Lexikon der Optik: Kohärenzzeit
Kohärenzzeit, der kritische Wert der zeitlichen Verzögerung τ zwischen den am gleichen Orte r stattfindenden Lichtschwingungen, für den der – mit wachsendem |τ| abfallende – Kohärenzgrad (Kohärenz) erstmalig den Wert Null (oder jedenfalls einen sehr nahe bei Null liegenden Wert) erreicht. Sorgt man durch eine geeignete Interferenzanordnung dafür, daß sich die elektrischen Feldstärken E(r,t) und E(r,t+τ) (t variabel) an einem Orte P gleichzeitig überlagern (Interferenz), so verschwindet das in einem Flächenstück mit dem Mittelpunkt P zu beobachtende Interferenzmuster, wenn τ gleich der K. wird. Der Verzögerungszeit τ entspricht dann ein Gangunterschied cτ der beiden interferierenden Bündel, wobei c die Vakuumlichtgeschwindigkeit bezeichnet.
Der Wert der K. wird allein durch die Linienbreite Δν der Strahlung bestimmt. Das erkennt man, indem man eine gedankliche Zerlegung des Lichtfeldes in Anteile exakt scharfer Frequenz ν vornimmt. Jeder von ihnen liefert ein scharfes Interferenzbild, jedoch sind die einzelnen Bilder normalerweise gegeneinander verschoben, da der – für die Lage des Interferenzmusters maßgebliche – auf die Wellenlänge λ bezogene Gangunterschied cτ/λ=τν sich mit der Frequenz ν ändert. Wenn ν von der kleinsten im Lichtfeld vertretenen Frequenz ν1 bis zur größten Frequenz ν2=ν1+Δν läuft, vergrößert sich der genannte Gangunterschied daher insgesamt um den Wert τΔν. Solange diese Größe klein im Vergleich zu Eins ist, fallen die einzelnen Interferenzbilder nahezu zusammen, dagegen verschieben sie sich mit wachsendem Wert von τΔν immer mehr gegeneinander. Damit verschlechtert sich die Sichtbarkeit des gesamten Interferenzbildes, bis schließlich für
(1)
praktisch kein Interferenzbild mehr zu erkennen ist. Gleichung (1) kann somit als Bestimmungsgleichung für die K. angesehen werden.
Allgemeiner ergibt sich (1) daraus, daß die Korrelationsfunktion Γ(r,r;τ) des Strahlungsfeldes, deren Betrag bis auf einen Normierungsfaktor mit dem Kohärenzgrad übereinstimmt, und die spektrale Dichte W(r,r;ν) Fourier-Transformierte sind.
Im Falle einer homogenen Linienverbreiterung (Linienbreite) ist die K. – thermische Ausstrahlung vorausgesetzt – nichts anderes als die Dauer der von den einzelnen Atomen bzw. Molekülen ausgesandten elementaren Wellenzüge. Diese haben alle die gleiche Linienbreite und nach der Frequenz-Zeit-Unschärfe die Dauer τ=1/Δν. Zu beachten ist aber, daß (1) auch für inhomogene Linienverbreiterung gilt. Die Dauer der elementaren Wellenzüge, die sich in diesem Falle in ihrer Mittenfrequenz unterscheiden, ist dann länger als die K.
Nach (1) kann die K. durch eine Messung der Linienbreite der Strahlung ermittelt werden. Bei sehr schmalbandiger thermischer Strahlung kann sie auch direkt über die Messung zeitlicher Intensitätskorrelationen (Photonenstatistik) bestimmt werden. Da man aus der K. durch Multiplikation mit c die Kohärenzlänge erhält, kann man die K. auch aus einer Messung der Kohärenzlänge ermitteln.
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