Körperachse. Ebenso sind sie am Prozeß der Segmentierung (Musterbildung) sowie bei der Festlegung der Identität von Organen und bestimmten Zelltypen maßgeblich beteiligt. In der Entwicklung des Nervensystems sind die Hox-Gene der Vertebraten vor allem an der frühen Gehirnentwicklung wesentlich beteiligt, da sie in kombinatorischer Weise die metameren Einheiten des Hinterhirns (Rhombencephalon; Neuromer) festlegen und für deren Identität sowie für die räumliche Anordnung von Rezeptortypen innerhalb eines Rhombomers verantwortlich sind. Kürzlich konnte gezeigt werden, daß sich paraloge Gene gegenseitig ersetzen können. Daher führt die Mutation und damit der Funktionsausfall eines Hox-Gens noch nicht unbedingt zu einem Gehirnphänotyp; man spricht von partieller Redundanz der Genaktivität.
Bei Wirbeltieren scheint die Konzentration von Retinsäure eine Rolle zu spielen (niedrige Konzentrationen aktivieren anteriore Gene, zunehmend höhere Konzentrationen zunehmend weiter posterior aktive Hox-Gene). Während der Evolution sowohl von Gliederfüßern als auch von Wirbeltieren korreliert die Veränderung der Expression von Hox-Genen mit der Veränderung der Körperbaupläne. So ist z.B. der sekundär vereinfachte Bauplan der Schlangen mit rippentragenden Wirbeln vom Kopf bis zum After (und Verlust der Extremitäten) durch eine Ausweitung der Expression der Brustwirbel-determinierenden Hox-Gene nach anterior bis zum Kopf und nach posterior bis zum After entstanden. Bei Gliederfüßern konnte gezeigt werden, daß die unterschiedlich aufgebauten Segmente im Thorax und Abdomen der heutigen Insekten während der Evolution wohl durch ein räumliches "Auseinanderziehen" der Expressionsterritorien von ursprünglich überlappend aktiven Hox-Genen entstanden sind, wie heute noch in der einheitlich aufgebauten "Thorax-Region" des Salinenkrebschens (Artemia salina) zu sehen ist. Neurogenetik.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.