Lexikon der Neurowissenschaft: motorisches System
motorisches System,Emotor system, diejenigen Teile des Nervensystems, die für die Kontrolle des Bewegungsapparats, d.h. der Bewegungen des knöchernen und knorpeligen Skeletts mit Hilfe der quergestreiften Muskulatur (somatisches motorisches System), zuständig sind. Die Motorik der glatten Muskulatur der Eingeweide und Blutgefäße steht unter Kontrolle des vegetativen Nervensystems, das im allgemeinen nicht zum motorischen System gerechnet wird, weil es nicht willkürlich gesteuert werden kann. Allerdings sind auch bei der Bewegung des Skeletts zahlreiche unwillkürliche Bewegungskomponenten enthalten. Üblicherweise wird das motorische System in 3 Subsysteme gegliedert, die eng miteinander vernetzt sind: Reflexmotorik, Willkürmotorik sowie Mit- und Kontrollbewegungen. Die Reflexe können auf jeder Ebene des Nervensystems ausgelöst werden (z.B. Rückenmarksreflex, Cornealreflex). Sie laufen automatisch und stereotyp ab, können aber häufig willentlich unterdrückt oder beeinflußt werden. Willkürbewegungen gehen vom Gyrus praecentralis aus. An ihrer Vorbereitung und Steuerung sind jedoch zahlreiche weitere Rindenfelder beteiligt. Intention und Konzeption von Bewegungen sind Aufgabe von prämotorischen (Area 6) und supplementärmotorischen Rindenfeldern im Frontallappen. Zur Vorbereitung der Bewegung, insbesondere zu ihrer räumlichen Koordination, sind auch Afferenzen aus dem hinteren parietalen Cortex (Brodmann-Area 5 und 7, dem sekundären somatosensorischen Cortex) notwendig. Von allen diesen Rindenfeldern ziehen Afferenzen zum Gyrus praecentralis, aber auch direkt zu subcorticalen Gebieten. Aus dem Gyrus praecentralis entspringt die Pyramidenbahn. Die großen Betz-Zellen entsenden schnell leitende Fasern via Pyramidenbahn direkt in das Rückenmark zu den Motoneuronen insbesondere der distalen Extremitätenmuskulatur. Die direkte Bahn ist für die schnelle gerichtete Zielmotorik zuständig. Der größte Teil der Pyramidenbahn endet jedoch an Interneuronen des Rückenmarks. Hierdurch kann sie auf die Reflexmotorik Einfluß nehmen und sie für die Zwecke der Willkürmotorik einsetzen. Schädigungen der Pyramidenbahn (einschließlich ihres Ursprungs, des Motorcortex) führen zu Verlust der Willkürmotorik, also zu Lähmungen. Für unterhalb der Schwelle zum Bewußtsein ablaufende Mitbewegungen und gelernte Bewegungen sind das System der Basalganglien und das Kleinhirn zuständig. Sie werden über Projektionen aus dem Motorcortex ständig über geplante Bewegungen orientiert und helfen mit, die Willkürbewegungen korrekt durchzuführen. Schädigungen der Basalganglien oder des Kleinhirns führen nicht zu Lähmungen, sondern zu Störungen im Bewegungsablauf, sogenannten Dystonien. Bewegung.
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